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NDR-Intendantenwahl
Ein überflüssiger und intransparenter Zirkus

Das Prozedere der Intendantenwahl beim NDR sei ärgerlich, meint Axel Schröder. Einen Wettstreit mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten um die besten Ideen habe es nicht gegeben. Das schade auch dem einzigen Bewerber, Joachim Knuth, mehr, als dass es ihm nütze.

Von Axel Schröder |
Joachim Knuth (Vorsitzender der ARD-Hoerfunkkommission und NDR-Programmdirektor Hoerfunk) bei einer Pressekonferenz anlaesslich der ARD-Themenwoche zum Thema Toleranz / 06.10.2014
Seit 1985 arbeitet Joachim Knuth für den NDR, 2008 wurde er Hörfunkdirektor - und nun Intendant? (dpa / Stephan Goerlich)
Es ist wie immer bei Wahlen, zu denen nur ein einziger Kandidat antritt. Sie sind erstens fürchterlich langweilig bis überflüssig, eine Akklamation würde reichen. Zweitens wecken sie Zweifel daran, ob der Kandidat tatsächlich auf demokratische Art und Weise, ohne Hinterzimmergekungel zu seinem Amt gekommen ist.
Insofern ist das Prozedere der morgigen Intendantenwahl beim Norddeutschen Rundfunk gleich doppelt ärgerlich. Einen Wettstreit mehrerer Kandidatinnen und Kandidaten um die besten Ideen für die Zukunft des drittgrößten öffentlich-rechtlichen Senders hat es nicht gegeben.
Und Joachim Knuth schadet dieser überflüssige Wahlzirkus mehr, als dass er ihm nützt. Dabei ist klar: Knuth ist durch seine jahrzehntelange Erfahrung tatsächlich ein Kandidat, der überzeugt. Zwei Jahre lang leitete er die ARD-Hörfunkkommission und ist einer der Initiatoren des Deutschen Radiopreises. Auch hausintern gibt es wenig Kritik, aber viel Lob für Joachim Knuth, der seit Anfang Juli schon stellvertretender Intendant ist.
Redaktionsausschuss fordert transparentes Verfahren
Und klar ist auch: rein rechtlich lässt der Rundfunkstaatsvertrag die Nominierung eines einzigen Anwärters durchaus zu. Allerdings dürfte dem für die Kandidatenkür zuständigen Verwaltungsrat des NDR nicht der hausinterne Widerstand gegen das geplante Wahlprozedere entgangen sein.
Im Redaktionsausschuss fühlten sich viele überrumpelt. Im Intranet forderten sie eine echte Auswahl an Kandidaten und ein transparentes Verfahren, wie es in anderen Sendern längst zum Standard gehört.
Beim SWR gingen bei der letzten Intendantenwahl fünf Männer und Frauen an den Start und warben für ihre Ideen und Konzepte. Vielleicht schaut sich der NDR dort für die nächste Wahl etwas ab. Am Ende würden mehr Transparenz und eine Wahl mit mehreren Bewerbern, gar das Modell der Stellenausschreibung, auch dem Ansehen der öffentlichen-rechtlichen Sender gut tun.
Dass dort in Hinterzimmern gekungelt wird, ist eine oft geäußerte Kritik am beitragsfinanzierten Rundfunk. Der NDR gibt diesen Vorwürfen mit der Inthronisation von Joachim Knuth nur neue Nahrung.
Axel Schröder
Axel Schröder, geboren 1971 in Uelzen / Niedersachsen, hat in Göttingen und Berlin Soziologie, Politik, Jura und Publizistik studiert. Nach Stationen bei der "taz" und dem "Freitag" arbeitet er seit 2003 als freier Hörfunkjournalist. Seit vier Jahren berichtet er als Landeskorrespondent von Deutschlandradio aus Hamburg.