Seynsche: Herr Stang, was ist das für ein Gen?
Stang: Der Name heißt FoxP2. Und das ist ein Gen, das Forscher vor einer Reihe von Jahren in einer Familie in England entdeckt haben, die alle nicht in der Lage waren, richtig zu sprechen. Und Genetiker haben entdeckt, dass dort eine winzige Veränderung stattfand. Das heißt, dieses Gen, und es ist momentan das einzige Gen, was einen kausalen Zusammenhang mit der Sprachfähigkeit und der Sprechfähigkeit darstellt. Und die Paläogenetik, die sich vor ein paar Jahren dann weiterentwickelt hatte, war ganz versessen darauf, auf dieses Gen. Und die Sache war immer die: Wenn wir es schaffen, dieses Gen bei den Neandertaler zu finden, können wir diese Frage vielleicht beantworten. Anatomisch gesehen war es schon relativ lange klar, dass der Neandertaler dazu in der Lage war. 1984 ist in Israel ein Zungenbein gefunden worden, an dem noch die Bänder dranhingen: die Beweglichkeit der Zunge war also da, und der Mundinnenraum, der Resonanzraum, war auch da. Also anatomisch konnte der Neandertaler sprechen. Ob es genetisch der Fall war, das wollten die Paläogenetiker mit dem Gen herausfinden.
Seynsche: Wo haben die Leipziger Forscher das Gen jetzt gefunden?
Stang: In zwei Knochen aus einer Höhle in Nordspanien. El Cidron heißt die. Die Knochen sind um die 43.000 Jahre alt. Und dort haben sie genau dieses FoxP2-Gen entdeckt. Die Überraschung der Forscher war, dass es sich überhaupt nicht von dem heutiger Menschen unterscheidet. Es gibt dieses Gen auch bei Vögeln zum Beispiel, dort es aktiv, wenn die Vögel das Singen erlernen müssen, oder bei Schimpansen, aber zwischen Schimpansen und Menschen unterscheidet es sich in zwei kleinen Einheiten. Und erstaunlicherweise ist das Gen, dieses FoxP2-Gen, bei den Neandertalern sieht das genauso aus wie bei uns modernen Menschen.
Seynsche: Es hat gerade diese Woche Berichte gegeben, dass es Ergebnisse zum Neandertaler-Genom gegeben hat, die verfälscht waren. Sind sich die Forscher jetzt wirklich sicher, dass sie das Gen vom Neandertaler gefunden haben, oder könnte das einfach ein Gen eines modernen Menschen sein, der den Knochen angefasst hat?
Stang: Das ist eine relativ schwierige Frage. Sie sind sich ziemlich sicher, muss man sagen. Es gibt natürlich immer ein Restrisiko, dass man einen Knochen hat, in dem irgendein Arbeiter, egal ob es vor 100 Jahren oder erst kürzlich war, dessen Erbsubstanz, eine Hautschuppe, ein Haar oder ähnliches mit in diese Probe gefallen ist, und das ist dann verunreinigt. Und wenn man dort etwas findet, was dem heutigen Menschen sehr nahe ist, dann liegt die Vermutung nahe, dass könnte sich um eine so genannte Kontamination handeln. Deswegen gibt es Vorsichtsmaßnahmen. Die Leipziger Forscher haben deswegen die Probe mehrfach analysieren lassen, nicht nur in ihrem eigenen Labor in Leipzig, sondern die haben die gleiche Probe auch einmal in Frankreich in Lyon in einem unabhängigen Labor untersuchen lassen, das gleiche in Spanien noch einmal, in Barcelona, und diese drei Ergebnisse, die alle deckungsgleich waren, haben sie dann noch einmal mit einer anderen Probe, einer klassischen Neandertaler Probe aus Kroatien, aus Vindija, die mittlerweile als die klassischen Neandertaler Probe dargestellt ist, verglichen, und haben gesehen, ok, es handelt sich um einen Neandertaler, und das Gen, das wir haben, ist mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von einem Neandertaler. Und deswegen können sie das auch größtenteils ausschließen und sagen, so wie es aussieht, ist es höchstwahrscheinlich das Gen eines Neandertalers.
Seynsche: Was bedeutet denn dieser Fund jetzt. Kann man sagen, der Neandertaler konnte definitiv sprechen?
Stang: Das kann man eben nicht genau sagen. Viele Forscher hatten überlegt, wenn wir eine Veränderung in diesem Gen finden, zum Beispiel wenn es wie bei Schimpansen aussieht, die nicht in der Lage sind zu sprechen, dann wissen wir: Sie konnten es nicht. Da aber das Gen genauso ist, gibt es nur die Aussage, es gibt keinen Grund, warum sie nicht sprechen können. Ob sie das überhaupt getan haben, das kann man natürlich nie genau klären. Das einzige was man jetzt weiß, ist, dass die Abstammung dieses Gens, oder die Entwicklung dieses Gens noch vor der Abspaltung zwischen Neandertaler und unseren Vorfahren stattgefunden hat. Das heißt. Dieses Gen der Sprachfähigkeit hat wirklich sehr tiefreichende Wurzeln. Aber ob ein Neandertaler tatsächlich sprechen konnte, das ist ein Beweis, den kein Forscher jemals erbringen kann.
Seynsche: Diese Frage werden wir also niemals beantworten können?
Stang: Korrekt. Es sei denn, man findet ein Tonbandgerät, und das ist natürlich unmöglich.
Stang: Der Name heißt FoxP2. Und das ist ein Gen, das Forscher vor einer Reihe von Jahren in einer Familie in England entdeckt haben, die alle nicht in der Lage waren, richtig zu sprechen. Und Genetiker haben entdeckt, dass dort eine winzige Veränderung stattfand. Das heißt, dieses Gen, und es ist momentan das einzige Gen, was einen kausalen Zusammenhang mit der Sprachfähigkeit und der Sprechfähigkeit darstellt. Und die Paläogenetik, die sich vor ein paar Jahren dann weiterentwickelt hatte, war ganz versessen darauf, auf dieses Gen. Und die Sache war immer die: Wenn wir es schaffen, dieses Gen bei den Neandertaler zu finden, können wir diese Frage vielleicht beantworten. Anatomisch gesehen war es schon relativ lange klar, dass der Neandertaler dazu in der Lage war. 1984 ist in Israel ein Zungenbein gefunden worden, an dem noch die Bänder dranhingen: die Beweglichkeit der Zunge war also da, und der Mundinnenraum, der Resonanzraum, war auch da. Also anatomisch konnte der Neandertaler sprechen. Ob es genetisch der Fall war, das wollten die Paläogenetiker mit dem Gen herausfinden.
Seynsche: Wo haben die Leipziger Forscher das Gen jetzt gefunden?
Stang: In zwei Knochen aus einer Höhle in Nordspanien. El Cidron heißt die. Die Knochen sind um die 43.000 Jahre alt. Und dort haben sie genau dieses FoxP2-Gen entdeckt. Die Überraschung der Forscher war, dass es sich überhaupt nicht von dem heutiger Menschen unterscheidet. Es gibt dieses Gen auch bei Vögeln zum Beispiel, dort es aktiv, wenn die Vögel das Singen erlernen müssen, oder bei Schimpansen, aber zwischen Schimpansen und Menschen unterscheidet es sich in zwei kleinen Einheiten. Und erstaunlicherweise ist das Gen, dieses FoxP2-Gen, bei den Neandertalern sieht das genauso aus wie bei uns modernen Menschen.
Seynsche: Es hat gerade diese Woche Berichte gegeben, dass es Ergebnisse zum Neandertaler-Genom gegeben hat, die verfälscht waren. Sind sich die Forscher jetzt wirklich sicher, dass sie das Gen vom Neandertaler gefunden haben, oder könnte das einfach ein Gen eines modernen Menschen sein, der den Knochen angefasst hat?
Stang: Das ist eine relativ schwierige Frage. Sie sind sich ziemlich sicher, muss man sagen. Es gibt natürlich immer ein Restrisiko, dass man einen Knochen hat, in dem irgendein Arbeiter, egal ob es vor 100 Jahren oder erst kürzlich war, dessen Erbsubstanz, eine Hautschuppe, ein Haar oder ähnliches mit in diese Probe gefallen ist, und das ist dann verunreinigt. Und wenn man dort etwas findet, was dem heutigen Menschen sehr nahe ist, dann liegt die Vermutung nahe, dass könnte sich um eine so genannte Kontamination handeln. Deswegen gibt es Vorsichtsmaßnahmen. Die Leipziger Forscher haben deswegen die Probe mehrfach analysieren lassen, nicht nur in ihrem eigenen Labor in Leipzig, sondern die haben die gleiche Probe auch einmal in Frankreich in Lyon in einem unabhängigen Labor untersuchen lassen, das gleiche in Spanien noch einmal, in Barcelona, und diese drei Ergebnisse, die alle deckungsgleich waren, haben sie dann noch einmal mit einer anderen Probe, einer klassischen Neandertaler Probe aus Kroatien, aus Vindija, die mittlerweile als die klassischen Neandertaler Probe dargestellt ist, verglichen, und haben gesehen, ok, es handelt sich um einen Neandertaler, und das Gen, das wir haben, ist mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit von einem Neandertaler. Und deswegen können sie das auch größtenteils ausschließen und sagen, so wie es aussieht, ist es höchstwahrscheinlich das Gen eines Neandertalers.
Seynsche: Was bedeutet denn dieser Fund jetzt. Kann man sagen, der Neandertaler konnte definitiv sprechen?
Stang: Das kann man eben nicht genau sagen. Viele Forscher hatten überlegt, wenn wir eine Veränderung in diesem Gen finden, zum Beispiel wenn es wie bei Schimpansen aussieht, die nicht in der Lage sind zu sprechen, dann wissen wir: Sie konnten es nicht. Da aber das Gen genauso ist, gibt es nur die Aussage, es gibt keinen Grund, warum sie nicht sprechen können. Ob sie das überhaupt getan haben, das kann man natürlich nie genau klären. Das einzige was man jetzt weiß, ist, dass die Abstammung dieses Gens, oder die Entwicklung dieses Gens noch vor der Abspaltung zwischen Neandertaler und unseren Vorfahren stattgefunden hat. Das heißt. Dieses Gen der Sprachfähigkeit hat wirklich sehr tiefreichende Wurzeln. Aber ob ein Neandertaler tatsächlich sprechen konnte, das ist ein Beweis, den kein Forscher jemals erbringen kann.
Seynsche: Diese Frage werden wir also niemals beantworten können?
Stang: Korrekt. Es sei denn, man findet ein Tonbandgerät, und das ist natürlich unmöglich.