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Negativzinsen für Kleinsparer
Verbraucherschützer spricht von Symbolpolitik

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will Spareinlagen unter 100.000 Euro vor Negativzinsen schützen. Verbraucherschützer sprechen von Symbolpolitik. Banken und Sparkassen hätte noch andere Möglichkeiten, den Sparern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Von Mischa Ehrhardt |
ILLUSTRATION - Geldscheine und Münzen liegen lose in einer kleinen Schublade, aufgenommen am 17.02.2015 in Dresden (Sachsen). Foto: Thomas Eisenhuth | Verwendung weltweit
In Zeiten niedriger Zinsen horten Sparerinnen und Sparer ihr Geld lieber in bar zuhause (picture alliance / ZB)
Seit mittlerweile ziemlich genau fünf Jahren ist der Einlagezins der Europäischen Zentralbank negativ. Banken, die dort kurzfristig Geld deponieren, müssen also eine Gebühr von aktuell 0,4 Prozent bezahlen, statt Zinsen zu kassieren. Und weil die Zentralbank angedeutet hat, diese Zinsen möglicherweise noch weiter in den Minusbereich drücken zu können, denken Banken und Sparkassen verstärkt darüber nach, diese Gebühren auch an die Kunden weiter zu geben.
"Wenn sich das Thema verstätigt, werden alle Banken das neu bewerten müssen, wie gehen wir damit um – sei es über Gebühren, sei es über andere Instrumentarien", sagte Marija Kolak kürzlich, sie ist die Präsidentin des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken.
Können sich Banken angesichts des Kampfes um Kundschaft Negativzinsen überhaupt erlauben?
Seit Donnerstag nun wird von München bis Berlin über ein gesetzliches Verbot der Weitergabe dieser Strafgebühren nachgedacht – zumindest für Sparer bis zu einem Barvermögen von 100.000 Euro auf dem Konto. Denn professionelle Großkunden zahlen bei manchen Banken bereits die Strafgebühren als Gegenleistung, ihr Geld in unruhigen Zeiten quasi in Sicherheit zu wissen. Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält von dem angedachten gesetzlichen Verbot der Weitergabe nichts.
"Ich denke, die Politik sollte sich raus halten aus der Wirtschaft. Den Banken vorzuschreiben, was sie dann an Zinsen zu zahlen haben, hat nichts mehr mit einer Marktwirtschaft zu tun."
Abgesehen davon stellen Beobachter die Frage, ob ein solches Verbot aktuell überhaupt nötig ist. Denn die Kreditinstitute stehen beim Buhlen um Kunden in starker Konkurrenz zueinander. Wer hier mit Strafzinsen wedelt, dem droht, dass die Kunden ihm den Rücken kehren. So gibt beispielsweise auch die Commerzbank an, aktuell nicht vor zu haben, Negativzinsen an ihre Kunden weiterzugeben, weil die Kundeneinlagen ein wichtiges Refinanzierungsinstrument für die Bank seien. Andererseits vermuten Verbraucherschützer, dass ein Verbot von Minuszinsen auch deswegen nichts bringen würde, weil Banken falls nötig dann eben auf andere Weise ihre Kosten ausgleichen würden.
"Die negativen Zinssätze sind eben eine Möglichkeit den Sparern das Geld aus der Tasche zu locken", sagt der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Klaus Müller.
"Hohe Kontogebühren sind eben das andere, Provisionen, der Vertrieb und Verkauf von weiteren Finanzprodukten, die kein Mensch braucht. Wenn man an der einen Stellschraube dreht, dann betrifft das nur einen klitzekleinen Bereich, wo uns Banken und Sparkassen Geld kosten."
Ökonom: Der Vorschlag ist populistisch
Die Verbraucherschützer gehen im Übrigen davon aus, dass für bestehende Verträge mit Banken Minuszinsen ohnehin rechtswidrig seien – den Vorstoß gegen die Minuszinsen sehen sie als Symbolpolitik. DIW-Chef Marcel Fratzscher wird in dieser Hinsicht noch deutlicher – der Vorschlag Söders sei populistisch.
"Weil ein Herr Söder sehr genau weiß, dass Banken natürlich nicht die eigenen Kunden ärgern wollen, sollen Banken das tun, weil sie ihr Überleben sichern müssen. Söder tut es wohl wissend, dass er mit diesem Vorschlag oder dieser Forderung sich nicht durchsetzen wird. Er kann ein paar Punkte sammeln bei den Bürgerinnen und Bürgern, in dem etwas fordert, was völlig unrealistisch ist".
Ein Schelm, wer hier an die bevorstehenden Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen denkt.