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Neil Gaiman: "American Gods"
Götter am Abgrund

Götter und Geisterwesen, die auf der Erde wandeln, sind kein neues Erzählmotiv. Neil Gaiman belebt es in seinem neuen Roman "American Gods" trotzdem wieder - und das herausragend. Darin kämpfen die alten Götter wie Odin oder Anubis gegen die neuen Götter - die des Aktienmarktes oder des Internets. Ein fantastisches Epos im Rang von "Alice im Wunderland" oder "Herr der Ringe".

Von Hartmut Kasper |
    Der Science-Fiction-Autor Neil Gaiman vor einem Spiegel, rechts und links von ihm spiegelt sich sein Hinterkopf.
    Science-Fiction-Autor Neil Gaiman: Für ihn sind Götter Kopfgeburten der Menschen; sie gehen, wohin der Mensch geht und sind daher gewissermaßen Kulturfolger. (dpa/picture alliance/Daniel Bockwoldt)
    Wer von "American Gods" zu erzählen verspricht, von "Amerikanischen Göttern", wird sich manchem Verdacht aussetzen: Soll etwa folkloristisch von Manitou und seinesgleichen die Rede sein? Hat Amerika überhaupt eingeborene Götter? Oder geht es kulturkritisch darum, den theologischen Status der Helden im Trikot zu erörtern, der Supermen, der Basket- und Baseballstars?
    Nein, darum geht es nicht in Neil Gaimans Roman. Es geht um einen Triumph der Einbildungskraft, um ein herausragend fantastisches Epos im Rang von Wunderwerken wie "Herr der Ringe" oder "Alice in Wunderland".
    Und es beginnt wie diese auch in einem vergleichsweise kleinen Raum - in diesem Fall in einer Gefängniszelle:
    Shadow Moon ist 32 Jahre alt. Er wird in den nächsten Wochen eine dreijährige Haftstrafe wegen Körperverletzung verbüßt haben. Er ist groß und stark, ein Bild von einem Mann, aber ein Schläger ist er eigentlich nicht. Shadow hatte seine Gründe.
    Seine Frau Laura wartet auf ihn - eine attraktive Reisebürokauffrau.
    Auch er selbst wird bald wieder Arbeit haben: Robbie Burton, ein alter Kumpel und Betreiber einer "Muskelfarm", hat ihm einen Job als Trainer versprochen.
    Von seinem Zellengenossen, einem gewissen Low Key Lyesmith, Trickbetrüger aus Minnesota, hat Shadow Moon vor einiger Zeit die Taschenbuchausgabe eines Klassikers geschenkt bekommen: die Historien von Herodot. Shadow, eigentlich kein großer Leser, liest. Und wenn er nicht liest, übt er sich in Münztricks. Er ist gut darin. Er liebt Laura, und Laura liebt ihn. Robbies Muskelfarm winkt.
    Doch dann wird Shadow ins Büro des Gefängnisdirektors gerufen. Er soll einen Monat früher als geplant entlassen werden. Der Grund: Seine Frau ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Den Wagen hat Robbie gesteuert und war wohl ein wenig abgelenkt: Laura hat ihn unter der Gürtellinie oral vergnügt.
    Nun sind beide tot.
    Shadow soll auf Lauras Beerdigung gehen können.
    So weit, so schnulzig oder - wie man sagen könnte - so seifenopernhaft: Verbotene Liebe im Fitness-Milieu. Sex and Crime. Und wie heißt noch der Leidtragende dieses Geschlechtsverkehrsunfalls? Shadow Moon - Schatten und Mond.
    Odin als Trickbetrüger
    Noch auf dem Flug zur Beisetzung wird ihm von seinem Sitznachbarn ein Job angeboten - eine Stelle als Chauffeur und Botengänger, Bodyguard und Mädchen für alles:
    "Sie arbeiten für mich. Sie beschützen mich. Sie helfen mir. Sie transportieren mich von einem Ort zum anderen. Von Zeit zu Zeit stellen Sie Ermittlungen an - Sie reisen herum und holen in meinem Auftrag Erkundigungen ein. Sie machen Besorgungen. Im Notfall, aber nur im Notfall, tun Sie Leuten weh, die das verdient haben.
    In dem unwahrscheinlichen Fall, dass ich sterben sollte, werden Sie für mich eine Totenwache halten. Und im Gegenzug werde ich dafür Sorge tragen, dass Ihre Bedürfnisse angemessen befriedigt werden."
    Nach einigem Zögern nimmt Shadow das Angebot an. Sein Arbeitgeber nennt sich Mr. Wednesday. Er ist gediegen gekleidet; mit einem seiner Augen freilich stimmt etwas nicht, die Iriden zeigen leicht unterschiedliche Farben, ein Glasauge vielleicht?
    Shadow will es wissen:
    "Wie haben Sie Ihr Auge verloren?
    Wednesday schaufelte sich ein halbes Dutzend Speckstücke in den Mund, kaute, wischte sich mit dem Handrücken das Fett von den Lippen.
    Ich habe es nicht verloren, sagte er. Ich weiß noch genau, wo es ist."
    Wir werden es erfahren.
    Mr. Wednesday, ein windiger Kerl, ist ein ebenso passionierter wie wahlloser Schürzenjäger. Er hat, wie sich zeigt, eine langjährige Berufserfahrung als Trickbetrüger.
    Womit der Plot des Romans sich ein wenig in Richtung Gaunerkomödie zu drehen scheint - ein Verdacht von "Paper Moon" kommt auf, ein Hauch von "Der Clou".
    Außerdem raucht er starken Tobak - er wie auch die meisten seiner offenbar zahlreichen Bekannten, denen man nach und nach einen Besuch abstattet. Denn Mr. Wednesday will diese eigenartigen Damen und Herren zu einer Zusammenarbeit überreden. Immer wieder Zigaretten, Zigarillos. Manchmal schmaucht und raucht es, als ritte der Marlboro-Mann zwischen den Zeilen.
    Aber es ist nicht der Marlboro-Mann, der hier unterwegs ist, sondern Shadow mit Mr. Wednesday. Und die wahre Identität von Mr. Wednesday - dem Herrn Mittwoch - bleibt Shadow nicht lange verborgen.
    In unserer Sprache ist die ursprüngliche Bedeutung dieses Wochentags ausgelöscht. Die christlichen Missionare haben den alten Namen neutralisiert und einen Mittwoch daraus gemacht.
    Der Tag des Wednes heißt im Niederländischen Woensdag, im Skandinavischen Onsdag. Er ist der Tag des Wotan beziehungsweise des Odin.
    Und Mr. Wednesday ist kein geringerer als dieser alte, nordische Gott - verschlagen in die USA wie etliche andere Gottheiten aus aller Welt auch. Ja, es sind Gottheiten, die dieser Odin in Menschengestalt besucht und für seine Sache gewinnen will.
    Odin, der Allvater; Odin, der sich selbst geopfert und neun Tage am Baum Yggdrasil gehangen hat, der Weltesche, ohne Nahrung und Trank; Odin, der eines seiner Augen dahingegeben hat für die Erlaubnis, aus der Quelle der Weisheit zu trinken.
    Wenn er und die anderen so leidenschaftlich paffen, dann ist das nichts als eine Reminiszenz an eine große Vergangenheit, als ihnen noch Rauch und Menschenfleisch zum Opfer gebracht worden waren.
    Der fette Junge: die Gottheit der PCs und des Internets
    Die Sache aber, für die Odin sie anwerben will, ist die:
    Die alten Götter, Odin und Czernobog, der slawische Gott der Finsternis, die ägyptischen Gottheiten Thot und Anubis, Easter, die germanische Göttin des Frühlings, der afrikanische Spinnengott Anansi, Bilquis, die gottgleiche Königin von Saba, Hindu- und Voodoo-Gottheiten, Dschinns, Ifriten und Kobolde, sie alle stehen am Abgrund.
    Übrigens auch Loki, der vielseitigste und vielgestaltige Gott im nordischen Pantheon - denn natürlich verbirgt sich hinter Low Key Lyesmith - also dem Lügenschmied, Shadows Ex-Zellengenossen - niemand anders als der Trickster Loki.
    Ihnen allen droht die Vernichtung durch die neuen amerikanischen Götter, durch die Gottheiten des Aktienmarktes, durch die Men in Black, durch die Gottheiten des Autos, der Flugzeuge, des Fernsehens und des Internets.
    Einer der Wortführer dieser neu entstandenen und doch durchaus alttestamentarisch-eifersüchtigen Numina ist der fette Junge - die Gottheit der PCs und des Internets:
    "Shadow hatte den Eindruck, dass (...) die Augen des Jungen leuchteten - und zwar so grün wie ein vorsintflutlicher Computerbildschirm.
    »Also, du richtest Wednesday was aus. Sag ihm, er ist Geschichte. Niemand erinnert sich an ihn. Er ist alt. Und das sollte er besser akzeptieren. Sag ihm, dass wir die Zukunft sind und dass wir auf ihn und seinesgleichen einen Scheißdreck geben. Seine Zeit ist vorbei. (...)
    Sag ihm, dass wir die verdammte Realität neu programmiert haben«".
    Die Götterdämmerung zieht herauf, und die altern Götter kämpfen gegen die neuen ums Überleben.
    Stattfinden soll dieses letzte Gefecht auf dem Staatsgebiet der USA.
    Wer denkt sich dergleichen aus?
    Neil Gaiman ist kein Amerikaner, sondern Engländer; er wurde 1960 in Portchester in der südenglischen Grafschaft Hampshire geboren; allerdings lebt er seit 1992 in Wisconsin in den Vereinigten Staaten.
    Schon die Familie ist in bestimmter Weise amerikanisch orientiert gewesen, mit einem leichten Touch von Science-Fiction: Seine Eltern befassten sich mit Scientology, einer von dem SF-Autor L. Ron Hubbard ausgedachten Pseudo-Religion; Claire, eine der beiden Schwestern von Neil, arbeitete für die Kirche der Scientologen in Los Angeles.
    Auch Gaimans erste Frau, Mary McGrath, studierte Scientology.
    Neil Gaiman erklärte, nichts mit Scientology zu tun zu haben. Götter kommen in Gaimans Sicht nicht von Natur aus vor; schon gar nicht gehen sie dem Menschen voran, als Weltenschöpfer oder Beseeler von menschengestaltigen Lehmfiguren.
    Götter sind für Gaiman Kopfgeburten der Menschen; sie gehen, wohin der Mensch geht und sind daher gewissermaßen Kulturfolger.
    Die Ewigen benötigen keine Gläubigen, um zu existieren - die Götter sehr wohl
    Einige Grundlagen für seine menschenbasiert-polytheistische Theologie mag Neil Gaiman schon als Jugendlicher in seinen Lieblingsbüchern gefunden haben. Seine frühe Lektürebiografie umfasst mit "Herr der Ringe", den "Chroniken von Narnia", "Alice's Adventures in Wonderland" klassisch-fantastische Werke der englischen Literatur ebenso wie US-amerikanische Science-Fiction-Romane und die Batman-Comics von DC.
    Gaiman war früh in Richtung Graphic Novel unterwegs.
    Im Anschluss an einige kleinere, aber aufsehenerregende Arbeiten für das britische SF-Comic-Magazin "2000 AD" erhielt er eine Einladung: Er sollte für den US-amerikanischen Comic-Verlag DC eine von dessen älteren Figuren wiederzubeleben: den Sandman nämlich. Er tritt auch als Morpheus in Erscheinung, als Oneiros und als Traumweber und gehört - laut Gaimans Privatmythologie - zu den sogenannten Sieben Ewigen, die zugleich mit dem Universum entstanden sind, proto- oder metaphysische Gestalten, die in mancher Hinsicht den Göttern, wie sie bislang in Gebrauch waren, weit überlegen sind.
    Denn die Ewigen benötigen keine Gläubigen, um zu existieren.
    Die Götter dagegen sehr wohl.
    "Ich hatte für Sandman ein ganz und gar erdachtes Amerika erschaffen. Ein Amerika im Delirium, einen unwahrscheinlichen Ort jenseits der Grenzen des Realen.
    (...) Und ich habe damals neun Jahre in den USA gelebt. Lange genug, um zu begreifen, dass alles falsch war, was ich aus Film und Fernsehen gelernt habe. Ich wollte über Mythen schreiben. Ich wollte über Amerika als einen Ort der Mythen schreiben."
    Gaiman lässt die uralten mythischen Figuren in den realen USA umgehen - per Auto oder Flugzeug. Er versetzt sie ins reale Wisconsin und ins wirkliche Chicago, ins wirkliche San Francisco, Boulder, Dallas, Seattle, ins wirkliche Cairo, Illinois, und ins wirkliche Spring Green mit dem House on the Rock und seinem gigantischen Karussell, ins wirkliche Lakeside in den Northwoods.
    Die eingewanderten Götter mussten umschulen
    Die Grundidee aber bleibt gleich: Götter und Geistwesen wandeln auf der Erde - und treten mit ihren Erzeugern, den Menschen, in Verbindung.
    Denn der Menschen und ihres Glaubens bedürfen auch die neuen amerikanischen Götter - diese Inkarnationen von Technologien, die Menschenkraft himmelhoch transzendieren und Menschengeist in ihren Bann schlagen, diese Götter des Internets, der Flugzeuge, dieses Idol einer Börse, die ihre Taschenspielertricks mit immateriellen Einheiten vorführt, mit Ziffern, Zeichen, Aktienindizes.
    Darin unterscheiden sich die modernen Götter nicht von ihren Vorgängern.
    Die Idee, den bejahrten und verblühten Göttern des Altertums bis in die Gegenwart nachzuspüren, ist nicht neu. Hierzulande kennt man sie besonders schön ausgeführt von Heinrich Heine in seinem großen Aufsatz "Die Götter im Exil" aus dem Jahr 1853. Dort erzählt er davon, welche Umwandlungen "die griechisch-römischen Gottheiten erlitten haben, als das Christentum zur Oberherrschaft in der Welt gelangte": Apollo muss sich bei Viehzüchtern verdingen; Mars dient als Landsknecht; und so weiter.
    Auch bei Gaiman mussten die eingewanderten Götter umschulen. Allvater Odin schlägt sich als Trickbetrüger durchs Leben; Thot und Anubis, altägyptische Herrschaften, betreiben ein Bestattungsinstitut in Cairo, Illinois.
    Auch Bilquis, Königin von Saba außer Dienst, muss sich ihren Lebensunterhalt verdienen - wenn sie für ihre Dienste auch etwas mehr verlangt als bloßes Geld:
    "In einem dunkelroten Zimmer (...) steht eine große schlanke Frau in geradezu lächerlich engen Seidenshorts, die Brüste von einer gelben Bluse, die unter ihnen verknotet ist, nach oben und nach vorn gedrückt. Ihr schwarzes Haar ist aufgetürmt und zu einem Zopf geflochten. Neben ihr steht ein kleiner Mann (...).
    »Fünfzig Mäuse.«
    »Ja.«
    (...)
    »Okay, Süßer«, sagt sie. »Gleich. Aber machst du auch etwas für mich, während wir es tun?«
    »Hey«, sagt er, plötzlich gereizt, »wer bezahlt hier wen?«
    Sie setzt sich mit einer fließenden Bewegung rittlings auf ihn und flüstert. »Du natürlich, mein Süßer. (...) Süßer, während du es mir besorgst (...) möchte ich, dass du mir huldigst.« »Dass ich was?«
    (...)
    »Wirst du Göttin zu mir sagen? Wirst du mich anbeten? (...)«
    Er lächelt. Wenn das alles ist ...
    »Klar«, sagt er."
    Die groteske Konfrontation des Herabgekommen-Göttlichen mit dem Profan-Alltäglichen elektrisiert immer wieder.
    Schamlos bellestristisch
    Wunderdinge geschehen. Shadow begegnet seiner toten Frau, die ihm als Leichnam beisteht und sein Leben rettet.
    Shadow wird entrückt an einen Ort "hinter den Kulissen" der Welt, wo die Zeit zähflüssig wird oder auf Touren kommt, mit den Uhren jedenfalls nicht mehr zu fassen ist.
    Fabelwesen gehen um wie in den Randzonen von Herodots Welt. Eine Katze verwandelt sich in eine beinahe selbstlose Liebhaberin.
    Da ist ein Ort, dem es besser geht als andere, der arbeitslosenstatistisch besser dasteht als alle vergleichbaren Orte in den USA, nur, dass er sich dafür unter den Schutz eines Dämons stellen muss, der nicht weniger verlangt als ein Kind pro Jahr.
    Shadow träumt; Shadow gewinnt im Traum Einsichten in ganz andere Welten; Shadow muss, als Wednesday von den neuen Göttern getötet wird, vertragsgemäß seine Totenwache antreten und dazu neun Tage in der Esche hängen.
    Shadow stirbt im Baum. Shadow steigt hinab in das Reich der Toten. Shadow erkennt, wer er wirklich ist: der Sohn des Allvaters Odin.
    Dann kehrt Shadow zurück zu den Lebenden.
    Das Buch ist nicht nur handlungs- und wendungsreich; es ist geradezu schamlos belletristisch. Es wimmelt und sprudelt von mythologischen Anspielungen und Querverweisen. Es wird immerzu und viel gelesen. Man ertappt die Figuren mit Romanen von John Grisham in der Hand oder mit dem SF-Roman "Fremder in einer fremden Welt" von Robert A. Heinlein.
    Am Sterbebett seiner Mutter hat sich Shadow im Roman "Das Ende der Parabeln" von Thomas Pynchon vertieft.
    Ein großes und ein großartiges Buch
    Immer wieder kreuzt Gaiman Motive der amerikanischen Populärkultur mit mythischen Bildern und beleuchtet gleichmäßig beide Seiten:
    "Er hörte den Widerhall winziger Geräusche. Er hörte sogar, wie der Staub herabsank.
    Von diesem Ort hatte er geträumt (...): die endlose Gedächtnishalle der Götter, deren Namen in Vergessenheit geraten waren, und derjenigen, an deren Existenz sich nicht einmal irgendjemand erinnerte.
    Er wich einen Schritt zurück, ging zu dem Weg auf der anderen Seite hinüber und spähte in den Korridor hinein: Mit den schwarzen Plexiglaswänden, in die Lichter eingelassen waren, hätte das Disneyland sein können. Die bunten Lichter blinkten und blitzten, erweckten aus keinem bestimmten Grund den Anschein von Ordnung wie die Lichter an der Steuerkonsole eines Raumschiffs im Fernsehen."
    Unter den vielen Göttern und Menschen, die Shadow unterwegs trifft, ist Sam, mit vollem Namen Samantha Black Crow - eine Menschenfrau. Vermutlich. Aber was ist schon unwiderruflich festgestellt auf dem Territorium der amerikanischen Götter?
    Sam legt Shadow gegenüber ein umfassendes US-amerikanisches Glaubensbekenntnis ab:
    "Ich (...) glaube so ziemlich alles. Sie haben ja gar keine Ahnung, was ich glauben kann.
    (...) Ich kann Dinge glauben, die wahr sind, und ich kann Dinge glauben, die nicht wahr sind, und ich kann Dinge glauben, bei denen keiner weiß, ob sie wahr sind. Ich kann an den Weihnachtsmann glauben und an den Osterhasen, an Marilyn Monroe, die Beatles, Elvis und Mister Ed. (...) Ich glaube, dass (...) Jade getrocknetes Drachensperma ist und dass ich in einem früheren Leben vor tausenden von Jahren ein einarmiger sibirischer Schamane war. Ich glaube, dass die Bestimmung der Menschheit in den Sternen liegt.
    (...)"
    Soviel Glaube - gut für die Götter, die althergebrachten wie die aktuellen, für die Götter aus aller Welt und allen Zeiten und für die American Gods.
    "Ich wollte ein dickes, merkwürdiges, ausschweifendes Buch schreiben, und das tat ich auch."
    Nun liegt der Text, wie vom Titelbild verkündet, in einem "Director's Cut" vor, von Hannes Riffel vorzüglich übersetzt.
    In dieser ungekürzten Version werden die wahren Dimensionen der "American Gods" noch deutlicher sichtbar:
    Es ist ein großes und ein großartiges Buch.
    Neil Gaiman: American Gods, Directors Cut, Roman. Aus dem Englischen von Hannes Riffel. 672 Seiten, Eichborn/Bastei Lübbe Verlag, Köln 2015, 14,00 Euro.