Es ist ein grausamer Ort, einer der grausamsten in Kathmandu, an dem Freiwillige arbeiten können. "Du musst mental unglaublich stark sein, wenn du da reingehst", sagt der angehende Mediziner Siddarth. "Mich macht das auch fertig, aber einer muss da reingehen und helfen", sagt er.
Vor dem Erdbeben trafen sich hier junge angehende Mediziner auf dem Weg zur Vorlesung. Jetzt ist die Lobby vor dem Hörsaal am nationalen medizinischen Lehrkrankenhaus in Kathmandu eine provisorische Leichenhalle. Die Kühlfächer sind voll. 30 verrenkte und aufgeblähte Körper liegen auf dem nackten Boden, nur notdürftig zugedeckt. Es fehlen Leichensäcke. Es sind große und kleine Körper - leblose Körper, oft mit weit aufgerissenen Augen, schwarz angelaufen. Der süßlich-faule Geruch in der Luft ist kaum auszuhalten.
Das ganze Land hat Schmerzen
Für Sneha wird es zu viel. Das sechzehnjährige Mädchen geht noch zur Schule, trotzdem hat sie sich heute freiwillig zum Dienst in der Leichenhalle gemeldet. Doch sie erträgt es nicht. Ihr Magen rebelliert. Ayush begleitet das Mädchen nach draußen. Doch auch hier riecht es nach Tod und Verwesung. "Ich mache das aus Menschlichkeit. Es ist eine schreckliche Aufgabe. Das ganze Land hat Schmerzen. Wir müssen alle tun, was wir können".
Ayush und Sneha tragen Mundschutz, Handschuhe und Plastikschürzen. Die Schulen und Universitäten sind geschlossen. Ayush studiert Wirtschaft und hilft schon seit vier Tagen als Freiwilliger in der provisorischen Leichenhalle. Neben ihm arbeiten hier noch Ärzte, Polizisten und Bürokraten. Es geht darum, den Opfern eine Identität zu geben. Nach 28 der 30 Leichen in der provisorischen Leichenhalle hat sich noch niemand erkundigt.
"Wir müssen die Leichen fotografieren, ihnen Nummern geben, sie in Säcke legen. Sie sollen bald in den Kühlraum. Der Gestank hat sich schon über das ganze Gelände verbreitet", so Ayush.
An den Geruch werden sich Ayush und Sneha noch lange erinnern. Einen schnellen Heilungsprozess wird es für Nepal nicht geben.