Ein tiefergelegtes Auto mit goldenen Felgen und dicken Basslautsprechern wie es direkt aus der 80er-Jahre-MTV-Serie "Pimp My Ride" entsprungen sein könnte. Am Steuer sitzt kein Hip-Hop-Mogul, sondern ein junger Mann, der in der Pornobranche gleichzeitigt Agent und eine Art Mädchen für alles ist. Mal reinigt er den Pool, mal rekrutiert er die jungen, zumeist weiblichen, Darsteller - und hofft, eines Tages eine eigene Produktionsfirma zu besitzen.
Für die Episode "Money Shot" sind die Filmemacherinnen Ronna Gradus und Jill Bauer außerdem zwei erfahrenen Pornodarstellern gefolgt, haben mit ihnen über ihre Arbeit gesprochen. Über den Alltag in einem Beruf, für den keiner mehr Geld ausgeben möchte, seit man alles umsonst im Netz bekommt. Und genau das ist der Kern von "Hot Girls Wanted: Turned On": Wie hat moderne Technologie, insbesondere das Internet, unseren Umgang mit Sex verändert.
Für die Episode "Money Shot" sind die Filmemacherinnen Ronna Gradus und Jill Bauer außerdem zwei erfahrenen Pornodarstellern gefolgt, haben mit ihnen über ihre Arbeit gesprochen. Über den Alltag in einem Beruf, für den keiner mehr Geld ausgeben möchte, seit man alles umsonst im Netz bekommt. Und genau das ist der Kern von "Hot Girls Wanted: Turned On": Wie hat moderne Technologie, insbesondere das Internet, unseren Umgang mit Sex verändert.
Ein gelungener Balanceakt
Die Serie knüpft an den gleichnamigen Film an. Darin ging es um das blühende Geschäft der Amateur-Pornografie aus der Perspektive der Darstellerinnen. Gradus und Bauer war ein Balanceakt gelungen: Ehrlich und schonungslos diese Branche zu dokumentieren, ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Ihre Serie "Turned On" ist mehr Anthologie, als klassische, sich fortsetzende Episoden. Neben den beiden Regisseurinnen versuchen sich auch Produzentin Rashida Jones und eine Reihe anderer Filmemacher an Themen wie Dating im Zeitalter von Tinder und - direkt in der ersten Folge - Erotik-Filmemacherinnen wie Erika Lust. Die nimmt in der von Männern dominierten Branche selbst die Zügel in die Hand und trotzt dem Klischee, dass Pornographie nichts für Frauen ist:
"Die typische Struktur eines pornografischen Films ist, dass der Mann der Hauptcharakter ist. Es geht um ihn, um sein Verlangen. Das hat für mich nicht funktioniert, weil es für mich, wenn ich mit jemandem Sex habe, um uns beide geht."
Besonders gelungen ist die Episode um eine junge Frau, die ihr Geld mit Camming verdient, Internet-Chats, die oft Selbstbefriedigung vor laufender Kamera beinhalten. Gleichzeitig setzt sie sich leidenschaftlich für die Selbstbestimmung junger Pornodarstellerinnen ein und lässt die von ihren Erfahrungen in der Branche profitieren.
Besonders gelungen ist die Episode um eine junge Frau, die ihr Geld mit Camming verdient, Internet-Chats, die oft Selbstbefriedigung vor laufender Kamera beinhalten. Gleichzeitig setzt sie sich leidenschaftlich für die Selbstbestimmung junger Pornodarstellerinnen ein und lässt die von ihren Erfahrungen in der Branche profitieren.
Filmische Finesse statt Kohärenz
Alle Folgen sind mit journalistischer Sorgfalt und filmischer Finesse produziert. Trotzdem fügen sie sich - wie oft bei Anthologien - letztendlich nicht zu einem kohärenten Ganzen zusammen. In einer der Folgen steht ein junges Mädchen vor Gericht, nachdem sie die Vergewaltigung einer Freundin gefilmt und ins Internet gestreamt hat, anstatt die Polizei zu rufen. Der Fall ist zwar gut aufbereitet, ist aber ein thematischer Ausreißer der eher ins "True Crime" Genre gehört und nicht viel Erhellendes zur Frage beiträgt, wie sich Sex im modernen Zeitalter verändert hat.
Netflix hat sich in den letzten Jahren als ernstzunehmende Plattform für Dokumentationen etabliert, zuletzt mit der Serie "Making a Murderer" und dem herausragenden Film "The 13th", über die Wurzeln von institutionellem Rassismus in den USA. "Hot Girls Wanted: Turned On" erreicht nicht durchgängig deren Qualität. Bemerkenswert ist aber der integre, völlig agendafreie Umgang mit dem Thema Sex. Weder schlüpfrig, noch verurteilend oder gar reißerisch; eher neugierig, ohne voyeuristisch zu sein. Manches ist amerikaspezifisch, etwa die Amateur-Porno-Szene und die Gesetzeslage. Aber auch hierzulande hat das Internet den Umgang mit Sex grundlegend verändert. Liebesbeziehungen werden ebenso wie One Night Stands über eine App initiiert und Jugendliche können problemlos jede Art von Pornographie auf dem PC oder Handy gucken. Ob man die Technik verflucht oder sich über sie freut - die Konsequenzen dieser Realität sind selten so umfassend beleuchtet worden, wie in "Hot Girls Wanted: Turned On".
Die sechs Folgen von "Hot Girls Wanted: Turned On" kann man ab dem 21. April bei Netflix sehen.
Die sechs Folgen von "Hot Girls Wanted: Turned On" kann man ab dem 21. April bei Netflix sehen.