"Information ist alles. Oder nicht? Zum Beispiel dürfest du inzwischen wissen, dass das Doppel-Null-Programm offiziell tot ist, weshalb ich mir meine Gedanken mache, wieso du gekommen bist."
Totgesagte leben bekanntlich länger. Und Nachrufe auf James Bond sind schon unzählige verfasst worden. Aber die Doppel-Null hat nicht nur das Ende des Kalten Krieges überlebt. Selbst vom modernen Spionageapparat lässt er sich nicht so einfach wegrationalisieren. Wer - wenn nicht der aus der Zeit gefallene Agent mit der Lizenz zum Töten - wirft ein Auge auf die unheiligen Allianzen zwischen Nachrichtendiensten und Syndikaten? Hier setzt die Handlung von "Spectre" ein. Drahtzieher ist Christoph Waltz als Franz Oberhauser. Sein Erscheinen konfrontiert Bond mit der eigenen Vergangenheit.
"Also James, wieso bist du gekommen?"
"Um dich zu töten."
"Und ich dachte, du wärst hier, um zu sterben."
"Tja, alles eine Frage der Perspektive."
"Um dich zu töten."
"Und ich dachte, du wärst hier, um zu sterben."
"Tja, alles eine Frage der Perspektive."
Und diese Perspektive hat sich seit "Casino Royale", dem ersten "007"-Abenteuer mit Daniel Craig, grundlegend verändert. In der Horizontalen befindet sich längst nicht mehr nur der Protagonist in der obligatorischen Bettszene mit dem Bond-Girl. Horizontal wird auch erzählt. So ist die Handlung aller vier Bonds mit Craig miteinander verwoben. Es ist dieser Kniff, der den Reiz der Reihe ausmacht, wenngleich der etwas handlungsarme und zu lang geratene "Spectre" wieder mehr klassisches Bond-Spektakel ist, als es der dichter inszenierte Vorgänger "Skyfall" war.
"Spectre": akzeptabel
Priester – sind die vier Männer, die sich in der Dämmerung an einem Strand an der chilenischen Küste aufhalten. Das Zwielicht – in Pablo Larraíns Film "El Club" die dominierende Tageszeit – ist jedoch weniger idyllisch als trügerisch. Im Halbdunkel sind auch die Räume des Hauses gehalten, in denen "El Club" die meiste Zeit spielt. Die Männer der Kirche, die hier leben, sind ebenfalls ins Zwielicht geraten. Die vier Padres haben Schuld auf sich geladen haben. Welche – das wird sich nach der Ankunft ihres neuen Mitbewohners Pater Lazcano zeigen.
Er habe ihn mit dem schwarzen Auto kommen sehen. Ruft ein scheinbar geistig verwirrter Mann, der sich vor dem Haus der Padres aufgebaut hat. Immer wieder fragt er, warum Pater Lazcano nicht aus dem Haus kommen und mit ihm sprechen würde. Lautstark beschreibt der Mann in allen Einzelheiten sexuelle Handlungen, die der Geistliche an ihm vorgenommen haben soll. Als der Pater sich dem Druck der Gemeinschaft beugt und vor die Tür tritt, greift er zu einer Pistole und erschießt sich.
Fast hätten die Vier, die auf Anordnung der Katholischen Kirche zur Buße in das sogenannte Rückzugshaus ziehen mussten – fast hätten sie schon vergessen, warum auch sie hier sind. Der Selbstmord aber bringt das Thema Missbrauch wieder zutage. Als Pater García anreist – ein Abgesandter der Kirche, der sich nach dem Vorfall ein Bild vom Leben in dem Haus machen will, stößt er auf eine Mauer des Schweigens und auf vier Männer, die sich keiner Schuld bewusst sind.
"El Club" ist nicht der erste Film, der den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen in der Katholischen Kirche thematisiert. Aber die Intensität und Wucht, mit der er es tut, lässt einen erschaudern. Solange immer noch vertuscht und nur mangelhaft aufgearbeitet wird, solange den Tätern weiter ein Unrechtsbewusstsein fehlt, wird auch weiter vieles im Zwielicht bleiben.
"El Club" – läuft in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln: empfehlenswert
"Also für die, die es noch nicht wissen: Ich heiße Madame Gueguen. ... Ich unterrichte seit 20 Jahren. Und das mit Freude. Und ich habe nicht vor, euch mit schlechter Laune zu traktieren."
Bei einer derart erbaulichen und zudem noch wahren Geschichte, die der französische Film "Die Schüler der Madame Anne" auspackt, sehnt man sich geradezu nach der politischen Unkorrektheit von "Fack ju Göhte". Einer engagierten Lehrerin an einem Pariser Gymnasium mit hohem Migrantenanteil gelingt es, die negative Grundeinstellung ihrer Schüler der elften Klasse ins komplette Gegenteil zu verkehren. Faule und streitsüchtige Störenfriede, die keine Perspektive für sich sehen, wandeln sich zu engagierten Schülern, die einen landesweiten Schulwettbewerb gewinnen. Ihr Thema: der französische Widerstand während der Nazizeit und die Deportationen von Juden.
"Also ich werde da auf keinen Fall mitmachen, weil es mich nicht interessiert."
"Ich habe auf den Wettbewerb auch keine Lust."
"Schon komisch - ich habe das Gefühl, dass ich euch viel mehr zutraue als ihr euch selbst."
"Ich habe auf den Wettbewerb auch keine Lust."
"Schon komisch - ich habe das Gefühl, dass ich euch viel mehr zutraue als ihr euch selbst."
Schließlich gebe es, wie sie ihren Schülern einbläut, auch eine Welt jenseits der Vororte. Welche Hintergründe die Jugendlichen haben, aus welchen Familien sie stammen und wie ihr Leben außerhalb der Schule aussieht: All das blendet "Die Schüler der Madame Anne" komplett aus. Die Verengung der Geschichte auf die Unterrichtssituation und das Zusammenspiel von Lehrerin und Schülern aber machen aus dem Film ein wenig überzeugendes, didaktisches Stück Betroffenheitskino. Wahre Geschichte hin oder her.
"Die Schüler der Madame Anne": enttäuschend