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Neuausrichtung des weltgrößten Rückversicherers

2011 war ein rabenschwarzes Jahr für die Münchner Rück: Erdbeben, Wirbelstürme und Überflutungen ließen den Gewinn des weltgrößten Rückversicherers einbrechen. Heute stellte der Konzern seine offzielle Jahresbilanz vor - und blickt tapfer nach vorn.

Von Michael Watzke |
    Die Münchner Rück hat ein massives Problem. Und das sind nicht so sehr Naturkatastrophen, die sich im vergangenen Jahr zusammenballten, als habe sich die Natur gegen den Menschen verschworen. Ob nun in Japan, Thailand, Australien oder Neuseeland. Für solche Katastrophen ist das weltgrößte Rückversicherungs-Unternehmen schließlich da und vorbereitet. Die Probleme der Munich Re sind scheinbar profaner, aber viel gefährlicher. Es sind, so der Vorstandsvorsitzende Nikolaus von Bomhard:

    "Die ganz erheblichen Verwerfungen, die wir im letzten Jahr im Kapitalmarkt beobachten konnten. Und – für die Versicherer besonders wichtig – der erhebliche Absturz der Zinsen um über 100 Basispunkte. Das ist in der Versicherungswelt ungeheuer viel."

    Die Zinsen an den weltweiten Kapitalmärkten sind für Versicherungsunternehmen deshalb so wichtig, weil sie darüber etwa die Garantieversprechen ihrer Lebensversicherungen abdecken.
    Der garantierte Zins für eine Lebensversicherung lag lange Zeit deutlich über drei, teilweise vier Prozent. Die Rendite für eine zehnjährige deutsche Bundesanleihe dagegen liegt derzeit unter zwei Prozent. Grund: die Schuldenkrise und die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank dagegen.

    "Wir sind ein wenig – und das ist eine deutliche Untertreibung – die Leidtragenden der Stützungspolitik der Notenbanken, die die Zinsen am langen Ende, aber auch insgesamt tief halten. Das stellt uns vor erhebliche Herausforderungen. Mit Blick auf die Kapitalerträge und insbesondere Garantieversprechen."

    Im Klartext: wenn deutsche Lebensversicherungskunden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ihre garantierten Auszahlungssummen bekommen sollen, müssen sich die Kapitalanleger der Versicherungs-Unternehmen etwas einfallen lassen. Die Münchner Rück hält in ihrem Anlage-Portfolio zu 56 Prozent festverzinsliche Wertpapiere. Davon wiederum sind die Hälfte Staatsanleihen. Vor allem europäische. Derzeit schichtet das Unternehmen in großem Stil von Krisenstaaten wie Griechenland, aber auch Italien oder Spanien zu vermeintlich sicheren Bundesanleihen um. Nur: dort sind eben die Zinsen so mager. Am Aktienmarkt sieht es derzeit etwas besser aus – aber das hilft der Münchner Rück wenig, denn:

    "Unser Aktien-Engagement ist nicht mehr sehr hoch. So dass wir an der Stelle nicht Aufzug fahren können. Wie das vielleicht ein anderer könnte, der dort noch sehr stark engagiert ist. Bei uns ist es vor allem die Zins-Entwicklung. Und wenn wir da einen Wunsch frei hätten, dann wäre das ein stetiger Anstieg."

    Ein frommer Wunsch. Aber höchst unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass die EZB derzeit Geld austeilt, als gäbe es kein Morgen. In ihrer Not sucht die Münchner Rück nach anderen Renditequellen. Und glaubt sie in erneuerbaren Energien gefunden zu haben. Vorstandsmitglied Jörg Schneider:

    "Wir haben allein im Jahr 2011 rund 500 Millionen Euro investiert. Teilweise Photovoltaik. Teilweise Stromnetze. Ein weiterer neuer Investitions-Schwerpunkt sind Infrastruktur-Investitionen."

    Infrastrukturprojekte sind beispielsweise Telekommunikationsnetze oder Autobahnen, die die Münchner Rück in sogenannte Public Private Partnership bauen möchte. Um dann etwa an Autobahngebühren zu verdienen. Jörg Schneider wünscht sich hier stärkere Kooperation mit dem Staat, der die politischen Rahmenbedingungen dafür schaffen müsse. Bisher geht all das aus Sicht der Münchner Rück viel zu langsam.