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Neuburg an der Donau
Kleine Stadt mit großer Geschichte

Die Geschichte von Neuburg an der Donau reicht 3000 Jahre zurück. Doch erst 1505, als die Stadt zur Residenz des legendären Pfalzgrafen Ottheinrich wurde, begann ihre eigentliche Blütezeit. Denn die architektonische Schönheit und kunstgeschichtliche Bedeutung verdankt Neuburg im Wesentlichen dem fülligen Fürsten.

Von Katinka Strassberger |
    Majestätisch thront das prächtige Neuburger Schloss auf dem Altstadtberg über der Donau, umrahmt von einem bemerkenswerten Ensemble historischer Bauten, die an die jahrhundertealte Geschichte der Stadt erinnern. Über romantische kleine Gassen erreicht man das Herz der oberen Altstadt, den Karlsplatz.
    Sorgsam restaurierte Häuser aus der Renaissance- und Barockzeit verleihen ihm seine besondere Atmosphäre. In der Vorweihnachtszeit dient er als wunderschöne Kulisse für den kleinen feinen Christkindlmarkt, der sich wohltuend unterscheidet vom kommerziellen Budenzauber in vielen anderen deutschen Innenstädten. Hier findet man keinen Nippes aus Fernost, sondern vor allem heimisches Kunsthandwerk.
    "Wir haben viele Vereine und Gruppen, die sich da einbringen, der Charakter soll ja ein ruhigerer in die alte Tradition hinein reichender Markt sein, wir legen Wert auf das Besinnliche", erzählt Friedhelm Lahn, einer der Organisatoren des Marktes. Fröhlich und entspannt beobachtet er den Auftritt von Jugendlichen der Stadtkapelle Neuburg, nur eines von zahlreichen Ensembles, die täglich für weihnachtliche Musik sorgen.
    Vom Weveldhaus, das 1517 in direkter Nachbarschaft des Karlsplatzes erbaut wurde, hat man einen herrlichen Blick auf den Platz und die barocke Hofkirche, die eine räumliche Verbindung schafft zum direkt dahinter liegenden Schloss. Seit 2005 ist das ehemalige Adelspalais Sitz des Stadtmuseums, geleitet wird es von Michael Teichmann:
    "Es war hier eine Residenzstadt gewesen, die Hauptstadt eines eigenen kleinen Fürstentums. Es gab ein Schloss mit einem Herrscher, der für das Land zuständig war, und um die Residenz siedeln sich Adelige an, die dann Hofbeamte werden. Und das sieht man bei dem Baron Weveld, in dessen Haus wir uns befinden, ganz gut: Das ist ein typischer landsässiger Adeliger mit Hofgut in der Nähe, aber es ist ihm wichtig, dass er ein repräsentatives Anwesen hat in Sichtweite seines Fürsten. Anfang des 18. Jahrhunderts hat er es gekauft und dann sehr aufwendig, auch mit den Stuckdecken, die man hier sehen kann, barockisieren lassen."
    Pfalzgraf Ottheinrich : Renaissancefürst par excellence
    Allein schon durch die im Original erhaltenen Räumlichkeiten vermittelt das Museum interessante Eindrücke von einem herrschaftlichen Haushalt der damaligen Zeit. Zahlreiche Ausstellungsstücke aus dem Besitz des Historischen Vereins der Stadt belegen aber auch, dass die Geschichte Neuburgs noch viel weiter zurückreicht. Schon vor 3000 Jahren ließen sich die ersten Siedler auf dem strategisch günstig gelegenen Jurahügel an der Donau nieder, später bauten die Römer hier ein Kastell. Im Mittelalter entstand eine weitere Befestigungsanlage.
    Die Reste dieses mittelalterlichen Wehrgangs begrenzen noch heute den Garten des Weveldhauses, dahinter geht es steil bergab zur Donau, an deren Nordufer sich eine einzigartige Auenlandschaft anschließt. 1505, als Neuburg zur Residenz des legendären Pfalzgrafen Ottheinrich wurde,
    begann die eigentliche Blütezeit der Stadt.
    "Für ihn und seinen Bruder Philipp ist dieses Fürstentum Pfalz-Neuburg eigens gegründet worden. Ein Schloss hat es schon gegeben, eine Wittelsbacher Nebenresidenz, aber er ist wirklich der Renaissancefürst par excellence, der bis heute allen Neuburgern geläufig ist."
    Viele sprechen bis heute mit Begeisterung von "ihrem Fürsten", was kein Wunder ist, denn ihm verdankt die Stadt im Wesentlichen ihre architektonische Schönheit und ihre kunstgeschichtliche Bedeutung.
    Einige der Schätze, die der Pracht liebende und genussfreudige Ottheinrich im Laufe seiner Regentschaft von den besten Künstlern der damaligen Zeit hatte anfertigen lassen, kann man in den weitläufigen Sälen des Schlosses bewundern.
    Zu den wertvollsten Exponaten zählen einige riesige golddurchwirkte Wandteppiche aus dem 16. Jahrhundert, geschaffen von einer angesehenen Handwerkerfamilie aus Brüssel. Darauf ist er im Kreise seiner Familie zu sehen und, einer biblischen Bildergeschichte ähnelnd, die Schilderung seiner Pilgerfahrt ins Heilige Land. Staunend betrachten interessierte Besucher diese außergewöhnlichen Kostbarkeiten. Aber auch Kunsthistoriker wie Margit Vonhof-Habermayr freuen sich, dass sie über Jahrhunderte erhalten werden konnten.
    "Die sind im Schloss geblieben bis zum 19. Jahrhundert, wären dann weggekommen aufgrund von Versteigerungen. Wir hatten hier eine betuchte Kaufmannsfamilie, die Grassegger-Familie, die hat einige Stücke, die sonst in alle Winde zerstreut worden wären, dann aufgekauft. Und so haben wir diese Stücke noch vor Ort."
    1833 wurde der "Historische Verein" gegründet
    Bürgerschaftliches Engagement war in Neuburg schon immer sehr ausgeprägt und daran hat sich bis heute nichts geändert. Der älteste unter den zahlreichen Vereinen, die das kulturelle Leben der Stadt auf vielfältige Weise prägen, ist der "Historische Verein", der 1833 gegründet wurde. In dessen Besitz befinden sich die meisten Ausstellungsstücke, die im Stadtmuseum und im Schloss als Dauerleihgaben ausgestellt werden. Darunter auch eine monströse Weste, die einen Eindruck von der Leibesfülle Ottheinrichs vermittelt, der fast 200 Kilo gewogen haben soll und sich gerne auf einer Sänfte herumtragen ließ.
    "2,20 Meter Brustumfang, gestrickt aus Seide, sehr kostbar, ein persönliches Kleidungsstück unseres Fürsten Ottheinrich."
    Der kunstsinnige Monarch brachte aber nicht nur viel Glanz in die kleine Residenzstadt an der Donau, sondern verlangte seinen Untertanen auch einiges an Flexibilität ab. In Opposition zum katholischen München, der Hauptstadt des damaligen Herzogtums Bayern, führte Ottheinrich 1557 in seinem Einflussbereich den Protestantismus ein. Die Schlosskapelle ließ er mit einem entsprechenden Bildprogramm umgestalten und gab für die Bürger der Stadt den Bau einer großen neuen Kirche in Auftrag - als architektonisches Gegenstück zur Jesuitenkirche St. Michael in München: die Hofkirche.
    Die konnte allerdings erst 1608 fertiggestellt werden, fast ein halbes Jahrhundert nach seinem Tod. Und wurde dann – Ironie der Geschichte – von Fürst Wolfgang Wilhelm, einem seiner Nachfolger, in eine katholische Jesuitenkirche umgestaltet. Um der Bevölkerung diese erneute konfessionelle Kehrtwende schmackhaft zu machen, bestellte der Fürst bei Peter Paul Rubens ein riesiges dreiteiliges Altargemälde. Die beiden Flügel dieses imposanten Triptichons sind heute zusammen mit vielen weiteren herausragenden Werken flämischer Barockmalerei im Schloss zu besichtigen.
    "Rechts das Pfingstwunder und links die Anbetung des Kindes durch die Hirten. Wenn Sie jetzt diese Stele nach rechts schieben würden und diese nach links, ginge auch wunderbar das 'Jüngste Gericht' noch dazwischen", sagt Margit Vonhof-Habermayr mit spürbarem Bedauern. Denn es ist unwahrscheinlich, dass die Neuburger, die 1808 ihren Status als Fürstentum verloren haben, das fehlende mittlere Gemälde jemals wieder zurückbekommen werden.
    Damals haben die Münchner es sich unter den Nagel gerissen, und deshalb hängt das größte Bild, das Rubens je gemalt hat, nicht in Neuburg, wo es eigentlich hingehört, sondern seit 1836 im größten Saal der Alten Pinakothek in München. Ein Verlust, der für die kleine Stadt an der Donau aber zu verschmerzen sein dürfte. Denn auch so kann Neuburg mit einer beneidenswerten Fülle an Schätzen aufwarten, die es zu entdecken lohnt.