Silvia Engels: Wir blicken auf die Entwicklungs- und Aufbauhilfe in Südostasien. Mit Mohammed Yunus, dem 71-Jährigen aus Bangladesch, verbindet sich das Entwicklungskonzept der sogenannten Mikrokredite. Mit seiner Grameen Bank setzte er die Idee um, bedürftigen Menschen mit einer Geschäftsidee einen kleinen Betrag zu leihen, um die Anschaffung einer Kuh, eines Webstuhls oder eines anderen Werkzeugs zu finanzieren. Die Erträge aus der Arbeit sollen dem Empfänger ein besseres Leben und die langsame Rückzahlung des Kredits ermöglichen. Yunus erhielt dafür den Friedensnobelpreis, doch er liegt im Streit mit der Regierung. Zudem wurde er als Direktor seiner Bank abgesetzt. – Rupert Neudeck, der Gründer der Hilfsorganisation Grünhelme, ist zurzeit in Bangladesch, er hat Gespräche in der Grameen Bank geführt. Guten Tag, Herr Neudeck.
Rupert Neudeck: Guten Tag, Frau Engels!
Engels: Wie waren Ihre Eindrücke von diesen Gesprächen?
Neudeck: Die Eindrücke von den Gesprächen und noch mehr die Eindrücke von den Besuchen in den Dörfern, in denen ja das Entscheidende stattfindet dieser Grameen Bank, ist weiterhin der, dass es ein großer Erfolg ist. Es sind 8,3 Millionen Menschen allein hier in Bangladesch praktisch aus der Armut befreit worden. Das heißt, man muss das noch mal genauer sagen: Die haben sich selbst befreit. Das Entscheidende dieser ganz großen Initiative für die gesamte Dritte Welt, für Afrika, Asien, Lateinamerika bedeutet: Hier können Menschen mit wenig Anfangsmitteln, ohne Geschenkempfänger und Almosenempfänger zu sein, sie können es selbst schaffen und sie haben es zu großen Teilen hier in diesem Lande geschafft. Das war wirklich ein großartiger Eindruck, das bestätigt zu bekommen, dass es nicht so ist, dass diese Initiative in irgendeiner Weise gescheitert ist.
Engels: Wie funktioniert dieses Modell denn vor Ort?
Neudeck: Es ist weiterhin ganz eindeutig so, dass die Standards hier ansetzen bei den Dörfern im ländlichen Raum und nicht in den Städten. Das ist etwas, was in der gesamten Entwicklungspolitik seit 50 Jahren eigentlich versäumt und fehlgeschlagen ist. Und sie hat es noch geschafft, etwas zu tun, was wir für ein islamisches Land fast für unmöglich halten. Sie hat in der überwiegenden Mehrzahl Frauen aktiviert in den Dörfern. Die bekommen Unterstützung, indem sie einen Business Plan machen, und der muss auch genehmigt werden, und dann funktioniert dieses sehr, sehr gut eingefädelte System. Und ich muss auch noch mal sagen: Das Geld ist das eine. Das Zweite ist, dass in diesen Dörfern dann auch ein Gemeinschaftsleben stattfindet, das jede Woche sich ergänzt um eine in der Beratung in einem eigenen Raum, und es kommen eben Leute dorthin, die richtige Dorfbanker sind, wenn das Wort nicht für viele Zuhörer ein Widerspruch ist, die ihnen helfen. Das alles macht mir sehr viel Mut auch für die weitere Geltung dieser Mikrokredit-Initiative von Mohammed Yunus für die gesamte Welt in Afrika und auch in Lateinamerika.
Engels: Der Streit um die Führung der Grameen Bank hat aber auch dazu geführt, dass hier der Ruf etwas gelitten hat, auch dazu geführt, dass einzelne Kooperationen, die von der Bank mit deutschen Firmen geplant waren, die sich um faire Produktion und Handel drehen sollten, zunächst auf Eis gelegt werden sollten. Denken Sie, das wird wieder in Gang kommen?
Neudeck: Ja, da habe ich eigentlich große Hoffnung und auch Erwartung, denn der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel, ist hier gewesen zu einem Besuch am 22. Juni und hat sehr stark interveniert bei der Regierung. Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hat auch interveniert. Es sind also einige große Interventionen auch von außen hier, um dieses politische Kabale, das gegen Mohammed Yunus hier im Gange ist, zu unterbinden. Und ich glaube, das wäre für die Fortdauer der Initiative hier in Bangladesch und auch in anderen Staaten Asiens und Lateinamerikas sehr wichtig, weil wir haben kein wichtigeres, wertvolleres und effektiveres Instrument, mit dem Menschen aus der Armut sich selbst befreien können, es gibt noch kein anderes, und deshalb ist es so wichtig, dass wir darauf bestehen, dass Mohammed Yunus und diese Initiative weiter unbescholten hier arbeiten können.
Engels: Das ist jetzt seine neue Initiative von Mohammed Yunus. Wie passt das denn zusammen? Wie kann er denn jetzt arbeiten, auch sein Konzept der Mikrokredite weiterverfolgen, wenn nach wie vor keine Einigung mit der Führung der Grameen Bank und der Regierung besteht?
Neudeck: Ja wir haben die Hoffnung nach dem Kirchentag in Köln, wo er ja auch mit der deutschen Bundeskanzlerin gesprochen hat, dass er international noch stärker eingebunden werden kann in Initiativen, die zum Beispiel auch von der deutschen Bundesregierung und mit deutschem Budget-Geld finanziert werden. Wir hatten damals die Idee, die die Kanzlerin auch ganz gut aufgenommen hat, dass Yunus an der Spitze einer Mikrokredit-Bewegung diese in Afrika, in Afrikas Länder, wo es ja noch notwendiger ist, noch stärker macht. Das hätte auch den Vorteil, dass es eine Süd-Süd-Kooperation ist, die nur mit deutschem Geld finanziert wird. Also solche Initiativen müsste man jetzt mit ihm, mit Mohammed Yunus zusammen und auch mit der Grameen Bank, das heißt der Verwaltung, ausführlich besprechen, man müsste sie auch in Deutschland und in der EU besprechen. Dann, glaube ich, könnte aus dieser Initiative und aus der gegenwärtigen Sackgasse vielleicht sogar etwas entstehen, was diese Bewegung noch internationaler effektiv macht, als sie es bisher schon gewesen ist.
Engels: Rupert Neudeck, der Gründer der Hilfsorganisation Grünhelme. Wir haben ihn in Bangladesch erreicht, wo er Projekte, die mit Mikrokrediten gefördert wurden, besucht hat. Vielen Dank für das Gespräch.
Neudeck: Danke auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Rupert Neudeck: Guten Tag, Frau Engels!
Engels: Wie waren Ihre Eindrücke von diesen Gesprächen?
Neudeck: Die Eindrücke von den Gesprächen und noch mehr die Eindrücke von den Besuchen in den Dörfern, in denen ja das Entscheidende stattfindet dieser Grameen Bank, ist weiterhin der, dass es ein großer Erfolg ist. Es sind 8,3 Millionen Menschen allein hier in Bangladesch praktisch aus der Armut befreit worden. Das heißt, man muss das noch mal genauer sagen: Die haben sich selbst befreit. Das Entscheidende dieser ganz großen Initiative für die gesamte Dritte Welt, für Afrika, Asien, Lateinamerika bedeutet: Hier können Menschen mit wenig Anfangsmitteln, ohne Geschenkempfänger und Almosenempfänger zu sein, sie können es selbst schaffen und sie haben es zu großen Teilen hier in diesem Lande geschafft. Das war wirklich ein großartiger Eindruck, das bestätigt zu bekommen, dass es nicht so ist, dass diese Initiative in irgendeiner Weise gescheitert ist.
Engels: Wie funktioniert dieses Modell denn vor Ort?
Neudeck: Es ist weiterhin ganz eindeutig so, dass die Standards hier ansetzen bei den Dörfern im ländlichen Raum und nicht in den Städten. Das ist etwas, was in der gesamten Entwicklungspolitik seit 50 Jahren eigentlich versäumt und fehlgeschlagen ist. Und sie hat es noch geschafft, etwas zu tun, was wir für ein islamisches Land fast für unmöglich halten. Sie hat in der überwiegenden Mehrzahl Frauen aktiviert in den Dörfern. Die bekommen Unterstützung, indem sie einen Business Plan machen, und der muss auch genehmigt werden, und dann funktioniert dieses sehr, sehr gut eingefädelte System. Und ich muss auch noch mal sagen: Das Geld ist das eine. Das Zweite ist, dass in diesen Dörfern dann auch ein Gemeinschaftsleben stattfindet, das jede Woche sich ergänzt um eine in der Beratung in einem eigenen Raum, und es kommen eben Leute dorthin, die richtige Dorfbanker sind, wenn das Wort nicht für viele Zuhörer ein Widerspruch ist, die ihnen helfen. Das alles macht mir sehr viel Mut auch für die weitere Geltung dieser Mikrokredit-Initiative von Mohammed Yunus für die gesamte Welt in Afrika und auch in Lateinamerika.
Engels: Der Streit um die Führung der Grameen Bank hat aber auch dazu geführt, dass hier der Ruf etwas gelitten hat, auch dazu geführt, dass einzelne Kooperationen, die von der Bank mit deutschen Firmen geplant waren, die sich um faire Produktion und Handel drehen sollten, zunächst auf Eis gelegt werden sollten. Denken Sie, das wird wieder in Gang kommen?
Neudeck: Ja, da habe ich eigentlich große Hoffnung und auch Erwartung, denn der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Dirk Niebel, ist hier gewesen zu einem Besuch am 22. Juni und hat sehr stark interveniert bei der Regierung. Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hat auch interveniert. Es sind also einige große Interventionen auch von außen hier, um dieses politische Kabale, das gegen Mohammed Yunus hier im Gange ist, zu unterbinden. Und ich glaube, das wäre für die Fortdauer der Initiative hier in Bangladesch und auch in anderen Staaten Asiens und Lateinamerikas sehr wichtig, weil wir haben kein wichtigeres, wertvolleres und effektiveres Instrument, mit dem Menschen aus der Armut sich selbst befreien können, es gibt noch kein anderes, und deshalb ist es so wichtig, dass wir darauf bestehen, dass Mohammed Yunus und diese Initiative weiter unbescholten hier arbeiten können.
Engels: Das ist jetzt seine neue Initiative von Mohammed Yunus. Wie passt das denn zusammen? Wie kann er denn jetzt arbeiten, auch sein Konzept der Mikrokredite weiterverfolgen, wenn nach wie vor keine Einigung mit der Führung der Grameen Bank und der Regierung besteht?
Neudeck: Ja wir haben die Hoffnung nach dem Kirchentag in Köln, wo er ja auch mit der deutschen Bundeskanzlerin gesprochen hat, dass er international noch stärker eingebunden werden kann in Initiativen, die zum Beispiel auch von der deutschen Bundesregierung und mit deutschem Budget-Geld finanziert werden. Wir hatten damals die Idee, die die Kanzlerin auch ganz gut aufgenommen hat, dass Yunus an der Spitze einer Mikrokredit-Bewegung diese in Afrika, in Afrikas Länder, wo es ja noch notwendiger ist, noch stärker macht. Das hätte auch den Vorteil, dass es eine Süd-Süd-Kooperation ist, die nur mit deutschem Geld finanziert wird. Also solche Initiativen müsste man jetzt mit ihm, mit Mohammed Yunus zusammen und auch mit der Grameen Bank, das heißt der Verwaltung, ausführlich besprechen, man müsste sie auch in Deutschland und in der EU besprechen. Dann, glaube ich, könnte aus dieser Initiative und aus der gegenwärtigen Sackgasse vielleicht sogar etwas entstehen, was diese Bewegung noch internationaler effektiv macht, als sie es bisher schon gewesen ist.
Engels: Rupert Neudeck, der Gründer der Hilfsorganisation Grünhelme. Wir haben ihn in Bangladesch erreicht, wo er Projekte, die mit Mikrokrediten gefördert wurden, besucht hat. Vielen Dank für das Gespräch.
Neudeck: Danke auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.