Dirk Müller: Ein einst zerrissenes Land versucht, politisch und wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen, stabiler zu werden: Ruanda. Der Völkermord der Hutu an den Tutsi liegt jetzt 18 Jahre zurück, seitdem versucht die Regierung in Kigali, offiziell zumindest, beide Volksgruppen miteinander zu versöhnen. Dennoch: Ruanda zählt immer noch zu den ärmsten Ländern des Kontinents. Rupert Neudeck von der Hilfsorganisation der "Grünhelme" ist seit einigen Tagen im Südosten Afrikas. Guten Morgen!
Rupert Neudeck: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Neudeck, sprechen wir über Ihre Eindrücke. Kommt Ruanda voran?
Neudeck: Wirtschaftlich kann man sagen, dass das Land sehr gut vorankommt. Es hat jetzt aufgeschlossen zu den drei großen afrikanischen Ländern, die in den Berichten der Weltbank immer als die erfolgreichen dargestellt wurden. Das war Mauritius, das war Botswana und das war Südafrika. Ruanda schließt jetzt auf und hat große Erfolge bei der Bekämpfung der Armut im Lande. Es gibt ein großes Programm für 350.000 Familien, denen eine Kuh gegeben wird in einem Programm der Regierung. Es wird hier versucht, die Energieversorgung des Landes, also eine der großen Voraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklung, so zu verbessern, dadurch auch, dass aus dem Kiwusee die Methangas-Entwicklung so gefördert wird, dass das Land nicht nur mit 14 Prozent der Haushalte mit Strom versorgt wird, sondern möglichst mit 60, 70 Prozent. Also Ruanda spielt in all diesen Fragen eine führende Rolle im Südosten Afrikas und ich glaube, das kann es sich auf seine Agenda schreiben. Politisch ist das allerdings noch nicht alles so gut geregelt, wie wir das im Westen gerne möchten.
Müller: Was meinen Sie damit, politisch ist es noch nicht auf einem guten Weg?
Neudeck: Das hat damit zu tun, dass das Land natürlich noch in einer Starre ist aufgrund des Völkermords. Sie haben das ja eben erwähnt. Es ist wahrscheinlich das Experiment, dass wir auf der Welt noch nicht gemacht haben, dass ein Genozid, also ein furchtbarer Mord durch Zerhacken von über einer Million Tutsis und versöhnungsbereiten Hutus, dass das im Lande selbst geregelt werden soll, ohne dass man ein Großteil der Bevölkerung aus dem Lande herausschiebt. Das ist ein gewaltiges Experiment, was hier geschieht, und man weiß noch nicht, ob es gelingt. Die Regierung versucht, das Bewusstsein der Ruander zu schärfen, Ruander zu sein, das heißt ein gemeinsames Volk. Das kann auch gelingen, weil wir mittlerweile über die Ethnologie wissen, dass es gar keine richtigen zwei Völker gibt, die Hutus und die Tutsis, sondern das war eher das, was wir marxistisch Klassen nennen, und deshalb könnte es auch gelingen. Es könnte auch deshalb gelingen, weil ich hier mittlerweile einen ersten Versuch eines Witzes mitbekommen habe. Es wird hier erzählt, dass eine Hutu-Frau gesagt hat, unser Präsident Kagame hat ganz viel für das Land getan und wir lieben ihn und wir mögen ihn, schade nur, dass er ein Tutsi ist. Also so weit geht hier schon das öffentliche Gespräch darüber.
Müller: Sie versuchen, Rupert Neudeck, mit den Grünhelmen Entwicklungshilfe zu leisten, Entwicklungshilfe im Kleinen. Was machen Sie genau?
Neudeck: Wir haben das Wichtigste angefangen, was in diesem Lande wie in anderen afrikanischen Ländern das Allerwichtigste ist, damit die jungen Menschen Arbeitsplätze bekommen: Das ist Berufsausbildung. Die jungen Leute brauchen nicht unbedingt und in erster Linie Universitätsausbildung, was sie dann meist austreibt nach Amerika oder Kanada oder Europa, sondern sie müssen ausgebildet werden in Berufen wie Bauingenieure, wie Elektrotechniker, Solaringenieure. Solarenergie spielt hier eine große Rolle. Das haben wir versucht, hier in einem Zentrum, was in der Nähe ist von dem Platz, von dem aus ich mit Ihnen telefoniere. Wir haben eine große Modellschule für Solartechniker-Ausbildung entwickelt und ich glaube, das ist das, was das Land wirklich braucht, und deshalb ist es auch nötig, dass wir diese Versuche weiter fortsetzen.
Müller: Wir haben nicht mehr viel Zeit, Herr Neudeck. Ich möchte das trotzdem noch fragen. Die Zusammenarbeit bei diesen Projekten mit den Behörden funktioniert?
Neudeck: Sie funktioniert viel besser als in vergleichbaren anderen afrikanischen Ländern, die ich in den letzten 30 Jahren kennengelernt habe. Ich kann mich über diese Zusammenarbeit nicht beklagen.
Müller: Bei uns heute Morgen live aus Ruanda Rupert Neudeck von der Hilfsorganisation der "Grünhelme". Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Rupert Neudeck: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Neudeck, sprechen wir über Ihre Eindrücke. Kommt Ruanda voran?
Neudeck: Wirtschaftlich kann man sagen, dass das Land sehr gut vorankommt. Es hat jetzt aufgeschlossen zu den drei großen afrikanischen Ländern, die in den Berichten der Weltbank immer als die erfolgreichen dargestellt wurden. Das war Mauritius, das war Botswana und das war Südafrika. Ruanda schließt jetzt auf und hat große Erfolge bei der Bekämpfung der Armut im Lande. Es gibt ein großes Programm für 350.000 Familien, denen eine Kuh gegeben wird in einem Programm der Regierung. Es wird hier versucht, die Energieversorgung des Landes, also eine der großen Voraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklung, so zu verbessern, dadurch auch, dass aus dem Kiwusee die Methangas-Entwicklung so gefördert wird, dass das Land nicht nur mit 14 Prozent der Haushalte mit Strom versorgt wird, sondern möglichst mit 60, 70 Prozent. Also Ruanda spielt in all diesen Fragen eine führende Rolle im Südosten Afrikas und ich glaube, das kann es sich auf seine Agenda schreiben. Politisch ist das allerdings noch nicht alles so gut geregelt, wie wir das im Westen gerne möchten.
Müller: Was meinen Sie damit, politisch ist es noch nicht auf einem guten Weg?
Neudeck: Das hat damit zu tun, dass das Land natürlich noch in einer Starre ist aufgrund des Völkermords. Sie haben das ja eben erwähnt. Es ist wahrscheinlich das Experiment, dass wir auf der Welt noch nicht gemacht haben, dass ein Genozid, also ein furchtbarer Mord durch Zerhacken von über einer Million Tutsis und versöhnungsbereiten Hutus, dass das im Lande selbst geregelt werden soll, ohne dass man ein Großteil der Bevölkerung aus dem Lande herausschiebt. Das ist ein gewaltiges Experiment, was hier geschieht, und man weiß noch nicht, ob es gelingt. Die Regierung versucht, das Bewusstsein der Ruander zu schärfen, Ruander zu sein, das heißt ein gemeinsames Volk. Das kann auch gelingen, weil wir mittlerweile über die Ethnologie wissen, dass es gar keine richtigen zwei Völker gibt, die Hutus und die Tutsis, sondern das war eher das, was wir marxistisch Klassen nennen, und deshalb könnte es auch gelingen. Es könnte auch deshalb gelingen, weil ich hier mittlerweile einen ersten Versuch eines Witzes mitbekommen habe. Es wird hier erzählt, dass eine Hutu-Frau gesagt hat, unser Präsident Kagame hat ganz viel für das Land getan und wir lieben ihn und wir mögen ihn, schade nur, dass er ein Tutsi ist. Also so weit geht hier schon das öffentliche Gespräch darüber.
Müller: Sie versuchen, Rupert Neudeck, mit den Grünhelmen Entwicklungshilfe zu leisten, Entwicklungshilfe im Kleinen. Was machen Sie genau?
Neudeck: Wir haben das Wichtigste angefangen, was in diesem Lande wie in anderen afrikanischen Ländern das Allerwichtigste ist, damit die jungen Menschen Arbeitsplätze bekommen: Das ist Berufsausbildung. Die jungen Leute brauchen nicht unbedingt und in erster Linie Universitätsausbildung, was sie dann meist austreibt nach Amerika oder Kanada oder Europa, sondern sie müssen ausgebildet werden in Berufen wie Bauingenieure, wie Elektrotechniker, Solaringenieure. Solarenergie spielt hier eine große Rolle. Das haben wir versucht, hier in einem Zentrum, was in der Nähe ist von dem Platz, von dem aus ich mit Ihnen telefoniere. Wir haben eine große Modellschule für Solartechniker-Ausbildung entwickelt und ich glaube, das ist das, was das Land wirklich braucht, und deshalb ist es auch nötig, dass wir diese Versuche weiter fortsetzen.
Müller: Wir haben nicht mehr viel Zeit, Herr Neudeck. Ich möchte das trotzdem noch fragen. Die Zusammenarbeit bei diesen Projekten mit den Behörden funktioniert?
Neudeck: Sie funktioniert viel besser als in vergleichbaren anderen afrikanischen Ländern, die ich in den letzten 30 Jahren kennengelernt habe. Ich kann mich über diese Zusammenarbeit nicht beklagen.
Müller: Bei uns heute Morgen live aus Ruanda Rupert Neudeck von der Hilfsorganisation der "Grünhelme". Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.