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Neue ARD-Programmdirektorin
Interessenkonflikte bei Christine Strobl?

Im kommenden Jahr soll Christine Strobl Programmdirektorin der ARD werden. Kritiker sehen jedoch Interessenkonflikte im neuen Amt. Denn Strobl ist nicht nur CDU-Mitglied, sondern auch Tochter von Wolfgang Schäuble und mit dem Innenminister von Baden-Württemberg verheiratet.

Von Daniel Bouhs |
Die Geschäftsführerin von ARD Degeto, Christine Strobl, im Porträt vor einer blauen Wand mit dem Logo "Das Erste".
Christine Strobl soll neue ARD-Programmdirektorin werden (imago/ Malte Ossowski/Sven Simon)
Christine Strobl ist durchaus bewusst, dass nicht alles gehen sollte, was gehen könnte. Vor einem Jahr war sie als Intendantin des SWR im Gespräch, ihrem Heimatsender. Doch Intendantin werden, das sei nicht vereinbar mit der Tätigkeit ihres Mannes. Denn Thomas Strobl ist baden-württembergischer Innenminister und Landesvorsitzender der CDU.
"Ich beobachte Politik gerne, ich habe auch wahnsinnig viele Gedanken dazu, aber ich will es nicht selber gestalten", sagte die 49-Jährige im Juli. Ein Moderator im ersten Radioprogramm ihres Heimatsenders SWR sprach sie darauf an, dass sie selbst früh in die Junge Union eingetreten sei.
"Ich bin ein Fan der Demokratie und glaube, dass Menschen sich in Parteien engagieren müssen und auch für diesen Staat engagieren müssen und habe aber für mich entschieden, dass ich das mit einer Parteimitgliedschaft – das stimmt – tue, aber darüber hinaus nicht. Und insofern fühle ich mich damit auch sehr wohl."
Zweifel an der Unabhängigkeit
Das stimmt aber nicht alle Zweifler leise. Seit bekannt ist, dass Strobl im Frühjahr Programmdirektorin der ARD wird, artikuliert sich auch Unverständnis. Vieles davon kommt klar aus einer politischen Ecke: Die AfD ruft "Staatsfunk" und sieht sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk doch gesteuert sei – nicht zuletzt, weil Strobls Vater, Wolfgang Schäuble, sogar Bundesinnenminister war, Vorsitzender der CDU und nun Bundestagspräsident ist. Aber auch andere stellen Fragen. Ob sie sich nicht "im Zweifel", vielleicht auch "subtil" doch im Sinne ihrer Partei oder Familie entscheiden werde.
"Sie wird da vermutlich so häufig nach gefragt wie Intendanten nach ihren Gehältern", sagt Tom Buhrow, der Vorsitzende der ARD. Er hat mit den übrigen acht Intendantinnen und Intendanten – und in Abstimmung mit den Gremien – entschieden, dass Strobl den prominenten Posten bekommt. Buhrow sagt, Strobl habe nie erkennen lassen, in welchem politischen Umfeld sie aufgewachsen sei.
"Im Übrigen ist bei den – das kenne ich nun als Journalist, weil ich lange mein Berufsleben in Informationssendern für die ARD tätig war – ist es so, dass doch da die redaktionelle Hoheit für die Sendung bei den Redaktionen liegt. Wenn 'Tagesschau' oder 'Tagesthemen' gemacht werden, dann sagt doch der Programmdirektor oder die Programmdirektorin nichts dazu."
Degeto aus der Krise geführt
Auch rbb-Intendantin Patricia Schlesinger will auf Strobl nichts kommen lassen. Sie habe die Juristin vor allem kennen und schätzen gelernt, seit sie vor acht Jahren die Degeto übernommen hat, die Tochtergesellschaft der ARD für Filme und Serien. Die Degeto war in der Krise, vor allem finanziell. Strobl habe sie da rausgeführt und neu ausgerichtet. Mit Produktionen wie "Babylon Berlin" habe sie der ARD im Ersten, aber auch im Netz Erfolge beschert.
"Die ARD ist doch nie eine One-Woman-Show, egal, wer da an der Spitze sitzt." Schlesinger sagt, die aufwändige Struktur der ARD – bisweilen ein Nachteil – schütze in diesem Fall: "Das heißt, wir haben Chefredakteure in jedem Haus, neun Chefredakteure. Wir haben einen ARD-Chefredakteur. Das heißt, Entscheidungen werden bei uns nie ganz allein getroffen, nie unkontrolliert getroffen. Wir sind ein öffentlich-rechtliches System. Ein Durchregieren ist, glaube ich, überhaupt nichts, was man mit Frau Strobl in Verbindung bringen kann – erstens. Und zweitens lässt unser System so was gar nicht zu."
"Persönliche Haltung hat im Job nichts zu suchen"
Strobl selbst bezieht ebenfalls nach Bekanntgabe ihrer Personalie Stellung - auf die Frage, wie sie um Vertrauen dafür werben kann, dass ihre politischen Interessen nicht das Programm beeinflussen: "Ich glaube, das ist relativ klar und eindeutig zu beantworten: Das eine ist eine private und persönliche Haltung, und die hat genau da zu bleiben, wo sie ist, und hat im Job nichts zu suchen. Und insofern werde ich genauso das auch in Zukunft handhaben. Und ich glaube, ich habe auch in der Vergangenheit gezeigt, dass man damit professionell umgehen kann."
Kritiker sagen allerdings: Anders als jetzt bei der Degeto und früher beim SWR, wo sie erst die Kinder- und Jugendprogramme und dann die Fernsehfilme verantwortet hat, wird sie künftig für alle Genres zuständig sein. Es wird also auf die verteilte Verantwortung in der ARD ankommen und auf die Trennung der Aufgaben mit dem ARD-Chefredakteur. Ihr Vorgänger Volker Herres, früher Chefredakteur des NDR, löst zudem ein weiteres Problem: Dem "Presseclub", den er auch als Programmdirektor der ARD moderiert, bleibt er treu – und nimmt Strobl so eine Aufgabe ab.