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Neue Aufpasser

Europa will seine Bankenbranche stabiler machen - mit einer mächtigen Bankenaufsicht, einem Abwicklungsfonds und einer gemeinsamen Einlagensicherung. Doch nicht nur in Berlin regt sich Widerstand, auch in Frankfurt fürchtet man die neue Bankenunion.

Von Michael Braun |
    "Die Einlagen sind sicher". So prangt es morgen in ganzseitigen Zeitungsanzeigen – als ob irgendwer etwas anderes behauptet hätte. Das nicht. Aber die Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland haben die Anzeigenkampagne über ihre Spitzenverbände lanciert, weil sie fürchten, mit der gemeinsamen Bankenaufsicht werde auch eine Bankenunion kommen. Und dann, so etwa Uwe Fröhlich, der Präsident des Bundesverbandes deutscher Volks- und Raffeisenbanken, dann sei es vorbei mit dem bisherigen Schutzniveau für deutsche Sparer:

    "Wir haben leider keinerlei Einfluss auf Geschäftsmodelle von Banken in anderen Ländern. Und an dieser Stelle muss verhindert werden, dass mit dem Geld der deutschen Genossenschaftsbanken oder mit dem Geld der deutschen Sparkassen Banken in anderen Ländern saniert werden."

    Ähnlich der Präsident des Sparkassenverbandes, Georg Fahrenschon. "Bankenunion bedeutet Griff in fremde Kassen", ließ er heute wissen. Schon vorige Woche hatte er sich massiv darüber beschwert, dass Einlagen kleiner Sparer womöglich für misslungene Geschäfte von Großbanken einstehen sollen. Und dass die Europäische Zentralbank alle 6000 Banken in der Eurozone beaufsichtigen solle, wollte ihm auch nicht in den Kopf:

    "Mir hat noch niemand erklären können, weshalb es die Bewahrung der Systemstabilität in Europa notwendig macht, dass sich statt der Bundesbank und der BaFin die EZB mit der Sparkasse Westmünsterland, der Volksbank Paderborn-Höxter-Detmold oder der Fürst Castell'schen Bank in Würzburg beschäftigt."

    Der Verband der privaten Geschäftsbanken findet es dagegen richtig, dass die EZB die Verantwortung für alle Kreditinstitute im Euroraum erhalte. Ein Argument: Wenn Deutschland Sonderwünsche habe, wollten andere das auch. Und dann, so kürzlich Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitschen, komme nie was Vernünftiges heraus:

    "Es bedeutet nur, dass wir nicht den Verdacht haben dürfen, dass eine solche Entwicklung dazu führt, dass wir den geringst möglichen Nenner als den Maßstab für zukünftige Regulierung sehen. Das wäre das, was wir nicht haben wollen."

    Zudem, so heute der Bankenverband, wäre "eine Differenzierung zwischen vermeintlich systemrelevanten und nicht systemrelevanten Instituten nicht sachgerecht". Die privaten Banken erinnern gern daran, dass in Deutschland die relativ kleine, zudem maßgeblich in staatlichem Besitz befindliche IKB die Finanzkrise ausgelöst hatte, dazu auch einige, eng mit dem Sparkassensektor verbundene Landesbanken.

    Die Bundesregierung steht noch auf Seiten der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie spielt auch ein wenig auf Zeit. Das neue Aufsichtssystem soll bereits Anfang 2013 stehen. Kurzfristig könne die
    EZB nicht alle Banken kontrollieren, mahnte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble heute. Für Banken, die nicht gefährlich für das Ganze Finanzsystem seien, sollten weiterhin nationale Behörden wie Bundesbank und BaFin zuständig bleiben. Es gehe um Qualität der Überwachung und nicht allein um Quantität, sagte die Bundeskanzlerin.