Das sind neue Töne aus dem unionsgeführten Bundesbildungsministerium. Vorgängerin Johanna Wanka hatte sich immer gegen eine Aufweichung des Kooperationsverbots im Schulbereich gestemmt - jetzt drängt Anja Karliczek in ihrer Regierungserklärung im Bundestag auf eine schnelle Grundgesetzänderung noch vor der Sommerpause, damit Bund und Länder den Digitalpakt für die Schulen möglichst schnell auf den Weg bringen können.
"Mit dem Koalitionsvertrag schlagen wir ein neues Kapitel im deutschen Bildungsföderalismus auf. Ja, wir wollen stärker in die Zukunft von jungen Menschen investieren. Und ja, in allen Regionen Deutschlands. Und dazu müssen wir das Grundgesetz ändern. Und das hat jetzt Priorität. Aber dafür brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit hier im Bundestag und im Bundesrat. Es geht also nur gemeinsam."
Fünf Milliarden Euro - das hatte bereits Johanna Wanka angekündigt, dann aber auf nach den Wahlen verschoben - will der Bund für die digitale Ausstattung der Schulen bereitstellen, davon 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode.
"Wir wollen den Digitalpakt, und wir wollen ihn schnell"
Für die Grundgesetzänderung, die vor allem die SPD jahrelang gefordert hatte, braucht die Große Koalition allerdings die Opposition und die Länder. Ziel ist es, die 40.000 Schulen in Deutschland mit schnellem Internet und zeitgemäßer IT-Ausstattung zu versorgen.
Allerdings, betonte Karliczek: "Moderne Lehrmethoden sind neue Chancen, unsere Kinder auch individuell zu fördern. Dabei ist eine zeitgemäße Infrastruktur das eine. Qualifizierung der Lehrkräfte, gute Bildungsangebote, verlässliche Wartung und Datensicherheit das andere. Aber dafür sind die Länder verantwortlich, und das müssen sie und garantieren!"
Auch Oliver Kazcmarek, bildungspolitischer Sprecher der SPD, will eine zügige Umsetzung des Digitalpakts.
"Wir wollen den Digitalpakt, und wir wollen ihn schnell, denn die Vorarbeiten, die sind bereits erledigt, und wir müssen uns jetzt daran machen, das uneingelöste Versprechen Ihrer Vorgängerin endlich einzulösen.
FDP fordert Finanzierung einer umfassenden Modernisierung
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding äußerte sich skeptisch, ob die Gelder am Ende tatsächlich fließen werden. Sie forderte einen weitergehenden Abbau des Föderalismus im Bildungswesen.
"Unsere Schüler stehen im globalen Wettbewerb. Es reicht längst nicht aus, dass der Bund in Beton und Kabel investieren darf, er muss Köpfe und Konzepte und damit eine umfassenden Modernisierung unseres Bildungssystems finanzieren dürfen. Bildung ist die soziale Frage in unserem Land, packen wir sie an."
Ähnlich Götz Frömming, bildungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Was Deutschlands Schulen vor allem bräuchten, kritisierte er, ließe sich auch ohne aufwendige empirische Studien ermitteln.
"Wir brauchen gut ausgebildete und gut entlohnte Lehrer in ausreichender Zahl, wir brauchen ein klar gegliedertes Schulsystem, kleinere Klassen, sanierte Gebäude, dann noch Lehr- und Lernmittel, gern auch Smartboards und PCs, aber dann bitte auch das Personal, das sie wartet, das wird nämlich dann meistens vergessen."
"Keine Einheitslösung" bei Ganztagsschulen
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek kündigte an, mit Hilfe der Grundgesetzänderung eine neue Bildungsoffensive starten zu wollen, "die auch finanziell eine neue Dimension" erreichen werde. Dazu gehöre auch der Ausbau von Ganztagsschulen, in das die Bundesregierung zwei Milliarden Euro stecken wolle.
Dabei gehe es um mehr als nur um Betreuung, kündigte sie an: Ganztagsschulen seien für sie eine Frage der Chancengerechtigkeit, um jedes Kind individuell fördern zu können.
Mit Blick auf die Bundesländer, die auf diesem Wege eine Einmischung des Bundes in ihr Schulsystem fürchten, sagte sie: "Dabei ist mir besonders wichtig, jede Lösung muss den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen vor Ort entsprechen. Keine Einheitslösung, sondern vielfältige Möglichkeiten. Und diese Überzeugung wird mich bei meinen Gesprächen mit den Ländern und Kommunen leiten."
Noch nichts Konkretes in Sachen BAföG
Nicht erwähnt wurde von Karliczek der geplante Nationale Bildungsrat - und auch das BAföG spielte nur insofern eine Rolle, als sie ankündigte, dass bei einer BAföG-Erhöhung für Studierende auch das Aufstiegs-BAföG für Ausbildungsberufe steigen müsse. Zuvor hatte Karlizcek in einem Interview erklärt, bevor das BAföG angehoben werde, müssten erst die Zahlen genau geprüft werden.
Das Studentenwerk sieht beim BAföG großen Handlungsbedarf - die Zahl der BAföG-Empfänger befinde sich mit 18 Prozent auf einem historischen Tiefststand. Den Hochschulen und Forschungseinrichtungen versicherte die Ministerin, alle Wissenschaftspakte, die in dieser Wahlperiode auslaufen, würden neu aufgelegt werden.
Die Linksfraktion forderte die Bundesregierung auf, sich stärker für Hierarchie-Abbau und bessere Bezahlung der Nachwuchswissenschaftler an den Hochschulen einzusetzen. Der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring erklärte, die bildungspolitischen Pläne der Großen Koalition seien uninspiriert und nicht zukunftstauglich.