Die Mischung macht's - und was die 17 Hippies zum Auftakt ihrer Tournee mit neuem Album in Potsdam ablieferten, kann man mit Fug und Recht Berliner Mischung nennen: Arbeit, Freizeit, Wohnen - alles an einem Ort. Denn diese Band ist auf der Bühne zuhause; der Beruf ist zugleich Hobby; und die Bude voller tanzender Gäste sowieso. Zur Klarstellung: 17 waren es nie, und wie Hippies sehen sie auch nicht aus. Der erste Proberaum 1995 entsprach da schon eher dem Klischee: ein Keller im Tempelhofer Flughafen - genau! Der Flughafen, den die Berliner gerade per Volksabstimmung vor dem Verhökern gerettet haben - auch irgendwie Hippie, oder?
Berlin und die 17 Hippies gehören einfach zusammen, oft wurde ihre Klabautermusik auch Berlin-Style genannt. Der Bandname? Geschenkt. Wie er zustande kam, weiß niemand mehr. Für Kiki Sauer und Christopher Blenkinsop, die letzten verbliebenen Gründungsmitglieder, hätte es auch ein beliebiger anderer gewesen sein können.
"14 Klappstühle, 39 kleine Zirkuszelte. Gibt ja so Gebrauchsanweisungen: Man braucht eine Behinderung, zum Beispiel 'Blind', und eine Frucht, 'Lemon', und einen Namen eines amerikanischen Präsidenten, 'Jefferson', 'Blind Lemon Jefferson', so etwas gibt's zum Beispiel."
Namen, so sagt man, sind ohnehin nur Rauch. Die 17 Hippies kümmerten sich darum lieber um den Schall.
"Also wir sind nicht in dem Sinne eine Friede-Freude-Eierkuchen-harmonische-Band, sondern wir setzen uns auch gerne auseinander, was ich aber das A und O finde, ich glaube, wenn das nicht wäre, dann weiß ich gar nicht, warum man Kunst eigentlich macht."
Neues Album "Biester"
"Biester" heißt das neue Album der 17 Hippies und ist eine adäquate Antwort auf die Frage, warum man Kunst eigentlich macht. Schon die Verpackung mit den farbenfrohen Fabelwesen, den Biestern, ist bezaubernd, ein Design-Professor hat sie entworfen.
"Biester passt gut zu uns. Jedes Tier hat eine Gestalt und es besteht aus vielen Tieren, und ich empfinde die 17 Hippies eigentlich genau so. Wir sind wie ein Wesen oder wie eine Gestalt und sind aber zusammengesetzt aus so vielen verschiedenen Biestern wirklich, weil: Jeder Charakter bei uns ist so stark, die geben dem Ganzen noch so den Biss. Unsere Musik ist auch so ein bisschen so, weil wir sind eigentlich zusammengesetzt und suchen uns ja auch Dinge aus verschiedenen Einflüssen und setzen das so zusammen, bis es eine Gestalt bekommt, ein Song."
Und ein Album, in diesem Fall: "Biester", das - natürlich! - ganz anders geworden ist als geplant. Alles andere hätte auch überrascht.
"Ursprünglich wollten wir ein Album machen ... nur Instrumentalstücke von Stücken, die man überhaupt nicht mit uns assoziieren würde. Daher kommt dieses Stück von Bill Laswell, ein Stück von Frank Zappa, ein Stück von Dickie Betts von Allman Brothers. Und eigentlich dachten wir, wir machen ein ganzes Album voll von solchen Dingen, wo man sagen würde, Jesus, was ist das denn? Gleichzeitig haben wir von unserer letzten Mexiko-Tournee so viele Inspirationen mitgebracht, das war so ein zweites Ding. Also relativ viele Stücke kommen so aus dem Umfeld."
"Biester" ist ein scheinbar wahllos buntes, tanzbares Konglomerat aus Einflüssen von gefühlt 17 Zeitzonen. Und als seien zwölf starke Charaktere – so viele Mitglieder hat die Band wirklich – nicht genug, spielt auf jedem Lied auch noch ein eigener Perkussionist, nebst etlichen weiteren Gästen.
"Wir sind ja die letzten zehn, zwölf Jahre unglaublich viel gereist. Jetzt waren wir auch mal viel hier dieses Jahr, es war auch mal echt schön, Zuhause zu sein, und von daher haben wir uns auch ein bisschen die Welt nach Hause geholt. Gilad Reichenthal kommt aus Israel, Aly Keita am Balafon kommt aus der Elfenbeinküste, die leben alle in Berlin, Copa kommt aus Guinea, Pauline kommt aus Amerika. Von daher war es so ein bisschen 'Die Welt bei einem Zuhause'. Also, hatte was."
Made by 17 Hippies
Die Welt zu Gast bei Freunden, das kennt man - ist ja bald wieder aktuell. Aus der Spaßtruppe 17 Hippies ist längst ein seriöses Unternehmen geworden. Eigene Plattenfirma, eigenes Tonstudio, eigener Verlag; selbst Management oder Internet-Auftritt sind "Made by 17 Hippies". Mit dieser Eigenständigkeit will man auch der zunehmenden Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche trotzen - soviel Hippie darf dann doch sein. Oder nennen wir es Berliner Mischung?