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Deutscher Olympischer Sportbund
Neuanfang mit personellem Umbruch

Neuer Präsident und ein vollständig neu besetztes Präsidium - so soll dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) der Neuanfang gelingen: Thomas Weikert, der ehemalige Präsident des Welt-Tischtennis-Verband, wurde mit großem Abstand auf seine Gegenkandidatin Claudia Bokel zum neuen Präsidenten gewählt.

Verena Bentele und Andrea Schültke im Gespräch mit Maximilian Rieger | 04.12.2021
Der Präsident der "International Table Tennis Federation" (ITTF), Thomas Weikert.
Thomas Weikert ist neuer DOSB-Präsident. (dpa/picture alliance/ Sven Hoppe)
Im Präsidium des DOSB ist nach der Mitgliederversammlung niemand mehr, der es auch vor der Wahl war. Präsident Thomas Weikert löst Alfons Hörmann ab. Weikert erhielt 361 Stimmen, Claudia Bokel nur 56. Bokel war im Gegensatz zu Weikert in Weimar nur per Video zugeschaltet. Sie ist Präsidentin des Deutschen Fechter-Bundes. Bokel hatte im Wahlkampf zunächst ihre Unterstützung für Weikert verkündet, sich später dann aber selbst zur Wahl gestellt.

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Von der Versammlung gehe wirklich das Signal eines Aufbruchs aus, sagt Andrea Schültke, die als Reporterin die Versammlung online beobachtete. Weikert hatte den Neuanfang in seiner Bewerbungsrede skizziert:

Wir müssen einen modernen, glaubwürdigen und integeren DOSB bauen. Einen Verband, dem die Menschen in Deutschland wieder vertrauen können.

Eine neue Vizepräsidentin ist Verena Bentele, vielfache Biathlon- und Langlauf-Paralympics-Siegerin. Sie benennt die Ziele im Interview im Dlf so:

Für große Offenheit, Vertrauen und Mut zu stehen, dass finde ich wirklich entscheidend. Dass man mit den Sportlerinnen und Sportlern, den Verbänden und Gruppen in Deutschland, aber natürlich auch mit den DOSB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Gespräch sucht und sich anhört, wo auch deren Sorgen, Ängste und Nöte sind. Damit man dann gemeinsam Wege suchen kann, um den Sport in Deutschland nach vorne zu bringen.

Junges Präsidium

Als wichtige Themen nennt Bentele, dass Sport auch in der Pandemie stattfinden müsse und Bemühungen um die Inklusion im Sport wie etwa barrierefrei Sportstätten.
Bei der Versammlung sei besonders die Wahl des weiteren Präsidiums für sie bemerkenswert gewesen und zeige den Aufbruchsgedanken, sagt Schültke: Weikert selbst ist gerade 60 geworden und damit noch nicht besonders alt. Der Rest des Präsidiums ist unter 50, besteht aus drei Frauen und zwei Männern. Keines der angetretenen Mitglieder des bis dahin amtierenden Präsidiums erhielt aureichend Stimmen für eine Wiederwahl.
Die neuen Stellvertreterinnen und Stellvertreter sind die ehemalige Bahnradfahrerin Miriam Welte (377 Stimmen), Bentele (352), die Vorsitzende der Deutschen Kinderturnkunst Kerstin Holze (349), der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer (257) und der Präsident des Deutschen Sportakrobatik Bundes Oliver Stegemann (228).

Schneller "Seitenwechsel" des Staatssekretärs

Die interessanteste Personalie ist dabei Stephan Mayer, der unter der scheidenden Bundesregierung als Staatssekretär im Bundes-Innenministerium für den Sport zuständig gewesen war und deutliche Budgeterhöhohungen mitverantwortete. Kritisch sei seine Wahl zu bewerten, sagt Schültke, da er vom Zuwendungsgeber zum -empfänger werde. Weil der schnelle "Seitenwechsel" als problematisch angesehen werden könnte, wird Mayer seine Position erst dann ausfüllen können, wenn die neue Bundesregierung den Wechsel genehmigt.
Bentele hofft darauf, dass die Bundesregierung eine sinnvolle Lösung finde. Das Präsidium wird aber zunächst und notfalls auch langfristig in der Besetzung ohne Mayer arbeiten können.
Der vorherige Präsident Alfons Hörmann war als DOSB-Präsident ab Mai massiv unter Druck geraten. In einem anonymen Schreiben war von einer "Kultur der Angst" im DOSB unter Hörmann zu lesen. Später drohten Hörmann und die DOSB-Spitze dem ehemaligen DOSB-Vorstandsmitglied Karin Fehres hinter den Kulissen mit einer Klage, weil sie den Brief geschrieben haben sollte. Fehres bestreitet das.
Diese Vorkommnisse seien immer wieder unterschwellig Thema gewesen, erklärt Andrea Schültke. Besonders auffällig in der Rede von Thomas de Maizière.

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Der ehemalige Bundesinnenminister ist Vorsitzender der Ethikkommission des DOSB und musste mehrfach zu den Vorgängen im Verband Stellung beziehen. Er mahnte an, dass sich nun die Verantwortlichen um Sportler und Vereine kümmern müssten, weniger um sich selbst. Eine Spitze gegen Hörmann und seine Weggefährten, meint Schültke. De Maizière sagte:

Mit einer Neuwahl ist es nicht getan, wenn sich nicht insgesamt der Umgang miteinander und nach außen ändert.

Die Skandale müssten aufgearbeitet werden, erklärt Verena Bentele. Mit einem jungen Präsidium, das gar keine Verbindung zu den Skandalen habe, könne man aber gleichzeitig das Augenmerk auf die Zukunft legen.