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Tod von Shirin Abu Akleh
Israel legt neue Erkenntnisse vor

Seit Monaten wird diskutiert, wie die Journalistin Shirin Abu Akleh während einer israelischen Militäroperation im Westjordanland getötet wurde. Nun legt Israel einen neuen Untersuchungsbericht vor - und vermutet darin, dass israelische Soldaten die Reporterin versehentlich trafen.

Von Julio Segador |
Palästinesische Demonstrierende und isralische Aktivisten der Bewegung "Combatants for Peace" tragen Plakate mit einem Porträt der getöteten Journalistin Shireen Abu Akleh.
Im Mai wurde die Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh im Westjordanland getötet. (AFP/HAZEM BADER)
Fast vier Monate sind seit dem Tod der palästinensisch-amerikanischen Journalistin Shireen Abu Akleh vergangen. Zweifel, dass die Reporterin des arabischen Senders Al Jazeera durch eine israelische Kugel getötet wurde gab es kaum. Nun hat das israelische Militär in einem Kommuniqué erstmals selbst eingeräumt: Höchstwahrscheinlich war es ein Schuss, abgegeben von einem israelischen Soldaten, der Shireen Abu Aklegh tötete.
Zwar sei die Quelle der Schüsse nicht eindeutig zu bestimmen, Abu Akleh sei aber mit hoher Wahrscheinlichkeit versehentlich von Schüssen der israelischen Verteidigungsstreitkräfte getroffen worden, heißt es in der Mitteilung. Zu keiner Zeit habe das Militär vorsätzlich Schüsse auf die Journalistin abgefeuert.

Kritik an der Darstellung des israelischen Militärs

Nach Darstellung des israelischen Militärs befand sich die Journalistin etwa eine Stunde lang innerhalb des Gebiets, in dem sich israelische Sicherheitskräfte und bewaffnete Palästinenser ein Feuergefecht lieferten. Walid Al Omari, der Büroleiter von Al Jazeera im Westjordanland, hält diese Darstellung für wenig glaubhaft.
"Es ist klar, dass sie einerseits versuchen, Mehrdeutigkeit und Täuschung aufrechtzuerhalten, während sie sich gleichzeitig von Fehlverhalten freisprechen, indem sie behaupten, es habe einen Schusswechsel gegeben. Das sind alles Lügen, denn alle Berichte und Videos und Zeugen widerlegen ihre Behauptungen."

Vorerst keine weiteren Ermittlungen geplant

Welcher Soldat die Schüsse abgab, wie sich der Vorfall genau ereignete, darüber enthält der Bericht des israelischen Militärs keine Informationen. Stattdessen wird die Verantwortung an die militanten Palästinenser weitergegeben.
Immer wieder operierten die palästinensischen Terroristen aus der Mitte der palästinensischen Bevölkerung heraus und gefährdeten damit das Leben von Zivilisten, kritisiert das israelische Militär in dem Bericht.
Weitere Ermittlungen in dem Fall wird es nicht geben. Es gebe keinen Verdacht auf eine Straftat, erklärte die militärische Generalstaatsanwaltschaft. Eine Aussage, die bei Anton Abu Akleh, dem Bruder der getöteten Journalistin, auf Empörung stößt.

Unabhängige Untersuchung durch die USA gefordert

"Die Familie hat von Anfang an keine der Geschichten wirklich geglaubt. Was auch immer die Israelis sagten, das war für uns irrelevant. Wir glauben, dass sie das Verbrechen begangen haben und nicht in der Lage sind, ihre eigenen Ermittlungen in diesem Verbrechen durchzuführen. Und ohne den Druck der USA wären sie nie auf eine solche Aussage gekommen. Eine Aussage, die versucht, ihr Verbrechen zu vertuschen."
Der Bruder der Journalistin fordert nun eine gründliche, unabhängige und glaubwürdige Untersuchung durch die USA. Die Schuldigen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zeigte sich empört. Er kündigte an, die Angelegenheit weiter vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verfolgen.

Gantz: "Werden weiter gegen den Terror vorgehen"

Offizielle Äußerungen israelischer Politiker gab es nicht. Allerdings dürfte es wenig Zweifel daran geben, dass die israelischen Sicherheitsbehörden im Westjordanland weiter kompromisslos gegen militante Palästinenser vorgehen werden. Erst am Wochenende - nach einem Anschlag auf einen israelischen Bus im Jordantal - hatte Verteidigungsminister Benny Gantz die Linie seines Militärs auf einen Nenner gebracht.
"Wie werden weiter konzentriert gegen den Terror, seine Täter und seinen wirtschaftlichen Rahmen vorgehen. Diese Operation ist wichtig und wird fortgesetzt."