Bereits Anfang der Woche hatte Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew mit Gegenmaßnahmen im Falle neuer EU-Sanktionen gedroht. Unter anderem brachte er ein Überflugverbot für westliche Fluggesellschaften ins Gespräch. Den eigenen Unternehmen werde man jedoch zur Seite stehen. Heute untermauerte der Sprecher des Außenministeriums, Alexandr Lukaschewitsch, in Moskau diese Haltung:
"Das ist eine absolut unerfreuliche Linie, die im Widerspruch zu den Interessen der Europäischen Union steht. Auf vielen Ebenen macht die russische Führung klar, dass wir geeignete Maßnahmen ergreifen werden und unsere Antwort wird absolut vergleichbar mit dem Schaden sein, den die Sanktionen den Volkswirtschaften unserer Staaten zufügen."
Unter anderem zielen die neuen EU-Sanktionen darauf ab, neue Kredite für drei russische Rüstungs- und drei Energiekonzerne zu unterbinden, dazu gehören die Öl-Gesellschaften Rosneft und Transneft sowie die Ölsparte von Gazprom. Schon jetzt spiegelt sich die Ukraine-Krise in der heute vorgelegten Bilanz des Konzerns wider. Der Nettogewinn sank im ersten Quartal um 41 Prozent auf rund 4,6 Milliarden Euro. Und das obwohl der Umsatz um sieben Prozent auf 32,3 Milliarden Euro stieg.
Der andauernde Gas-Streit könnte das Unternehmen weiter belasten. Polen und die Slowakei werfen Russland vor, Lieferungen zu kappen - Gazprom dementiert. Deutschlands größter Energiekonzern Eon sprach von aktuell geringen Liefereinschränkungen. An die Ukraine wird jedoch wegen unbezahlter Rechnungen in Milliardenhöhe seit Mitte Juni kein Gas mehr geliefert.
Importbegrenzungen für europäische Autos?
In diesem Streit möchte die EU-Kommission in der kommenden Woche mit einem Treffen vermitteln. Das russische Energieministerium bestätigte eine Einladung. Ort und Termin müssten jedoch noch festgelegt werden, hieß es.
Unterdessen kritisierte auch der Kreml die neuen EU-Sanktionen. Ein Sprecher von Präsident Wladimir Putin stellte eine Importbegrenzung für Autos, insbesondere Gebrauchtwagen und Waren aus der Leichtindustrie in Aussicht. Man hoffe allerdings, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetze und diese Maßnahmen nicht benötigt würden. Der Staatschef selbst trieb zum Auftakt des zweitägigen Gipfels der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit in Tadschikistan die Zusammenarbeit mit China voran. Bei Gesprächen mit seinem Kollegen Xi Jinping würdigte Putin den Durchbruch bei einem Projekt in Russlands Fernem Osten:
"Jetzt haben wir praktisch mit der Umsetzung begonnen. Die wird, da bin ich mir sicher, auf beiden Seiten sachlich und hocheffektiv sein und den Sinn haben, ein neues Gas-Pipeline-System in China zu schaffen. Aber wir bauen auch auf andere Bereiche, in denen wir traditionell zusammen arbeiten. Bei der Kernkraft, der Luftfahrttechnik, der Infrastruktur und so weiter, und so weiter."
Verhindern konnte jedoch auch Wladimir Putin nicht, dass die neuen EU-Sanktionen, die morgen in Kraft treten sollen, den Rubel auf ein Rekordtief drückten. Die Leitindizes der Moskauer Aktienbörse gaben zeitweise um jeweils mehr als ein Prozent nach. Zu den größten Verlierern zählte dabei der Energiekonzern Gazprom.