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Neue EU-weite Datenschutzverordnung
Absenkung des deutschen Datenschutz-Niveaus?

Jüngst wurde vom EU-Parlament die sogenannte Europäische Datenschutz-Grundverordnung beschlossen. Mit dieser Richtlinie soll die Verarbeitung personenbezogener Daten EU-weit geregelt werden. Für deutsche Verbraucherschützer ist die Bestimmung zumindest in Teilen ein rotes Tuch: Es geht um den Bereich Profiling und Scoring - wichtig bei der Kreditvergabe.

Von Daniela Siebert |
    Ein mit "PRIVAT" gekennzeichneter Ordner auf dem Bildschirm eines Computers.
    Die Befugnisse von Auskunfteien, Informationen über Dritte Personen weiterzugeben, werden ab 2018 teilweise noch erweitert. (Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
    Grundsätzlich ist der Verbraucherzentrale Bundesverband mit der neuen europäischen Datenschutz-Grundverordnung sehr zufrieden. Die Rechte der Verbraucher würden dadurch gestärkt, die Regeln seien nun europaweit einheitlich und zeitgemäß urteilt der VZBV. Zu den guten Neuregelungen gehöre auch, dass jetzt alle Marktteilnehmer in Europa an diese Regularien gebunden sind, auch wenn sie ihren Firmensitz sonst wo auf der Welt haben. Strafzahlungen bei Datenschutzverstößen können künftig deutlich höher ausfallen. Und neu ist auch ein Verbandsklagerecht, durch das Nichtregierungsorganisationen gegen Datenschutzverstöße juristisch vorgehen können.
    Überhaupt nicht zufrieden ist der VZBV aber mit der Regelung, die dann durch EU-Recht ab 2018 für den Bereich Profiling und Scoring gelten sollen. Die sei zu ungenau, sagt Lina Ehrig vom VZBV, sie könne gravierende Auswirkungen haben, weil Scoring mittlerweile zum Alltag gehört:
    "Das findet am laufenden Band statt, also klassicherweise bei der Kreditvergabe, wenn Sie Verträge abschließen, beim Mietvertrag, klassischerweise bekommt man Auskunft von der Schufa, also von Auskunfteien, wie Arvato, und da wird dann gesagt: ja Mensch, die Person ist soundso kreditwürdig bzw. die Wahrscheinlichkeit, dass sie zukünftig 100 Prozent zahlt, ist da oder halt auch nicht. Wir alle sind vom Scoring betroffen und ein negativer Score-Wert, also praktisch wenn man sagt "Ne Du bist nicht so kreditwürdig" kann massive Auswirkungen haben."
    Etwa dass ein Handyvertrag gar nicht erst zustande kommt oder ein Auto nicht geleast werden kann. Anders als das heute gültige Bundesdatenschutzgesetz, würde die EU-Regelung ab 2018 beim Scoring Verhalten erlauben, das heute verboten ist. Etwa die Kreditwürdigkeit einer Person allein aufgrund ihrer Adresse zu beurteilen.
    Schlechte Scoring-Werte bleiben von den Betroffenen oft unbemerkt
    "Wenn ich zum Beispiel in einer nicht so tollen Straße oder Viertel wohne, dann hätte das zur Folge, dass alle Bewohner dieser Straße eine negative Kreditwürdigkeit bescheinigt bekommen - und das kann nicht sein. Insofern brauchen wir jetzt einfach eine Regelung, die dafür sorgt, dass dieses Schutzbedürfnis und dieser Schutz, den wir hier haben, dass der erhalten bleibt."
    Ein weiteres Problem sieht die VZBV am Horizont: auch bestrittene Zahlungsforderungen, also auch Fälle, in denen Verbraucher berechtigt einer Rechnung widersprochen haben, dürfen künftig von Auskunfteien weitergegeben werden.
    "Da könnten bestrittene Forderungen oder auch Forderungen, die ich noch angreifen kann, sodass da natürlich auch das Ergebnis verfälscht werden könnte."
    Schlechte Scoring-Werte könnten sogar bereits bestehende Kreditverträge zum Platzen bringen oder auch zur Sperrung von Kreditkarten führen, warnt der VZBV. Oft bekämen die Verbraucher aber gar nicht mit, dass sie irgendwo schlechte Scoringwerte haben – egal ob berechtigt oder nicht.
    Die Bundesregierung hatte in der Vergangenheit immer wieder betont: Die europäische Regelung dürfe keine Absenkung des deutschen Datenschutzniveaus bringen. Genau das will der VZBV nun also beim Thema Scoring einfordern. Und das wäre auch möglich: denn tatsächlich sieht die EU-Datenschutzgrundverordnung da auch Ausnahmen durch sogenannte Öffnungsklauseln vor. Man könnte beispielsweise heutige deutsche Regeln in andere Gesetzesgebiete rüberretten, schlägt Lina Ehrig vor.
    "Nämlich zum Beispiel ins Zivilrecht, wo es um Verträge geht oder auch beim Abschluss von Krediten ins Kreditwesengesetz oder auch im Versicherungsbereich, wo das Scoring ganz oft Anwendung findet."
    Entsprechend sollte Deutschland aus Sicht des VZBV auch bei den Löschfristen für Daten bei Auskunfteien verfahren. Da sei bislang nichts vorgesehen, auch diese Lücke könnten aber nationale Regelungen füllen. Allerdings drückt der VZBV auf's Tempo: die nötigen Weichenstellungen für die nationale Gesetzgebung sollte schnell auf den Weg gebracht werden, weil im Herbst 2017 Bundestagswahlen anstünden und für die Anpassungsregelungen damit nur wenig Zeit sei.