"Wir sind mit allen Fällen vertraut. Und, gelobt sei Gott, sind sie alle schon verjährt."
"Entschuldigen Sie, wissen Sie, wie grausam das klingt, was Sie sagen?"
"Ich habe mich unglücklich ausgedrückt. Das gebe ich gerne zu."
"Entschuldigen Sie, wissen Sie, wie grausam das klingt, was Sie sagen?"
"Ich habe mich unglücklich ausgedrückt. Das gebe ich gerne zu."
Man möchte meinen, dass Drehbuchautor und Regisseur François Ozon hier demonstrativ, ja geradezu plump einen Würdenträger der katholischen Kirche als unbelehrbar und uneinsichtig brandmarkt. Doch an den Pranger gestellt hat sich Philippe Barbarin, der Erzbischof von Lyon, 2016 selbst. Auf einer Pressekonferenz, auf der Barbarin Stellung bezogen hat zu den Vorwürfen, den systematischen sexuellen Missbrauch durch Priester in seiner Diözese gedeckt zu haben, fiel genau dieser Satz:
"Wir sind mit allen Fällen vertraut. Und gelobt sei Gott sind sie alle schon verjährt."
Kampf gegen die übermächtige Institution Kirche
Die drei Worte "Gelobt sei Gott" haben sich damit als Filmtitel aufgedrängt. Zumal sich – das zieht sich wie ein roter Faden durch den Film – vom Priester bis zum Kardinal niemand in der katholischen Kirche der Schwere der Schuld wirklich bewusst scheint, geschweige denn den Willen erkennen lässt, den jahrzehntelangen Missbrauch an Dutzenden Kindern vorbehaltlos aufzuklären. Immer wieder werden die Vorkommnisse heruntergespielt und Entschuldigungen für die eigenen Verfehlungen gesucht.
"Ich fühle mich schon immer von Kindern angezogen und stets habe ich auch gelitten darunter."
"Was? Sie haben gelitten? Und was ist mit mir?"
"Was? Sie haben gelitten? Und was ist mit mir?"
Der Familienvater Alexandre ist einer der Männer, die den Skandal ans Licht gebracht haben, und er ist eines von drei Missbrauchsopfern, deren authentische Geschichte François Ozon hier erzählt. Nüchtern und dennoch eindringlich, manchmal ein wenig zu didaktisch schildert Ozon, wie die Schicksalsgemeinschaft der Männer den Kampf gegen die übermächtige Institution Kirche aufnimmt.
"Gelobt sei Gott": empfehlenswert
"Haben Sie davon gewusst?"
"Nein."
"Es geht hier um einen Angriff auf die Sowjetunion."
"Er versteht nichts von Politik. Er ist nur deshalb in den Westen gegangen, weil er dort tanzen kann."
"Nein."
"Es geht hier um einen Angriff auf die Sowjetunion."
"Er versteht nichts von Politik. Er ist nur deshalb in den Westen gegangen, weil er dort tanzen kann."
Das gibt der Leningrader Ballettmeister Alexander Puschkin 1961 bei einer Befragung durch den KGB zu Protokoll. Sein berühmtester Schüler, der Tänzer Rudolf Nurejew, hatte sich kurz zuvor während einer Europatournee des Kirow-Balletts in den Westen abgesetzt. Damit beginnt der Film "Nurejew – The White Crow", in dem der englische Schauspieler Ralph Fiennes nicht nur Puschkin spielt. Die Filmbiografie markiert auch Fiennes´ dritte Regiearbeit.
Nurejews rebellisches Wesen
Die Ereignisse in Paris im Frühjahr 1961, die ihren Höhepunkt am 16. Juni am Flughafen Le Bourget erreichen, stehen im Zentrum von "Nurejew – The White Crow". Kurz vor dem Abflug des Ensembles nach London wird der Tänzer von der Ballettdirektion angewiesen, umgehend nach Moskau zurückzukehren.
"Du stößt später zum Ensemble nach London."
"Ich fliege da jetzt hin. Ich fliege nicht nach Moskau. Ein für alle Mal. Eher bringe ich mich um. Sie versuchen mich zu entführen."
"Rudi, wir können doch reden."
"Ich fliege da jetzt hin. Ich fliege nicht nach Moskau. Ein für alle Mal. Eher bringe ich mich um. Sie versuchen mich zu entführen."
"Rudi, wir können doch reden."
Dass Nurejew wegen seines Eigensinns und seiner Aufsässigkeit unter besonderer Beobachtung stand, zeigt der Film in vielen Szenen. Rückblenden, die bis in die Kindheit Nurejews zurückreichen, sollen dabei helfen, sein rebellisches Wesen zu ergründen. Dieses Hin und Her vermittelt einen nur fragmentarischen Einblick. Und so ist es vor allem dem russischen Balletttänzer Oleg Ivenko, der hier sein Schauspieldebüt gibt, zu verdanken, wenn Nurejew zum greifbaren Charakter mit Konturen wird. Von Ivenkos Leidenschaft hätte auch die umsichtige, aber statische Inszenierung eine Prise mehr vertragen können.
"Nurejew – The White Crow": akzeptabel
Der Meister fertigt eine Skizze an und bittet herein, als es an der Tür klopft. Die Aufnahmen, mit denen Olivier Meyrou seinen Film über Yves Saint Laurent eröffnet, stammen aus dem Jahr 2001. Bereits schwer gezeichnet von Krankheiten, arbeitet der berühmte Modeschöpfer an seiner letzten Kollektion. In der nächsten Szene sehen wir Pierre Bergé, den Mann, mit dem der berühmte Modeschöpfer beruflich wie privat sein Leben geteilt hat.
Mehr Abgesang als Hommage
Aus dem Off resümiert Bergé, dass er 32 und Yves 26 gute Jahre gehabt hätten, bevor es schwierig geworden wäre und sie irgendwann dachten, nicht mehr ohne den anderen zu können.
Bei "Celebration" von Olivier Meyrou nur von einem Biopic über Yves Saint Laurent zu sprechen, würde zu kurz greifen. "Celebration" ist eine Doppel-Biografie mit Material aus den letzten zwei aktiven Jahren Saint Laurents, die in der Tradition des Direct Cinema steht. Meyrous Kamera beobachtet die Arbeit im Atelier und das Zusammenspiel aller am Schöpfungsprozess beteiligten Personen. "Celebration" ist mehr Abgesang als Hommage: ein trauriger und wehmütiger Film über den letzten großen Couturier.
"Celebration": empfehlenswert