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Anziehung und Abneigung

Das Historiendrama „Ophelia“ macht die Geliebte Hamlets zur Hauptfigur. Von einem Mann mit pädophilen Neigungen erzählt das Spielfilmdebüt „Kopfplatzen“. „Der Junge und die Wildgänse“ ist ein Abenteuerfilm für die ganze Familie.

Von Jörg Albrecht |
Ein Mann sitz neben einem Kind auf einer Parkbank, hat die Hände gefaltet und schaut angestrengt nach oben
Warum es für Markus (Max Riemelt) nicht einfach ist, neben Kindern auf einer Parkbank zu sitzen, erzählt der Film "Kopfplatzen" (Kurhaus Production)
Etwas ist faul im Staate Dänemark! Und etwas ist auch faul in diesem Hamlet-Ableger, in dem die Geliebte des berühmtesten Prinzen der Literaturgeschichte zur Titelheldin aufsteigt.
"A wonderous fish indeed inhabits the grove."
"Fish would like to come ashore."
"The fish is very welcome."
"No fish comes willing to the fishermen."
Pilcher statt Shakespeare
Wenn bei der ersten Begegnung von Ophelia und Hamlet an einem Teich vom "wundersamen Fisch" die Rede ist, "der dieses Wasser bewohne", und dieser zwar "gern an Land ginge, aber kein Fisch freiwillig zum Fischer komme", dann klingt dieses Poussieren im englischen Original immerhin noch entfernt nach Shakespeare. Ausgedacht hat sich den Dialog die US-Amerikanerin Lisa Klein für ihren Roman "Ich, Ophelia." Er ist die Vorlage für den Film der Australierin Claire McCarthy. Darin wird eine Biografie fabuliert, die Ophelias Leben am Königshof schildert.
Gegen die Weiterentwicklung einer literarischen Figur ist nichts einzuwenden, doch muss sie sich zwangsläufig mit der Vorlage messen lassen. Und diesem Vergleich hält der Hamlet-Keimling nicht stand. Schon bei der zweiten Begegnung Ophelias mit dem Prinzen deutet sich an, wohin die künstlerische Reise geht.
"Wie geht es dir, Ophelia?"
"Ich hielt euch eine Sekunde lang für einen Geist."
"Du hältst mein Herz an."
"Schlüge es nicht mehr, so wärt ihr tot."
"Ich fühle mich recht lebendig."
"Aber der Schein kann trügen. Seht her! So schön diese Blüte aussieht, ist es doch Belladonna, der gewiss tödlichste aller Nachtschatten."
"Belladonna bedeutet schöne Frau."
"Spielt nicht mit mir!"
… sind noch kein großer Wurf. Autorin Klein ist eben kein Tom Stoppard. Der britische Dramatiker hat sich vor 30 Jahren ebenfalls an einem Hamlet-Ableger versucht. Auch sein "Rosenkrantz & Güldenstern" war kein Meisterwerk, aber – angelegt als absurdes Theater – ein eigenständiges Stück. Bei "Ophelia" dagegen fehlt jeder Mehrwert. Der Rest ist Schweigen.
"Ophelia" als Video-on-Demand auf den Streaming-Portalen
"Paul, guck mal, wer da ist!"
"Onkel Markus."
"Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! Bist du schwer geworden."
"Ist das für mich? Cool. Tipp-Kick. Danke, Onkel Markus!"
"Ist doch klar für meinen Lieblingsneffen."
Keine Heilung weit und breit
Während Paul mit seinen Freunden spielt, kann Markus die Augen nicht von seinem Neffen abwenden. Was weder Markus Schwester noch seine Eltern wissen: Der 29-jährige Architekt ist pädosexuell. Es sind Jungen wie Paul – Jungen vor ihrer Pubertät, die ihn erregen. Noch hat er sich zwar an keinem Kind vergangen, aber Markus fürchtet, dass das nur eine Frage der Zeit ist. Und so führt er einen einsamen Kampf gegen seine Neigung. Bis eine Mutter mit ihrem achtjährigen Jungen in die Nachbarwohnung zieht. Markus Leidensdruck wird immer größer. Er sucht Rat bei einem Therapeuten.
"Ich möchte das weghaben. Ich möchte nicht mehr auf kleine Jungs stehen."
"Das, was Sie haben, ist keine Krankheit, die heilbar wäre. Deshalb kann ich Sie auch nicht heilen. Niemand kann das."
"In meinem Kopf ist auch diese Stimme, die dann sagt: Ist doch nicht so schlimm!"
"Kopfplatzen" als Video-on-Demand im Salzgeber Club auf dem Internetportal Vimeo
"Willst du eine Cola oder einen Saft?"
"Gibt es hier WLAN?"
"Ich musste den Router leider wegwerfen. Die Strahlung war nicht gut für die Eier."
"Die Eier?"
Wildgänse statt Wlan
Der Albtraum für jeden Jugendlichen: Sommerferien ohne WLAN und ohne Computerspiele beim Vater auf dem Land. Der 14-jährige Thomas wird von seiner Mutter und ihrem neuen Lebensgefährten in die Provence gebracht. Dort lebt sein Vater Christian, ein Wissenschaftler, der enthusiastisch an einem Experiment mit jungen Wildgänsen arbeitet. Zum Schutz einer vom Aussterben bedrohten Art will Christian mit Hilfe eines Ultraleichtflugzeugs den Vögeln eine sichere Flugroute zeigen. Die führt von Südfrankreich in den Norden Norwegens.
Spätestens von dem Moment an, wenn die Gänseküken geschlüpft sind, ist auch Thomas begeistert von dem Projekt und hat sein Smartphone längst vergessen.
"Du bist also ihr Vater."
"Ich denke, du bist ihr Vater."
"Dann bist du eben die Mutter."
"Sind das deine Gänse?"
"Ja."
"Wie heißt du?"
"Nils Holgersson."
"Der Junge und die Wildgänse" als Video-on-Demand auf den Streaming-Portalen