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Neue Filme
Bergman, Beaton und Berlin Beats

Drei Dokumentarfilme starten in dieser Woche in den Kinos: "Auf der Suche nach Ingmar Bergman" nähert sich einem der bedeutendsten Filmkünstler des 20. Jahrhunderts und "Love Cecil" dem britischen Fotografen Cecil Beaton. Eine Hommage an den Stummfilmklassiker "Berlin – Die Sinfonie der Großstadt" ist der Dokumentarfilm "Symphony of Now".

    Ingmar Bergman auf einem Foto von 1957.
    Ingmar Bergmann 1957 - er inspirierte viele Filmschaffende unter anderem Margarethe von Trotta. (dpa/Magnus_Hartman_dn)
    Es heißt, dass Schönheit im Auge des Betrachters liege. Und er halte es für unglaublich wichtig, dass sich der Fotograf dem Motiv von seinem ganz eigenen Blickwinkel nähert - so der Fotograf Cecil Beaton in einem Interview. Von Anfang an besticht Lisa Immordino Vreelands Doku "Love, Cecil" über den britischen Künstler durch eine geschickte Auswahl und Zusammenstellung von Archivmaterialien, zahllosen Fotografien sowie Interviews mit Kunstexperten und anderen Fotografen. Vor allem aber gibt die Regisseurin ihrem Protagonisten Raum.
    "Waren Sie selbstbewusst und erfolgreich in allem, was sie unternahmen?", fragt der Interviewer. "Meistens unsicher" , antwortet Cecil Beaton. Was seine damaligen Ambitionen gewesen seien? Er habe allen zeigen wollen, dass er nicht gewöhnlich und unscheinbar war wie die anderen.
    Schüchterner Autodidakt
    Wo die Interviews enden, greifen Beatons Tagebucheinträge weiter. Sie sind der rote Faden in diesem Film und werden gelesen vom britischen Schauspieler Rupert Everett. Als junger Mann, so schreibt Beaton zum Beispiel, habe er nicht gewusst, war er tun oder sein wollte. Ohne Einladung sei ihm nur übriggeblieben, sich seinem Hobby, der Fotografie zu widmen.
    In diesen Passagen wird das Porträt zum Selbstporträt. "Love, Cecil" erzählt von einem exzentrischen und gleichzeitig doch schüchternen Autodidakten, der das Schöne oft in Fantasiewelten gesucht hat und dessen Sicht auf sich und das Leben vor allem durch das Visuelle bestimmt worden ist.
    "Love, Cecil": empfehlenswert
    Sphärische Klänge untermalen Bilder von Gebäuden und Straßenzügen in Berlin und vom seit vielen Jahren verlassenen Spreepark. Menschen sitzen in der U-Bahn, in Cafés und auf Plätzen. Alles zu sehen in schnellen Bildfolgen. Doch ganz am Anfang ist da eine Dampflokomotive. Es ist eine alte Schwarz-Weiß-Aufnahme, die einem bekannt vorkommt. Sie stammt aus "Berlin – Die Sinfonie der Großstadt" von Walter Ruttmann. Mit dem Bild dieser Lok hat jetzt auch Johannes Schaff seinen Berlin-Film "Symphony of Now" eröffnet, eine Hommage an den Stummfilmklassiker von vor 90 Jahren.
    Immer wieder verändert sich der Klang in den 65 Minuten, die "Symphony of Now" dauert und die einen Tag in der Hauptstadt beschreiben. Bald schon erstrahlt der Berliner Fernsehturm in der untergehenden Sonne, bevor dann zu nächtlicher Stunde das Partyvolk die Kontrolle auf den Straßen und den Clubs der Stadt übernimmt.
    Elektronische Berlin-Sinfonie
    Die Berlin-Sinfonie des Jahres 2018 ist elektronisch und spiegelt Berlins Status als Techno-Hauptstadt der Welt. Geschrieben wurde sie von Musikern wie Modeselektor und Hans-Joachim Roedelius. Dass die ihre Musiken zu den Bildern von Ruttmanns "Sinfonie der Großstadt" komponiert haben und Regisseur Schaff seine neuen Berlin-Aufnahmen dann auf die so entstandenen Stücke geschnitten hat, ist ein Arbeitsprozess, der für den Zuschauer allerdings unsichtbar bleibt. Reizvoll ist diese Neuinterpretation dennoch, wenngleich nicht jeder eine hypnotische Kraft dieser Collage aus Sounds und Bildern spüren wird.
    "Symphony of Now": akzeptabel
    "Hier hat alles für mich begonnen."
    Erzählt Margarethe von Trotta, während sie an den Klippen Hovs hallar auf der schwedischen Halbinsel Bjäre steht.
    "Die Felsen, das Meer, diese Steine von oben gesehen in der Totalen. ..."
    Genau dort hat Ingmar Bergman im Sommer 1956 sein Filmdrama "Das siebente Siegel" gedreht mit Max von Sydow als Ritter, der von den Kreuzzügen zurückgekehrt ist und dem am Strand der personifizierte Tod begegnen wird.
    Bergamm war stets in ihrem Herzen
    1960 sah Margarethe von Trotta zum ersten Mal "Das siebente Siegel" in einem Pariser Kino. Es war der Film, der in der damals 18-Jährigen den Wunsch geweckt hat, eines Tages selbst auf dem Regiestuhl zu sitzen. Seither habe sie Ingmar Bergman, wie sie selbst sagt, ihr ganzes Leben in ihrem Herzen getragen.
    Es ist, wie der Titel schon verspricht, ein sehr persönlicher Blick auf Bergman und sein zeitloses Werk geworden, ohne dass sich Margarethe von Trotta selbst zu wichtig nimmt. Auf ihrer Suche nach dem Künstler und Menschen stößt sie das Filmgenie natürlich nicht von seinem Sockel. Sie lässt Weggefährten wie Liv Ullmann und Familienmitglieder wie Bergmans Sohn Daniel zu Wort kommen und verknüpft diese Gespräche sparsam mit Originalinterviews und Filmausschnitten.
    Nur Bergman-Kenner werden wohl keine neuen Einsichten gewinnen, denn auch die zentrale Erkenntnis des schwedischen Regisseurs, die aus einem Interview stammt, dürfte ihnen nicht neu sein.
    "Ist nicht Kunst immer eine gewisse Therapie für den Künstler?"
    "Auf der Suche nach Ingmar Bergman": empfehlenswert