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Die Macht der Worte

Von ganz neuen Tönen im Vatikan erzählt Wim Wenders in seiner Doku "Papst Franziskus: Ein Mann seines Wortes". Um ein Tagebuch dreht sich alles in der britischen Romanverfilmung "Vom Ende einer Geschichte". Und der Rhetorikkunst widmet sich die französische Komödie "Die brillante Mademoiselle Neïla".

Von Jörg Albrecht |
    Regisseur Wim Wenders und sein Protagonist Papst Franziskus in dem Film "Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes"
    Regisseur Wim Wenders und sein Protagonist in dem Film "Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes" (imago/ZUMA Press)
    "Die Welt von heute ist zum großen Teil eine taube Welt."
    Als säßen wir ihm gegenüber. Der Papst spricht zu uns. Über Gott und die Welt - vor allem die Welt. Über Armut, soziale Gerechtigkeit und den Schutz der Natur. Dass dies Antworten auf Fragen von Wim Wenders sind, der für seinen Film vier längere Interviews mit dem Papst geführt hat, erschließt sich nicht aus diesen Szenen. Eher ist es so, als würde Franziskus hier über all jene Themen referieren, die ihn umtreiben seit seiner Wahl im Jahr 2013 zum 266. Bischof von Rom.
    "Wie ihr wisst, ist es die Pflicht des Konklaves einen Bischof von Rom zu wählen. Es scheint, dass meine Kardinalsbrüder fast bis ans Ende der Welt gegangen sind, um ihn zu finden. Aber hier stehen wir nun."
    Eine Art "Best of Franziskus"
    Ob gläubiger Katholik oder Angehöriger einer anderen Weltreligion, ob Atheist oder Agnostiker: Wohl kein Regisseur hätte "Nein" gesagt, wenn die Kommunikationsabteilung des Vatikans zu einem Filmprojekt über den aktuellen Papst einlädt inklusive der Möglichkeit ihn zu interviewen. Dass es bei der Auswahl des Filmemachers einen gläubigen Katholiken getroffen hat, ist kaum überraschend. Und so ist der Eindruck, hier eine vom Vatikan inszenierte und bezahlte PR-Show serviert zu bekommen, den gesamten Film über allgegenwärtig. Eine Art "Best of Franziskus".
    Von Wim Wenders kein Nachhaken und auch keine kritische Einlassung, wenn es um das Lieblingsthema des Papstes geht: die Erneuerung des eigenen Hauses.
    "Was wird es brauchen außer Mut und Demut, damit wieder ein franziskanischer Wind durch die Welt fährt?"
    Fragt Wenders nur. Sein spärlich eingesetzter, salbungsvoller Off-Kommentar ist nicht mehr als eine Beschreibung der Hoffnungen, die viele Menschen – einschließlich des Filmemachers – mit Papst Franziskus verbinden. Zwei Prediger treffen hier aufeinander in einem Film, der eine Ehrenerweisung, eine Hommage ist und auch gar nichts anderes sein will.
    "Papst Franziskus: Ein Mann seines Wortes": zwiespältig
    "Als junger Mensch wünscht man sich Gefühle, so wie man sie aus Büchern kennt. Man will, dass sie einem das Leben auf den Kopf stellen und eine neue Realität erschaffen."
    Tony Webster, ein Mann so um die 70, blickt zurück. Keineswegs im Zorn. Dass die Erinnerungen an seine Zeit als Student gerade jetzt zurückkehren, liegt an einem Brief, den er von einem Testamentsvollstrecker erhält. Der von Jim Broadbent gespielte Tony soll ein Tagebuch erben, das sich im Besitz der verstorbenen Mutter seiner ersten großen Liebe Veronica befunden hat.
    Blasse Darsteller
    Eine uninspirierte Stunde lang windet sich die Verfilmung von Julian Barnes' Roman Vom Ende einer Geschichte, bis dann Charlotte Rampling als Veronica auf der Bildfläche auftaucht und Tony eröffnet:
    "Ich habe das Tagebuch nicht. Ich habe es verbrannt."
    "Ich denke doch, ich habe zumindest das Recht zu erfahren, was drinsteht."
    "Juristisch gesehen ja, moralisch nein."
    "Hast du die leiseste Ahnung, wie sehr mich das aufgewühlt hat?"
    Genau diese Ahnung fehlt dem Zuschauer in jeder Sekunde dieses ungelenk inszenierten, larmoyanten Erinnerungsstücks. Die zwei Erzählstränge haben - gefühlt - nichts miteinander zu tun und lassen einen genauso kalt wie die blassen Darsteller.
    "Vom Ende einer Geschichte": enttäuschend
    "Mademoiselle, Sie sind?"
    "Neïla Salah."
    "Und Ihr Vorname?"
    "Neïla. Mein Vorname ist Neïla und Salah der Nachname. War das jetzt klarer für Sie?"
    So hatte sich die junge Studentin Neïla ihren ersten Tag an der Universität ganz sicher nicht vorgestellt. Fünf Minuten kommt sie zu spät zur Vorlesung - und schon wird sie von Professor Mazard vor den Kommilitonen gedemütigt mit zweideutigen, rassistischen Formulierungen. Dem Rektor, bei dem sich die Beschwerden über den politisch inkorrekten Professor häufen, bleibt keine Wahl: Mazard soll Buße tun, indem er Neïla für einen Rhetorikwettbewerb fit macht, der üblicherweise Eliteschülern vorbehalten ist.
    Provokateur alter Schule
    "Mademoiselle, wenn Sie nicht wissen wollen, welcher Weg Sie in die Unabhängigkeit führt, dann haben Sie sich jede Schwierigkeit und jedes Hindernis verdient, das sich Ihnen in den Weg stellt."
    "Das ist alles nur ein Spiel für Sie, oder?"
    "Ich erwarte Sie morgen um 9 im Hörsaal vier."
    Dass sich die Begeisterung für das Projekt bei Professor wie Studentin anfangs in Grenzen hält, gehört mit zum Konzept des Films. "Die brillante Mademoiselle Neïla" von Yvan Attal ist schon ziemlich durchsichtig gestrickt, überrascht aber durch die intelligenten und spritzigen Dialoge und seine Relevanz. Die Chemie stimmt zwischen dem eloquenten Duo wider Willen. Nach einer Reihe kaum erwähnenswerter Rollen glänzt Daniel Auteuil als Provokateur alter Schule. Die Entdeckung aber ist die 25-jährige Camélia Jordana, die hinter der selbstbewussten Neïla immer wieder auch Selbstzweifel erkennen lässt. Dafür hat sie im März den César als beste Nachwuchsdarstellerin gewonnen.
    "Die brillante Mademoiselle Neïla": empfehlenswert