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Die Schule und das Leben

Wenn ein Film erfolgreich ist, dann lässt die Fortsetzung nicht lange auf sich warten. "Fack ju Göhte 2" macht haargenau da weiter, wo der erste Film aufgehört hat. Die satirische Klamotte verballhornt die Schulwirklichkeit mit subversivem Charme und Zoten. Und auch beim Kinoneustart "Rot und Blau" geht es um Schule, damit hat "45 Years" von Andrew Haigh dann allerdings wirklich nichts zu tun.

Von Jörg Albrecht |
    Die Schauspieler Elyas M'Barek und Karoline Herfurth
    "Fack ju Göhte" war 2013 der größte deutsche Kinohit. Jetzt folgt die Fortsetzung. (dpa/Tobias Hase)
    "Fack ju Göhte 2" von Bora Dagtekin
    "Herr Müller!"
    "Was wollt ihr?"
    "Wiir haben den Roman gelesen und zusammengefasst"
    "Welchen Roman?"
    "Mit der Faust.."
    Traurige Realität oder doch nur maßlose Überzeichnung? Die "Fack ju Göhte"-Filme legen zumindest ein wunderbares Fundament für Diskussionen über Deutschlands vermeintliche Bildungsmisere.
    "Ich habe keine Ahnung, wer das geschrieben hat, aber der war verrückt – dieser Reclam!"
    "Goethe"
    "Na oder so."
    Die Schüler der 10b der Goethe-Gesamtschule sind auch weiterhin nicht die hellsten Kerzen auf der Torte. Aber sie geben sich immerhin Mühe zu leuchten. Denn längst haben sie ihren Aushilfslehrer, den Ex-Knacki Zeki Müller und seinen unorthodoxen Unterrichtsstil, in ihr Herz geschlossen. Gilt umgekehrt natürlich ebenso, was Herr Müller nur niemals zugeben würde. Der Schulalltag nervt ihn gehörig. Und jetzt muss er mit den Plagegeistern auch noch auf Klassenfahrt nach Thailand gehen. Dort soll er die Konkurrenz vom Schiller-Gymnasium für ein Projekt des Bildungsministeriums aus dem Feld schlagen.
    "Und vielleicht können wir ihnen die Partnerschule abjagen."
    "Das ist der Spirit."
    "Ich muss ein paar aus meiner B mitnehmen: Chantal und so."
    "Was?!"
    "Elisabeth, das überlebt ihr nicht."
    "Und bitte einen Behinderten."
    "Fack ju Göhte 2" macht haargenau da weiter, wo der erste Film aufgehört hat. Angelegt als satirische Klamotte verballhornt er die Schulwirklichkeit mit subversivem Charme und Zoten – und das alles selbstverständlich politisch inkorrekt. Vor allem die Niederungen der deutschen Sprachkultur, vertreten durch die Kiezpoeten der Generation Z, bieten wieder einen unerschöpflichen Fundus für oft herrlich doofe Pointen. Und die Trefferquote, mit der Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin sie setzt, ist beachtlich und beispiellos in der deutschen Komödienlandschaft. Schon allein deswegen:
    "Fack ju Göhte 2": Note 2 oder wie wir an dieser Stelle sagen: empfehlenswert
    "Rot und Blau" von Giuseppe Piccioni
    Ganz anders als "Fack ju Göhte" nähert sich der italienische Regisseur Giuseppe Piccioni dem auch in Italien vieldiskutierten Thema Schule. Im Mittelpunkt seines Films "Rot und Blau" stehen drei ganz unterschiedliche Lehrertypen. So verschieden die drei aber auch sind – jeder wird auf seine Weise die Erfahrung machen, dass in seinem Beruf nicht alles nach Lehrplan geht.
    Die Schülerin wirft ein, dass der Unterrichtsstoff von Aushilfslehrer Prezioso gar nicht auf dem Lehrplan stehe. Der entgegnet, dass es ihm nicht nur um diesen Plan gehe, sondern er etwas finden wolle, das seine Klasse begeistert.
    Der Aushilfslehrer steht hier also für den idealistischen Pädagogen. Die zwei anderen Lehrkräfte sind die Direktorin, die erkennt, dass sie an die Grenzen ihrer Professionalität stößt, und der alte Kunstlehrer Fiorito, der die Rolle des Chefzynikers an der Schule übernommen hat.
    Er möge keine Aushilfslehrer, die voller guter Absichten sind, gibt Fiorito dem Neuen zu verstehen. Die Schüler hätten es eigentlich verdient, dass man sie durchfallen lässt. Aber er habe sich entschieden noch bösartiger zu sein. Am Ende bekämen alle eine 4. So handle er sich keinen Ärger ein und ruiniere dennoch ihr Leben.
    "Rot und Blau" – der Film basiert auf dem Roman eines Insiders, sprich eines Lehrers – "Rot und Blau" handelt von den ungeheuren Chancen, vielleicht auch den Utopien, die Schule bieten kann. Dazu wechselt der Film immer wieder die Erzählperspektive und folgt den drei Protagonisten durch ihren Alltag. Das ist zum Glück nie didaktisch. Dennoch verlieren sich diese Geschichten in der zweiten Hälfte ein wenig. Mehr Konsequenz und Zuspitzung hätten dem Film nicht geschadet.
    "Rot und Blau": akzeptabel
    "45 Years" von Andrew Haigh
    "Was ist das?"
    "Ein Brief"
    "Ja, das sehe ich, aber von wem?"
    "Er ist auf Deutsch."
    "Ja."
    Die Ankunft eines Briefes wird die Eheleute Kate und Geoff in eine fundamentale Krise stürzen. Die erste während ihrer langen Ehe. Und das nur wenige Tage vor ihrem 45. Hochzeitstag, der groß gefeiert werden soll. Aus dem Brief erfährt Geoff, dass man 50 Jahre nach ihrem Unfalltod die Leiche seiner Jugendliebe Katya gefunden hat. Kate merkt schnell, dass die Nachricht ihren Mann mehr beschäftigt, als dieser sich eingesteht. Sein Verhalten aber spricht eine deutliche Sprache und lässt 45 Ehejahre plötzlich wie eine große Lüge erscheinen.
    " Ist sie das?"
    "Das habe ich gefunden."
    "Das hast du nicht gefunden. Du hast mitten in der Nacht danach gesucht. Das ist ganz und gar nicht dasselbe. Zeig´s mir bitte!"
    "Nein!"
    "Bitte!"
    "Kate, bitte geh wieder ins Bett!"
    "Zeig mir das verdammte Foto!"
    "Es hat keine Bedeutung. Es ist nur ein scheiß Foto."
    Kate hat immer mehr das Gefühl, dass nicht sie Geoffs große Liebe gewesen ist und demnach 45 Jahre lang nur zweite Wahl. Regisseur Andrew Haigh ist ein kluges Ehedrama über Vertrauen, Verunsicherung und Eifersucht gelungen, in dem oft nur kleine Gesten und Blicke der beiden Hauptdarsteller genügen, um ihre Figuren auszuloten. Damit setzt der behutsame, etwas spröde inszenierte Seelenstriptease ganz auf die Kraft des sublimen Spiels von Charlotte Rampling und Tom Courtney.
    "45 Years": empfehlenswert