"Ganz große Oper" von Toni Schmid
"Kann ich mir eine Beziehung mit einem Hornisten vorstellen?"
Es ist bestimmt weder die erste noch die dringlichste Frage gewesen, die dem Filmemacher Toni Schmid auf der Zunge gelegen hat, als er die Möglichkeit bekam, hinter die Kulissen der Bayerischen Staatsoper zu blicken. Aber diese Frage ziemlich am Anfang von "Ganz große Oper", die Schmid der Bratschistin Ruth Elena Schindel stellt, hat die Wirkung eines entkrampfenden Medikaments. Mit ihrer Hilfe wird das Opernhaus entmystifiziert. Denn hier soll es um die Menschen gehen, die Abend für Abend Verdi, Rameau oder Wagner aufführen. Von ihnen möchte Toni Schmid mehr erfahren über ihren Beruf, aber vor allem über ihre Leidenschaft für das Musiktheater. Und so erzählen sie: die Festangestellten und die Freischaffenden, wie Sänger Jonas Kaufmann.
"Diese Kombination von Musik und Schauspiel hat eine ganz andere Intensität, wie ich glaube. Jeder Schauspieler ist immer unglaublich eifersüchtig auf unsere Musik, die wir haben und die einen solchen Klang und Emotionsteppich ausbreitet, den sich die Schauspieler mühsam im Laufe des Abends erarbeiten müssen."
Toni Schmid hat – wen wundert es, schließlich ist er im Hauptberuf Ministerialdirigent im bayerischen Staatsministerium für Kunst – Schmid hat ein Loblied auf "sein Opernhaus" verfasst. Eine kritische Auseinandersetzung sollte man nicht erwarten.
"Ganz große Oper": akzeptabel
"Die Farbe der Sehnsucht" von Thomas Riedelsheimer
Ach ja – fehlt noch die Antwort auf die Frage, ob sich die Bratschistin denn nun eine Beziehung mit einem Hornisten vorstellen kann.
"Nein. Ich kann mir keine Beziehung mit einem Hornisten vorstellen. Ich hätte immer Angst ihn zu küssen, weil ich weiß: Oh Vorsicht – der Ansatz!"
Musik spielt auch in "Die Farbe der Sehnsucht" von Thomas Riedelsheimer eine Rolle. Zumindest bei Julius, einem jungen Münchner, der gerade sein Abitur gemacht hat und der einer von acht Menschen ist, die über sich und ihr Streben nach Glück reden. Julius ist im Traum eine Melodie erschienen, die sich als Leitmotiv durch den Film zieht.
"Über viele Sachen, die ich in meinen Liedern ausdrücken kann, kann man mit niemandem wirklich gut reden: zum Beispiel wie man den Zustand des ultimativen Glücks erreichen kann."
Die Japanerin Kanayo Ueda, die ein Café für Obdachlose betreibt, schreibt wiederum Gedichte. Die hätten ihr die Lebensangst genommen und sie – wie sie sagt – sogar davor bewahrt, sich als Teenager umzubringen. Für sie seien Worte sehr wichtig. Dennoch könne man das wirklich Wichtige nicht in Worte fassen, glaubt Kanayo.
Auch in einen Film lässt sich schwerlich das fassen, was man gemeinhin ein erfülltes Leben nennt. In "Die Farbe der Sehnsucht" zeigt Thomas Riedelsheimer die verschiedenen Schattierungen am Beispiel seiner acht Protagonisten aus fünf Ländern, deren Alltag er abbildet und deren Gedanken er lauscht. Entstanden ist ein poetischer Essayfilm über den Glücksjäger in uns allen.
"Die Farbe der Sehnsucht": empfehlenswert
"Code of Survival" von Bertram Verhaag
"Der ist intensiver. – Mir gefällt dieser am besten. Schöne blumige Noten und im Abgang eine schöne Süße."
Sanjai Bansal und Ulrich Walter verkosten Tee. Seit vielen Jahren sind der Inder und der Deutsche Geschäftspartner und Freunde. Bansal baut seinen Darjeeling ohne Chemikalieneinsatz an, Walter vertreibt ihn dann über seine Firma, in der er Produkte aus biologischem Anbau anbietet. Das Geschäftsmodell der beiden Männer will eine Alternative sein zu Glyphosat, vergifteten Böden und zu gentechnisch veränderten Pflanzen.
"Code of Survival" von Bertram Verhaag ist ein weiterer Beitrag in einer ganzen Reihe von Kinodokumentarfilmen, die sich in den letzten Jahren mit unserem Essen, dem Umweltschutz und der Nachhaltigkeit beschäftigt hat. Dennoch ist Bertram Verhaags ausdrückliches Plädoyer für die ökologische Landwirtschaft ein gelungener Film, denn er stellt anschaulich und spannend die verschiedenen Modelle sowohl bei der Tier- als auch bei der Pflanzenzüchtung gegenüber.
"Code of Survival": empfehlenswert
"Baywatch" von Seth Gordon
"Hast du mir gerade auf die Brüste geguckt?"
"Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nicht."
"Oh Mann, wir werden hier viel in Badeklamotten rumlaufen. Also wenn das ein Problem für dich ist."
"Das ist gar kein Problem für mich."
Dieser Dialog könnte aus der Feder eines 13-Jährigen mitten in seiner Pubertät stammen. Und nicht nur dieser. Das komplette Drehbuch zu "Baywatch" bewegt sich auf dem Humorniveau eines Pennälers. Mit der Original-TV-Serie hat das Kino-Remake so gut wie gar nichts mehr zu tun. Sieht man einmal von dem weiterhin gut gebauten Personal in den immer noch roten Badeanzügen ab. Zugegeben: Auch die Serie aus den 1990ern glänzte nicht gerade durch feine Figurenzeichnungen und komplexe Geschichten. Aber diesen Strandmüll mit den Körperdarstellern Dwayne Johnson und Zac Efron hat selbst "Baywatch" nicht verdient. Ein echter Bauchklatscher.
"Baywatch": ärgerlich