"By the Sea" von Angelina Jolie
"Es riecht nach Fisch." Das ist der erste Satz von Angelina Jolie Pitt, wie sie hier im Vorspann genannt wird. In den folgenden 120 schier endlosen Minuten wächst eine ganz andere Erkenntnis: Es ist der komplette Film, der stinkt. Er tut es – wie der Fisch in der Redewendung – vom Kopf her. Und der Kopf des Films: das ist Angelina Jolie Pitt.
Produzieren und das Drehbuch schreiben, Regieanweisungen geben und vor der Kamera posieren: Die vier Aufgaben, die Frau Jolie Pitt übernommen hat, sind die – auf den ersten Blick – wichtigsten des Films. Sie verlangen durchaus nach Talent, nicht aber nach einem Meisterbrief. Die Dinge dagegen, die wirklich gelernt sein wollen – Dinge also wie Licht setzen, Kamera führen und Musik komponieren – die hat Angelina Jolie Pitt soliden Handwerkern übertragen. So gibt es denn auch technisch an "By the Sea" wenig auszusetzen. Inhaltlich und darstellerisch dagegen ist ihre kleine, aber nicht gerade billige Liebhaberei des Regieführens ein Desaster.
"Um ein gescheiterter Schriftsteller zu sein, muss man es wenigstens versucht haben. Du bist nichts. Nur ein Trinker." – "Willst du mir wehtun?" – "Nein." – "Tu mir weh! Schlag mich! Bring es hinter dich! Ist okay."
Angelina Jolie Pitt hat sich ein Paar ausgedacht, dass mitten in einer Krise steckt. Vanessa und Roland sind seit 14 Jahren miteinander verheiratet. Doch ein Ereignis stellt die Beziehung der Beiden auf die Probe. Was geschehen ist, verrät der Film ohne auch nur das Anzeichen einer Spannungskurve erst am Schluss.
Während sie ihre Depressionen pflegt, muss er – gepeinigt von einer Schreibblockade – tief ins Glas schauen. Problem nur: Sie ist nicht Liz Taylor und er nicht Richard Burton. Vor allem aber ist sie als Regisseurin nicht Antonioni, nicht De Sica, nicht Bergman – nicht wer auch immer von denen, die das europäische Autorenkino vor 40, 50 Jahren prägten. Genau so ein Film aber schwebte der Jolie Pitt wohl vor. Hätte sie sich doch nur auch ein paar Dinge von Chabrol abgeguckt. Dann wäre vielleicht noch ein Mord geschehen und wenigstens irgendetwas passiert auf dieser inhaltsleeren "Schöner Leiden"-Fototapete.
"By the Sea": ärgerlich
"Der kleine Prinz" von Mark Osborne
"Ich werde dir jetzt ein Geheimnis schenken. ... Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
Dem schlauen Fuchs haben wir das wohl schönste Zitat aus Antoine de Saint-Exupérys Märchen "Der kleine Prinz" zu verdanken. Die Zeitlosigkeit des 1943 erschienenen Buchs mit seinem Wertekanon zeigt sich in der gelungenen Neuverfilmung von Mark Osborne. Der Trickfilmregisseur hat den Klassiker über Menschlichkeit, Freundschaft und die Macht der Fantasie in eine moderne Rahmenhandlung eingebettet. In der lernen wir ein kleines Mädchen und seine ehrgeizige Mutter kennen.
"Ich nenne ihn 'Deinen Lebensplan'." – "Lebensplan? …"
Während es seine Ferien damit verbringt, für die Aufnahmeprüfung an einer Eliteschule zu büffeln, macht das Mädchen die Bekanntschaft mit einem schrulligen alten Mann, der früher einmal Pilot war. Durch ihn erfährt es von der Geschichte vom Kleinen Prinzen.
"Es war einmal ein kleiner Prinz. Der wohnte auf einem Planeten, der kaum größer war als er selbst. Und er brauchte einen Freund? – Ich dachte, du könntest einen Freund gebrauchen. …"
Die beiden Handlungsstränge, also die neu erfundene Erzählung rund um das Mädchen und die bekannte vom Kleinen Prinzen, verschmelzen hier zu einer Einheit – und das, obwohl sie tricktechnisch völlig unterschiedlich sind. Es gibt moderne Computeranimation zu sehen, aber auch die alte, immer noch wunderbare Stopptrick-Technik. In der wird jede einzelne Bewegung einer Figur aufgenommen. Ein Verfahren, das die Poesie und Magie der Geschichte nachdrücklich betont.
"Der kleine Prinz": empfehlenswert
"Der Perlmuttknopf" von Patricio Guzmán
Obwohl er Chilene sei, fühle er sich dem Meer nicht nahe. Er bewundere den Ozean und gleichzeitig fürchtet er ihn. In den ersten Minuten von "Der Perlmuttknopf" philosophiert Regisseur Patricio Guzmán über das Wasser als Ursprung allen Lebens sowie seine Verbindungskraft zwischen den Sternen und uns.
Guzmán nimmt uns mit auf eine Reise in die Landschaft Patagoniens und zu den dort lebenden indigenen Völkern, die von Seefahrern und Eroberern aus Europa fast vollständig ausgelöscht wurden. Bereits die Hälfte des Films ist vorbei, als zum ersten Mal der Perlmuttknopf aus dem Titel Erwähnung findet. Patricio Guzmán berichtet von einem der Ureinwohner, der – so ist es überliefert – im Tausch für einen Perlmuttknopf an Bord eines englischen Schiffes ging.
Wie der Regisseur seine universellen und naturphilosophischen Betrachtungen mit der Geschichte seiner Heimat verbindet, macht seinen Filmessay "Der Perlmuttknopf" zu einer einzigartigen, sowohl nachdenklichen als auch besinnlichen Seherfahrung.
"Der Perlmuttknopf": herausragend