"Zwischen den Stühlen" von Jakob Schmidt
"Ja, ich bin auch ein bisschen aufgeregt heute, weil ich meine erste Stunde bei euch habe."
Man merkt Anna ihre Aufregung an. Noch ein wenig schüchtern und unsicher steht die junge Frau zum ersten Mal ganz allein vor der Klasse einer Berliner Grundschule. Annas Referendariat ist gestartet. In zwei Jahren wird sich dann entscheiden, ob sie ihr zweites Staatsexamen bestehen und als Lehrerin arbeiten wird. Dasselbe gilt für Ralf, der seine Referendarzeit an einem Gymnasium beginnt.
"Ja, ich bin neu an eurer Schule, ein neuer Lehrer beziehungsweise ein halber Lehrer."
Darauf aber nimmt der Schulalltag keine Rücksicht. Ralf, Anna sowie Katja, die an eine Gesamtschule kommt und die das Trio komplettiert, alle drei Referendare sind so gefordert, als seien sie schon "ganze" Lehrer. Sie unterrichten und vergeben Noten. Dabei lernen sie selbst noch. Sie sitzen also "Zwischen den Stühlen", wie Regisseur Jakob Schmidt seinen Film genannt hat.
"Sie sind in so einer Zwittersituation, dass Sie einerseits vor der Klasse stehen und selbst lehren und auf der anderen Seite hier jetzt in so eine Schülerrolle verfallen. Das ist ganz wichtig, dass Ihnen das bewusst ist."
Bewusst werden den angehenden Lehrern vor allem die Herausforderung und die Verantwortung, die der Schulalltag mit sich bringt. Immer wieder stoßen die ganz unterschiedlichen Charaktere an ihre Grenzen und beginnen zu zweifeln. Auch als Zuschauer ertappt man sich dabei, wie man die Berufswahl der Drei und ihre Qualifizierung für den Schuldienst immer öfter in Frage stellt.
"Ich bin noch neu, ich bin total frisch und fühle mich schon völlig ausgelaugt und leer. Wie soll das gehen? Wie soll ich da 35 Jahre durchhalten?"
Über das präzise Porträt der Referendare schält sich in "Zwischen den Stühlen" eine gegenwärtige und ehrliche Zustandsbeschreibung des Systems Schule heraus. Die ist mehr ernüchternd realistisch als idealistisch, aber vor allem ist sie enorm unterhaltsam.
"Zwischen den Stühlen": empfehlenswert
"You'll never Walk Alone" von André Schäfer
Die Fußballhymne der Welt schlechthin in ihrer wohl bekanntesten Version, aufgenommen 1963 von der Liverpooler Band Gerry & The Pacemakers. Gerry Marsden, der Sänger der Band, erinnert sich daran, wie er in einem Kino saß und das von Rodgers und Hammerstein für ihr Musical Carousel komponierte Lied zum ersten Mal hörte.
Ein großartiges Lied. Erzählt Gerry Marsden. Er habe dann zur Band gesagt, er müsse einen Song aufnehmen: "Walk Alone". Die Kollegen aber hätten gemurrt: "Machen wir nicht! Wir spielen Rock'n Roll. Aber er habe sich durchgesetzt und so sei der Song Teil der Show geworden.
Von der Bühne, auf der Gerry & The Pacemakers standen, fand das Lied den Weg an die Anfield Road ins Stadion des FC Liverpool, später dann auch ins Dortmunder Westfalenstadion und viele andere Fußballarenen.
Der Dokumentarfilmer André Schäfer erzählt in "You'll never Walk Alone" die Geschichte der globalen Fußballhymne. Dabei wird er unterstützt von Schauspieler und Borussia Dortmund-Fan Joachim Król.
"You'll never walk alone. Mahalia Jackson. Carousel."
Król stöbert in alten Schallplatten und besucht unter anderem Budapest und New York, zwei Städte, in denen er nach den Ursprüngen des Songs sucht. Die führen bis ins Jahr 1909 zurück und zum ungarischen Theaterautor Ferenc Molnár.
Wenn einer eine Reise tut, dann hat er bekanntlich viel zu erzählen. Genau das wird André Schäfer zum Verhängnis. Obwohl chronologisch angelegt, wirkt sein Film überladen und fahrig. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, Joachim Król noch mehr in die Rolle des Reiseleiters schlüpfen und ihn auch aus dem Off kommentieren zu lassen.
"You'll never Walk Alone": zwiespältig
"National Bird" von Sonia Kennebeck
"Das Programm ist geheim, das heißt, ich darf es nicht einfach in die Öffentlichkeit hinausposaunen. Es ist beängstigend."
Lisa muss sich ganz genau überlegen, was sie in die Kamera sagt. Als ehemalige Technikerin beim Drohnenüberwachungssystem der USA hatte sie Zugang zu Verschlusssachen der höchsten Geheimhaltungsstufe. Genau wie Daniel, ein Ex-Geheimdienstmitarbeiter, oder auch Heather, die als Drohnen-Video-Analystin tätig war.
"Ich habe keine Knöpfe gedrückt, sondern nur identifiziert, was einen Knopfdruck erforderte."
Man kann Heather, Lisa und Daniel durchaus als Whistleblower bezeichnen. Denn sie gewähren Einblicke in das geheime Drohnenprogramm der USA. Die Drei sprechen aber auch über ihre Mitschuld am anonymen Töten von unschuldigen Zivilisten.
Es sind erschütternde Details über einen vermeintlich sauberen Krieg, von denen die Veteranen der US Air Force in "National Bird", dem Langfilmdebüt von Sonia Kennebeck, berichten. Der Film ist eine emotionale Anklage und eine Ergänzung zu "Krieg und Spiele" von Karin Jurschick, einem anderen Dokumentarfilm, der den Einsatz von Drohnen sachlicher aus der philosophischen, historischen und technischen Perspektive schildert.
"National Bird": empfehlenswert