"Gehen wir bis nach ganz oben?" / "Ja, machen wir. Mein liebster Berg: Drei Zinnen." / "Das sind drei Berge: Papa, Mama, Kind. Guck - eins, zwei, drei!"
Die Symbolik der berühmten Bergkette Drei Zinnen in den Dolomiten ist so offensichtlich, dass sie nicht noch der kindlichen Kommentierung bedurft hätte. Denn was der achtjährige Tristan in den drei Gipfeln sieht, stellt sich für den Jungen - mit Blick auf die eigene Familie - nicht so eindeutig dar. Seit zwei Jahren gibt es da neben dem leiblichen Vater auch Aaron, den neuen Freund seiner Mutter Lea. Mit dem scheint sich Tristan zwar gut zu verstehen, dennoch ist Aaron zunehmend verunsichert über seine Rolle in der Patchwork-Familie.
Eine erzwungene Tragödie
Nicht nur die ständigen Anrufe von Tristans Vater während des Italienurlaubs nimmt er als Störfeuer wahr. Auch Leas Aussage, dass ihr Sohn nur einen Vater habe und dieser noch dazu ein guter Vater sei, verstört ihn. Regisseur Jan Zabeil begnügt sich in seiner Familiengeschichte nicht mit der Symbolhaftigkeit der Drei Zinnen. Er macht sie auch zum Schauplatz einer erzwungenen Tragödie, die sich zwischen Aaron und Tristan während einer Bergtour abspielt.
"Aaron!" / "Bleib wo du bist! Ich komme zu dir."
Die große Katharsis wird ausbleiben in einem Film, in dem die Figuren zu oberflächlich angelegt sind und die Erzählung teilweise zäher gerät als der Nebel, der an den Drei Zinnen aufzieht.
"Drei Zinnen": enttäuschend
"Es hat mich traurig gemacht, dass die Zeiten sich geändert haben."
Traurig stimmt einen auch, wenn ein Filmemacher versucht, Heiteres aus einem erschreckend unlustigen Drehbuch mit einem eindimensional gezeichneten Protagonisten zu generieren. Im Film des Finnen Dome Karukoski heißt er nur "Der Alte". Nach maximal fünf Minuten hat der sich als mürrischer Misanthrop und Hinterwäldler entpuppt. Sein Mantra vom ...
"Früher war es nicht so schlecht wie heute."
... wird durch Alltagssituationen illustriert wie der, in der sich "Der Alte" seinen Sohn zur Brust nimmt.
"Und wenn die Alte mal sagt, dass sie mehr mit dir reden möchte - was würdest du dann machen, Sohn?" / "Ich rede." / "Quatsch. Du bringst die Alte ins Schlafzimmer." / "Wieso?" / "So doof kannst nicht mal Du sein."
Gedacht ist "Kaffee mit Milch und Stress" - so der schlimme deutsche Titel - wohl als bissige Komödie über den Generationenkonflikt. Das Ergebnis jedoch ist eine plumpe Nummernrevue, die jeden, aber wirklich jeden Esprit vermissen lässt.
"Kaffee mit Milch und Stress": ärgerlich
"Ich teile keine Gene mit meinem Vater?"
Die Verblüffung steht Erwan ins Gesicht geschrieben. Eigentlich wollte er nur untersuchen lassen, ob er Träger eines Gendefekts ist, aber dann stellt sich heraus, dass sein Vater und er überhaupt nicht miteinander verwandt sind. Mithilfe einer Detektivin macht sich Erwan auf die Suche nach seinem Erzeuger und stößt auf Joseph.
"Die Detektivin sagt, Sie hätten meine Mutter am 23. Juni 1970 kennengelernt." / "Sie haben mich zum Kaffee eingeladen, um herauszufinden, ob ich Ihr Vater bin." / "Nehmen Sie es mir nicht übel!"
Feiner Humor und sympathische Figuren
Symbolisches oder Allegorisches muss die französische Regisseurin Carine Tardieu in ihrem Film "Eine bretonische Liebe" nicht bemühen. Sie setzt beim Vorantreiben ihrer Familienzusammenführung stattdessen auf den Zufall. Das Schicksal, beziehungsweise das Filmdrehbuch, will es nämlich so, dass sich Erwan ausgerechnet in Anna verliebt, Josephs Tochter und somit seine Halbschwester.
"Sind Sie verheiratet? Haben Sie Kinder?" / "Nein und ja." / "Geht das etwas klarer?" / "Eine Tochter. 23." / "Eine Frau?" / "Hatte ich mal. Aber sie ist tot." / "Gut. Nein, ich meine, wenn Sie mit mir schlafen wollen, ist das besser, weil ich von Verheirateten die Schnauze voll habe." / "Sie haben ein Stückchen Salat zwischen den Zähnen." / "Sie wissen, wie man mit Frauen spricht."
Und die Regisseurin weiß, wie mit leichter Hand, feinem Humor und sympathischen Figuren selbst ein trivialer Stoff zu einem originellen und amüsanten Film wird.
"Eine bretonische Liebe": empfehlenswert
"Monsieur Daoud ist ab jetzt euer Geigenlehrer." / "Guten Tag!" / "Monsieur, ist eine sexy Glatze."
Gescheiterter Musiker wird Musiklehrer an einer Schule in einem Pariser Vorort. Im Ghetto der sozial Abgehängten geigt es Monsieur seinen Problemschülern und macht sie fit für einen Auftritt in der Pariser Philharmonie und fürs komplette Leben gleich noch mit.
"Das Wichtigste ist, dass man Spaß hat."
Zur Vorhersehbarkeit des Films "La Mélodie - Der Klang von Paris" gehören natürlich auch die Hürden, die das "Plädoyer für die Grenzen überwindende Kraft der Musik" - so der Pressetext - noch nehmen muss.
"Sie lassen uns im Stich? Nach allem, was wir geschafft haben?" / "Es war nicht umsonst." / "Doch. Wenn Sie gehen, war es das." / "Du musst weitermachen." / "Nein."
Zu oft hat man genau diese Geschichte schon gesehen: Engagierter Lehrer kümmert sich und die Schüler machen begeistert mit. Mal musizieren sie, mal feiern sie sportliche Erfolge. Es sind gut gemeinte Filme - in der Regel nach wahren Geschichten. "La Mélodie" ist immerhin einer der besseren.
"La Mélodie – Der Klang von Paris": akzeptabel