"Zu spät. – Bloß eine Minute. – Eine Minute zu spät am Himmeltor wird Gott dich noch einlassen?"
Antreten vor dem Familienoberhaupt. Der Tradition seiner Vorfahren verpflichtet, führt der Maori Tamihana Mahana seine Großfamilie mit harter Hand. Der Patriarch ist die eine Hauptfigur in Lee Tahamoris Familiensaga "Mahana". Die andere ist sein 13-jähriger Enkel Simeon, den Tamihana für verweichlicht hält und der ihn immer öfter in Rage bringt, weil er gegen die Familienhierarchie rebelliert.
"Großvater will doch nur, dass du stark wirst. – Will er gar nicht."
Handelte Lee Tamahoris "Die letzte Kriegerin" von einer gesellschaftlich ausgegrenzten Maori-Familie in der Gegenwart, ist die Geschichte des neuen Films eine Generation davor angesiedelt. Anfang der 1960-Jahre gehören die Mahanas zu den besten Schafscherern auf der neuseeländischen Nordinsel. Jahr für Jahr liefern sie sich bei einem Wettbewerb einen erbitterten Kampf mit den Poatas. Schon lange sind die beiden Familien miteinander zerstritten. Als Simeon zufällig ein altes Foto findet, auf dem seine Großmutter mit dem Chef des Poata-Clans zu sehen ist, will er dem Grund für die Feindschaft auf die Spur kommen.
"Sie und Rupeni Poata – da war was! – Bist du verrückt? ... Warum gibt es das Foto, frage ich mich nur. – Großmutter war Rupeni damals versprochen, aber sie konnte ihn nicht ausstehen. Großvater hat sie viel mehr geliebt als Rupeni. Er hat sie an ihrem Hochzeitstag einfach entführt. Er ist auf dem Pferd zur Kirche geritten und hat sie sich geschnappt. Direkt vor Rupenis Nase."
So die offizielle Version. Dass die nur eine Fabelei ist und der Film – bis die Wahrheit ans Licht kommt – einige Eskalationsstufen eingebaut hat, überrascht nicht wirklich.
"Meinst du, was in deinen Büchern steht ist wichtiger als das, was du hier lernst? ... Ich werde dir Respekt beibringen."
Zu schlicht und schematisch, dafür aber mit viel Gespür für Zeitkolorit hat Lee Tamahori eine klassische Familiensaga in großen Bildern inszeniert. Am Ende interessiert die sich weitaus mehr für den zeitlosen und ortsunabhängigen Konflikt der Generationen als den zwischen der Maori-Gemeinschaft und den britischen Siedlern.
"Mahana – Eine Maori-Saga": akzeptabel
Das Bild einer Monsterwelle lässt Fabian nicht mehr los. Immer wieder taucht es in seinen Träumen auf. Es symbolisiert die destruktive Kraft, die Fabian beherrscht. Der junge Arzt leidet an einer Zwangsstörung. Er ist so krankhaft eifersüchtig, dass seine langjährige Freundin Doro nach Lissabon geflohen ist, um dort einen Job als Architektin anzunehmen. Fabian aber will um die Beziehung kämpfen und reist ihr hinterher.
"Ich habe nicht damit gerechnet dich so schnell wiederzusehen. Was willst denn du hier? – Dich. ..."
Doro zweifelt weiter daran, dass er sich geändert und seine Eifersucht in Griff hat. Trotzdem gibt sie ihm eine zweite Chance. Da Regisseur Jonas Rothlaender die Geschichte aus der Perspektive Fabians erzählt, ist der Zuschauer Doro immer einen Schritt voraus und in gewisser Weise Fabians Komplize. Lange allerdings wird es nicht dauern, bis er sich durch seine Bemerkungen selbst überführt.
"Mann, ich muss auf jedes Scheißwort aufpassen ... – Hör mit deiner Eifersucht auf! – ... Hey, es war so schön gerade. – Ja genau. Es war gerade so schön."
Obwohl Jonas Rothlaender die Geschichte in der Schwebe hält, ist das symbolträchtige Bild der alles überrollenden Welle so eindeutig, dass diese Paarbeziehung kein gutes Ende nehmen wird. Auch der Titel ist als Sinnbild zu verstehen, bedeutet Fado doch Schicksal und setzt sich das Wort aus den Anfangsbuchstaben von Fabian und Doro zusammen. Trotz dieser überflüssigen Symbolismen ist Rothlaender ein bemerkenswertes Debüt – halb Charakterstudie, halb Psychothriller – gelungen, das vom ungekünstelten Spiel der beiden Hauptdarsteller Golo Euler und Luise Heyer lebt.
"Fado": empfehlenswert
Ein bunter Haufen von Frauen und Männern – ungefähr 20 an der Zahl – steht mit Gartenscheren bewaffnet zwischen den Rebstöcken eines Weinguts nahe Toulouse. Sie, die als Saisonarbeiter für ein paar Wochen angeheuert haben, ernten Trauben, haben Spaß, reden über ihre Arbeit und das Leben. Eine der Frauen erzählt, dass die Weinlese für sie nicht nur ein Job sei, sondern eine Abwechslung zu ihrem Leben in Toulouse. Man treffe großartige Menschen, sei in der Sonne, in der Natur.
Der Filmemacher Paul Lacoste zeigt, wie die Arbeit in den Weinbergen die unterschiedlichsten Menschen zusammenbringt. Da ist der einsame Rentner, die Arbeiterin, die vor Kurzem ihren Job verloren hat oder aber der junge Familienvater, der sich seine Unabhängigkeit bewahren will.
Wenn die Kamera in der Kaffeepause einfach nur die Gesichter der Erntehelfer einfängt, vermittelt sich ein Gefühl von Entschleunigung, von Zufriedenheit und vielleicht sogar auch von Glück, das aus der Arbeit in der Natur und im Team resultiert.
"Von Trauben und Menschen": mal erdig, mal lieblich und empfehlenswert
Neue Filme: "Mahana – Eine Maori-Saga" von Lee Tamahori - "Fado" von Jonas Rothlaender - "Von Trauben und Menschen" von Paul Lacoste