"Mehr haben wir nicht. Tunk das in die Soße und iss." – "Na gut, Vater, aber ich gebe dir was ab."
Eine ganz einfache, schnörkellose Geschichte: Ephraims Mutter ist gestorben, Ephraims Vater sieht nur eine Möglichkeit für sich und seinen Jungen: "Die Zeiten sind schlecht, deshalb möchte ich nach Adis Adeba gehen, um Arbeit zu finden."
Nun bleibt Ephrahim nur noch das Lamm, das er überall hin mitnimmt, was für die Verwandten, die ihn aufgenommen haben, ein stetes Ärgernis ist.
Der äthiopische Filmemacher Yared Zeleke erzählt - und ohne jeglichen Tierkitsch - von der Freundschaft zwischen dem Jungen und seinem Tier inmitten einer atemberaubenden Landschaft. "Ephraim und das Lamm" ist ein Märchen, aber gleichzeitig auch eine Geschichte vom Widerstand dieses Jungen gegen die Regeln der Welt der Erwachsenen, in dem sich Ephraims eindrucksvoller Lebenswille zeigt. Das Lamm übrigens gehörte einst Ephraims Mutter. Und mit der Liebe zu diesem Tier erin-nert der Junge sich immer wieder an sie. Das ist sehr berührend erzählt in einer atemberaubenden Landschaft.
"Ephraim und das Lamm" von Yared Zeleke - herausragend.
Noch ein, aber ganz, ganz anderer Landschaftsfilm. Vorweg dies: Die Dinosaurier sind nicht wegen Meteoriteneinschlag ausgestorben, sondern leben noch einige Millionen Jahr länger und treffen da auch auf die ersten Menschen. Zumindest im neuen Pixar-Film "Arlo & Spot".
[Vater:] "Also gut, und jetzt geh ein paar Schritte."
Einer hat Angst; ein kleiner grüner Dino. Und wenn der Film zu Ende ist, hat Arlo seine Angst besiegt.
"Manchmal muss man seine Angst hinter sich lassen, um zu sehen, was vor einem liegt."
Was allerdings vollkommen überrascht, bitte, ich sag´s mal so: Was einen umhaut beim neuen Pixar-Film "Arlo & Spot", das sind die perfekt, fast hyperrealistisch animierten Landschaften. Sie spielen in diesem Abenteuer über einen kleinen, ängstlichen Dinosaurier und seinen kleinen menschlichen Freund, den man sich wie ein Hündchen im Mowgli-Style vorstellen darf - verkehrte Welt also -, sie spielen die Hauptrolle, diese Landschaftspanoramen. Wer den Südwesten der USA, die Nationalparks, in einer Doku oder in der Realität erlebt hat, wird aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, was der heutige Stand der Animationskunst - auf der großen Leinwand in 3D - präsentieren kann. Dazu die von den Pixar-Gemälden gewohnten kleinen, schönen, witzigen Details.
Dino Arlo hat es in die Fremde verschlagen, was ihm, wie gesagt, eine fürchterliche Angst macht. Und da treffen er und sein menschlicher Kumpel Spot beispielsweise auf drei T-Rexe, die eine Herde frühzeitlicher Büffel über die Prärie treiben. Und abends, am Lagerfeuer, na ja, das ist hier kein Jägerlatein, kein Seemannsgarn, sondern echter Cowboy-Schnack. Wobei dieser "Kuhjunge" hier ein T-Rex ist.
"Ich biss das eine in zwei Hälften, erschlug das zweite. Und das letzte, tja, das Krokodil habe ich ertränkt. In meinem eigenen Blut." – "Whoww!" – "Guck, guck, da kriege ich jedesmal eine Gänsehaut."
Das ist alles wunderbar anzuschauen, aber Pixar ist in "Arlo & Spot" dann doch eine unheilige Ehe mit seinem Hausstudio Disney eingegangen. Das Anarchische, das Freakige, das Rebellische aus den "Toy Stories", aus "Wall•E" oder "Findet Nemo", das verdichtet sich in "Arlo & Spot" hier am Ende zu sehr Süßlichen. Disney-typisch. Das Schlimmste, das wir von Filmen denken können, dieses "Ach, das habe ich mir schon vorher gedacht!", das gab´s bei Pixar bisher sehr selten. In "Arlo & Spot" überwältigen die Landschaften, aber zur Meisterschaft ihrer Darstellung mag die Geschichte des ängstlichen animierten Dinos Arlo kein bisschen nicht passen.
"Arlo & Spot" - der "neue Pixar", Regie: Peter Sohn - annehmbar.
"Hast du heute schon gepinkelt?"
Fragt der eine Freund den anderen in Paolo Sorrentinos Film "Ewige Jugend". Ach, das Alter.
"Zweimal. Vier Tropfen. Du? - Genauso." Lautet die Antwort. "Mehr oder weniger."
Der berühmte Komponist und Dirigent und der alte Regisseur bei seinem letzten Filmprojekt in einem luxuriösen Wellnesshotel in den Schweizer Bergen. Ein Hauch von Thomas-Mann-schem-"Zauberberg" weht durch Sorrentinos Film. Die beiden Alten beobachten das Treiben der anderen Gäste, und sie erinnern sich an vergangene, auch gemeinsame Zeiten oder Geliebte oder erinnern s ich dann eben doch nicht mehr:
"Die wahre Tragödie ist, dass ich nicht mal mehr weiß, ob ich mit Gilda Black geschlafen habe."
Viel passiert nicht in "Ewige Jugend"; der Film ist wie ein mäandernder Strom der Tagträumerei zweier alter Männer, die diesen Film zu einer komplexen wie melancholischen Reflexion über das Alter und Hoffnung werden lassen, dass das Leben einen Sinn hatte oder sogar noch hat. Magische Bilder mit zwei wunderbaren Hauptdarstellern - Michael Caine und Harvey Keitel -, denen Rachel Weisz, Paul Dano oder - in einem kurzen Auftritt - Jane Fonda - zur Seite stehen. Dieser Film ist vielleicht gar nicht mehr von dieser Welt, weil er alte Männer zeigt, die den Abschied davon durchaus gelassen schon akzeptiert haben.
"Ewige Jugend" von Paolo Sorrentino – herausragend.