"Der Himmel wird warten" von Marie-Castille Mention-Schaar
Vor einigen Monaten war in einem "Tatort" aus Kiel Folgendes zu hören:
"Ich will nicht mehr die sein, die ich bin. Ich werde einen Gott finden, der meine Wunden heilt."
Ein 17-jähriges deutsches Mädchen ist zum Islam konvertiert und hat sich der Terrormiliz Islamischer Staat angeschlossen. Dass das Phänomen der sogenannten Bräute für den Dschihad nur für einen Sonntagabendkrimi gut war, überrascht. Während der große TV-Film zu den radikalisierten jungen Frauen bei uns also noch aussteht, ist der Stoff in Frankreich schon für kinotauglich befunden worden.
"Mama, ich flehe dich an! Lass mich gehen! Sonst sind wir alle verloren."
"Du klingst wie eine Verrückte. Wie eine Fanatikerin."
"Du bist die Verrückte. Du bist die Verrückte."
Auch Sonia ist 17. Sie ist eines der beiden Mädchen, von denen Marie-Castille Mention-Schaar in ihrem Film "Der Himmel wird warten" erzählt. Die französischen Behörden haben Sonia bereits im Visier. Ermittlungen haben ergeben, dass das Mädchen mit einem islamistischen Netzwerk in Kontakt steht, das einen Anschlag auf französischem Boden plant. Sonia droht zwar Gefängnis, sie darf aber unter strengen Auflagen weiter zu Hause wohnen. Zu diesen Auflagen gehören auch Gesprächstherapien mit einer Muslimin. Im Film wird diese gespielt von Dounia Bouzar, die sich auch in der Realität um vom IS angeworbene Mädchen und deren Eltern kümmert.
"Ich pfeife auf Ihre Geschichten. Sie können mir erzählen, was Sie wollen. Sie sind doch auch bloß da, um mich noch weiter reinzureiten."
"Sonia, du bist aber doch auch nicht angeworben worden, um ein Baguette zu kaufen."
Fanatisierte Mädchen, hilflose Eltern: Marie-Castille Mention-Schaar interessiert sich für beide Seiten. Intensive, beklemmend gespielte Momente hinterlassen durchaus Eindruck. Nur wechseln sich diese ab mit betont didaktischen und teilweise holprig inszenierten aufklärerischen Szenen. Ein Problem, das die Regisseurin schon bei ihrem letzten Film "Die Schüler der Madame Anne" über ein Holocaust-Projekt an einer Schule hatte.
"Der Himmel wird warten": zwiespältig
"Lommbock" von Christian Zübert
"Da steht Allahu Akbar."
"Siehst du!"
"Das heißt noch lange nicht, dass er Salafist ist."
"Die Neunziger sind vorbei. Die Jugendlichen heutzutage gehen nicht mehr auf die Loveparade oder so was. Die fahren nach Syrien."
Für einen Scherz ist die Anziehungskraft des IS im Film "Lommbock" gut, eine Fortsetzung der Komödie "Lammbock" von 2001. 15 Jahre sind ins Land gezogen, seit Kai und Stefan über ihren Pizzalieferservice in Würzburg einen florierenden Cannabishandel aufgezogen und sich danach aus den Augen verloren haben. Jetzt ist Stefan zurück in der Heimat. Das Wiedersehen wird selbstverständlich in Erinnerung an die alten Zeiten mit Gras gefeiert.
"Bist du bescheuert? Hier am Flughafen."
"Das ist ungarische Lammrohwurstsalami."
"Hunde können heutzutage ein Gramm in einer Tonne Kaffee riechen."
Kai und Stefan haben zwar die ersten grauen Haare bekommen, wirklich erwachsen aber sind sie nicht. Genau daraus zieht "Lommbock" seinen Charme – ohne dabei die Larmoyanz von Jungs, die in die Jahre gekommen und etwas spießig geworden sind, überzustrapazieren. Mit Moritz Bleibtreu und Lucas Gregorowicz in den Hauptrollen sowie Christian Zübert auf dem Regiestuhl ist dasselbe Team von damals wieder am Start.
"Lommbock": akzeptabel
"Life" von Daniél Espinosa
"Wir haben einen großen Einzeller vor uns. Inaktiv."
Von wegen inaktiv. Dieser Einzeller wird aktiver, als es der sechsköpfigen Besatzung der Internationalen Raumstation, auf der das Science-Fiction-Abenteuer "Life" spielt, lieb ist.
"Wir haben hier den ersten unwiderlegbaren Beweis für ein Leben außerhalb der Erde."
Diesen Beweis – enthalten in einer Gesteinsprobe vom Mars – hätte die Crew besser schlummern lassen sollen. Die Begeisterung über die Entdeckung schlägt schon bald in Todesangst um.
"Ich werde versuchen meine Hand rauszuziehen."
"Gut. Aber pass auf, dass der Handschuh nicht beschädigt wird!"
Aggressives extraterrestrisches Leben, das allen anderen Lebensformen den Garaus macht: Das kommt einem natürlich bekannt vor.
Manchmal wünschte man sich, bestimmte Filme nie gesehen zu haben: in diesem Fall Ridley Scotts "Alien" aus dem Jahr 1979. "Life" von Daniél Espinosa könnte man als dreiste Kopie des Klassikers abtun. Gemacht für jene unter den jungen Kinogängern, die sich 40 Jahre alte Filme niemals ansehen würden. Immerhin aber ist "Life" eine überraschend gelungene Kopie, die Spannung und Horrorelemente zu einem mitunter packenden Weltraumausflug verquickt.
"Life": akzeptabel