"Superkalifragilistischexpiallegetisch. Dieses Wort klingt durch und durch furchtbar, weil synthetisch. Wer es laut genug aufsagt, scheint klug und fast prophetisch."
An diesem Zungenbrecher hat sich wohl jeder, der den Film "Mary Poppins" gesehen hat, schon mal abgemüht. Ein Kunstwort, nach dem man aber vergeblich sucht in den Kinder-Büchern über das magische Kindermädchen, geschrieben von P.L. Travers. Der Zungenbrecher stammt von den beiden Komponisten Dick und Bob Sherman. Sie haben ihn erfunden für die Verfilmung von Mary Poppins. Wie die vor 50 Jahren zustande kam, daran erinnert jetzt der Film "Saving Mr. Banks". Darin spielt eine großartige Emma Thompson die australische Schriftstellerin P.L. Travers.
Jahrelang hat sie sich gegen eine Verfilmung von Mary Poppins hartnäckig gesträubt, sämtliche Anfragen von Walt Disney abgelehnt. Doch Anfang der 1960er-Jahre nimmt die Schriftstellerin Disneys Einladung an und macht sich auf den Weg nach Hollywood. Schließlich hat Disney ihr zugestanden, sie habe das letzte Wort beim Drehbuch. Diese Reise steht im Mittelpunkt von "Saving Mr. Banks".
"Nichts ist schöner, als die Welt durch die Augen eines Kindes zu sehen. Und steckt nicht in jedem von uns ein Kind? – Vielleicht in Ihnen, Mr. Disney. Aber ganz gewiss nicht in mir."
Ein Land, in dem sich alle beim Vornamen anreden, ein Hotelzimmer, das mit allen möglichen Disney-Figuren vollgestopft ist ... der erste Eindruck in den USA: für die distinguierte Schriftstellerin aus London ein Kulturschock. Ihrer literarischen Heldin will sie ein solches Schicksal ersparen. Aus Mary Poppins solle weder ein Filmmusical werden noch ein Trickstreifen.
Tom Hanks verkörpert das Klischee vom netten Onkel Walt. Der wird zum Therapeuten: zum Heiler der verletzten Seele der Schriftstellerin P.L. Travers. Immer wieder verlässt der Film den rundum gelungenen komödiantischen Handlungsstrang ihres Aufenthalts in Hollywood und blendet zurück zu Ereignissen im Jahr 1906. Denn es sind tragische Erlebnisse in ihrer Kindheit gewesen, die die Autorin in ihren Mary Poppins-Büchern verarbeitet hat. Diese Rückblenden trüben den Gesamteindruck, denn sie wirken ausgestellt und seltsam steril.
"Saving Mr. Banks": akzeptabel; die Hauptdarstellerin: herausragend.
"Ich könnte ihn umbringen. Wieso tut mir dein Vater das an?"
Sie wird ihren Ehemann nicht mehr umbringen können – die von Meryl Streep gespielte Violet Weston. Denn zu diesem Zeitpunkt ist er längst tot. Es könnte ein Unfall gewesen sein, vielleicht aber war es sogar Selbstmord. Zur Beerdigung kommt die in alle Winde verstreute Familie zusammen.
"Also, ich fand den Gottesdienst sehr schön. … Niemand hat von den guten Sachen gesprochen. Der Mann war ein Weltklasse-Alkoholiker. Mehr als 50 Jahre lang."
Der Leichenschmaus leitet die Tage der unangenehmen Wahrheiten ein. Kein Mitglied der Weston-Familie wird dabei verschont. Vor allem die drei Töchter – allen voran Julia Roberts in der Rolle der ältesten Tochter Barbara – bekommen die Launen ihrer Mutter zu spüren. Sie ist an Krebs erkrankt und tablettenabhängig. Als Matriarchin spielt sich die Streep mit Perücke auf dem Kopf und Kippe im Mund die Seele aus dem Leib.
"Ich bin drogensüchtig. ... Seht ihr diese kleinen blauen Babys? Das sind meine besten verdammten Freunde. Und sie lassen mich nie im Stich. Und wenn du versuchst, sie mir wegzunehmen, dann fresse ich dich auf."
Die Akteure tragen ihre über Jahre aufgestauten Lügen und Geheimnisse so dick auf, als ginge es darum, sich für den Broadway zu bewerben. Zur echten Leiche gesellen sich zahllose, die noch im Keller liegen. Ein Dutzend Personen steht unter Strom und macht Theater in einer Film-Seifenoper, die ihre Bühnenherkunft nicht verleugnen kann. Irgendwann wünscht man sich nur noch: Möge doch jemand der Familie Weston den Stecker ziehen!
"Im August in Osage County": zwiespältig.
"Für mich war Malen nichts Besonderes. Malen war bei uns wie Zähneputzen. Machte jeder. Das hatte für mich nicht diese Heiligkeit", erzählt Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi dem Filmemacher Arne Birkenstock. Der zu sechs Jahren Haft verurteilte Drahtzieher in einem der größten Kunstfälscher-Skandale der Nachkriegszeit ist ein amüsanter Gesprächspartner. Ein Hochstapler, der seinen Stolz nicht verbergen kann, den Kunstbetrieb über Jahre an der Nase herumgeführt zu haben. Denn Beltracchi hat nicht nur gut kopiert, er hat vermeintliche Originale bedeutender Maler einfach dazu erfunden.
"Also brauchte man eigentlich nur eine schöne Geschichte, die jeder Kunsthistoriker ... recherchieren kann. Die sollten ja auch selber was finden.“
Spannender als die Rekonstruktion eines Kriminalfalls ist in der Dokumentation "Beltracchi – Die Kunst der Fälschung" ein ganz anderer Aspekt. Es ist eine Frage, die in Zeiten der digitalen Reproduktion immer bedeutender wird: Was unterscheidet eigentlich die Kopie vom Original?
"Beltracchi – Die Kunst der Fälschung": empfehlenswert.