"La belle saison - Eine Sommerliebe" von Catherine Corsini
Wenn im Filmtitel eine Jahreszeit und das Wort Liebe auftauchen, hält sich die Überraschung, dass es sich hierbei um eine französische Produktion handelt, vermutlich in Grenzen. Der deutsche Filmverleih setzt ganz auf eine solche Konnotation und hat "La belle saison" - also "Die schöne Jahreszeit" - von Catherine Corsini konsequent um die Worte "Eine Sommerliebe" ergänzt. Eine Verbindung, die zwangsläufig zu Éric Rohmer führt. Anders aber als Rohmer lässt Regisseurin Corsini ihre Figuren nicht nur bei einem Café au Lait über das Leben und die Liebe plaudern. Sie bildet - man könnte es konventionell nennen - die einzelnen Stationen einer lesbischen Liebesgeschichte ab.
Im Paris der frühen 1970er-Jahre begegnet die 23-jährige Delphine, ein Mädchen vom Lande, der Lehrerin Carole, die einer Frauengruppe angehört.
"Und wofür demonstriert ihr?"
"Für unsere Rechte. Bist du nicht der Meinung?"
"Ich weiß nicht."
"Findest du nicht auch, dass man uns viele Dinge verbietet, nur weil wir Frauen sind?"
Obwohl Carole einen Freund hat, mit dem sie auch zusammenlebt, werden sie und Delphine ein Paar. Als ihr Vater schwer erkrankt, trifft Delphine die Entscheidung, ihrer Mutter unter die Arme zu greifen und sich um den elterlichen Hof zu kümmern. Carole will die Beziehung nicht aufgeben und beschließt Delphine zu folgen.
"Als ich klein war, haben wir Vater und Mutter gespielt. Und wenn ich die Jungs geküsst habe, habe ich nicht viel empfunden. Einmal waren zu wenig Jungs da und ich habe den Vater gespielt. Ich habe ein Mädchen geküsst und das fand ich sehr aufregend."
"Und danach?"
"Später habe ich dann das erste Mal mit einer Frau geschlafen."
"Wie alt warst du da?"
"Ich war 16 und sie 22."
"War das eine von hier?"
"Nein. Sie war aus der Stadt. Wie du."
"La belle saison" handelt von Gegensätzen: Da ist zum einen die erwachsene Freidenkerin aus der Metropole, die den sexuellen Aufbruch ihrer Generation verkörpert. Und da ist zum anderen die auf dem Land sozialisierte, nicht geoutete junge Frau, die sich schon immer zum gleichen Geschlecht hingezogen gefühlt hat. Die Konflikte, die sich daraus ergeben, liegen auf der Hand und Regisseurin Corsini, die auch am Drehbuch mitgeschrieben hat, begegnet ihnen durchaus differenziert, aber auch etwas überraschungsarm. Überhaupt nichts auszusetzen hingegen gibt es am hingebungsvollen Spiel von Cécile de France und Izïa Higelin als Carole und Delphine.
"La belle saison - Eine Sommerliebe": empfehlenswert
"Triple 9" von John Hillcoat
"Es gibt noch einen zweiten Job. Sie sagt, sie bringt jeden von uns um, wenn wir die Sache nicht durchziehen."
Mit Irina Vlaslov sollte man sich besser nicht anlegen. Da ihr Ehemann gerade im Knast sitzt, ist sie der Boss der Russenmafia in Atlanta. So eiskalt hat man Kate Winslet bislang noch nicht gesehen. Um den reibungslosen Ablauf der Drogengeschäfte des Clans sicherzustellen, wird auf Irinas Anweisung hin gemordet und gefoltert. Auch zahlreiche Polizisten gehören zu ihren Handlangern. Einer von ihnen ist Michael, den Irina für einen Raubüberfall benötigt. Um seine Bereitschaft zur Kooperation zu erhöhen, befindet sich Michaels kleiner Sohn Felix in ihrer Obhut.
"Der Koffer trifft morgen Abend ein, ist 24 Stunden dort. Dann entscheiden wir, wann Felix aus dem Urlaub nach Hause kommt."
Skrupellose Verbrecher und korrupte Cops bevölkern den Film "Triple 9", dessen Titel aus dem Polizeijargon entlehnt ist und als Codewort für einen toten Polizisten steht. So hervorragend hier auch sämtliche Darsteller sind, so sehr fehlt es an einer ordnenden Hand. Überladen und zerfahren ist dieser düstere und brutale Actionkrimi, der gegen den herausragenden Drogenthriller "Sicario" aus dem letzten Jahr klar den Kürzeren zieht.
"Triple 9": zwiespältig
"Peggy Guggenheim - Ein Leben für die Kunst" von Lisa Immordino Vreeland
"Es gab viele Enttäuschungen in meinem Leben. Es war sehr traurig."
Peggy Guggenheim spricht über sich und ihr Leben. Ein Interview, aufgezeichnet kurz vor ihrem Tod 1979, dient als roter Faden in Lisa Immordino Vreelands Dokumentarfilm über die berühmte Kunstsammlerin und -mäzenin. Ein Glücksfall für die Regisseurin. Sie hat ihr chronologisch angelegtes Porträt, das Archivmaterial mit Stellungnahmen von Kunsthistorikern und Weggefährten verbindet, immer wieder mit den ganz persönlichen Ansichten und Anekdoten der Protagonistin ausgeschmückt.
Peggy Guggenheim erzählt genauso offen wie abgeklärt von ihren Anfängen als Galeristin in einer Männerwelt und von ihrer größten Entdeckung Jackson Pollock, aber auch von ihrer kurzen Ehe mit Max Ernst, ihren vielen Affären und Abtreibungen.
"Ich hatte so viele Sonderlinge. Manche, weil ich einsam war. Ich war wohl eine Art Nymphomanin."
"Sie wollte Liebhaber. Alle hatten welche. Warum nicht auch sie."
Das Resümee des aufschlussreichen und intimen Films: Peggy Guggenheim verstand es, ihre Leidenschaft für die Kunst zum eigenen Nutzen einzusetzen und darüber eine Persönlichkeit zu entwickeln.
"Fanden Sie Ihr Leben verrückt?"
"Auf jeden Fall. Es ging nur um Kunst und Liebe."
"Peggy Guggenheim - Ein Leben für die Kunst": empfehlenswert