Bec hat, um es mehr als ein wenig zu untertreiben, das Zeug ...
"Wer von Ihnen spielt Klavier?"
... in monumentale Fettnäpfchen zu treten.
"Ich. Das heißt früher." - "Wieso haben Sie aufgehört?"
Bewerbung als Pflegerin bei einer Pianistin, der wegen einer ALS-Erkrankung die Muskeln nicht mehr gehorchen, die mit anderen Worten nur noch sehnsüchtig auf ihr Herzens-Instrument schauen kann. Bec ist also kein bisschen kompetent, Kate zu pflegen, außer, nun:
"Ich habe ein bisschen was im Internet gelesen."
Aber spätestens sei den "Ziemlich besten Freunden" Omar Sy und François Cluzet wissen wir, dass vielleicht nicht für die Pflege eines kranken Menschen, aber für eine kinotaugliche Beziehung das Anziehen von Gegensätzen bestes dramaturgische Material bietet. Kate, Hillary Swank, und Bec, Emmy Rossum, bilden also in George C. Wolfes Film "Das Glück an meiner Seite" die Gegensätze, die sich anziehen.
Und da es sich im Kino - man darf sich an die Oscars für Julianne Moore und Eddie Redmayne in diesem Jahr erinnern - immer sehr gut macht, einen Behinderten oder eine Behinderte zu spielen, macht auch Hillary Swank in "Das Glück an meiner Seite" als kranke Pianistin eine - mit Verlaub - gute Figur. Und doch gleitet der Film in Rührseligkeit ab, wenn Kate die - ich hab es Ihnen ja gesagt - dann beste Freundin Bec anfleht:
"Lass mich niemals so enden. Bitte, ich kann nicht in einem Krankenhaus sterben. An so eine Maschine geschnallt."
Bei so viel kalkulierter Tränenökonomie erinnern wir die ohne Frage auch hier intensive und sehr eindrucksvoll spielende Hillary Swank doch lieber als knallharte und dann sterbende Boxerin in Clint Eastwoods "Million Dollar Baby".
"Das Glück an meiner Seite" von George C. Wolfe - enttäuschend.
Zehn Milliarden Menschen. Bis 2050 auf dem Planeten. Woher jedoch soll für zehn Milliarden die Nahrung kommen? In seinem Film "10 Milliarden" reist der Aktivist und Filmemacher Valentin Thurn von Mosambik, Singapur in die USA bis ins bayerische Glonn, wo der Bio-Bauer Karl Schweisfurth Hühner, Schweine und Kühe auf einer Fläche grasen lässt, um so das Land intensiv zu nutzen bei begrenzten Ackerflächen. Doch ist das nur eine Ausnahme von der globalen Regel, wie Valentin Thurn konstatiert:
"Was für ein Irrsinn! Die industrielle Landwirtschaft produziert billig und viel. Aber langfristig geht das schief, denn sie plündert knappe Ressourcen wie Wasser und Dünger und zerstört Ackerflächen ohne Rücksicht auf Verluste. Die Ökobauern hingegen erhalten zwar die Ressourcen und Bodenfruchtbarkeit, produzieren dafür aber teurer und weniger. Was also soll werden? Wenn die Weltbevölkerung auf zehn Milliarden wächst und alle soviel Fleisch essen wollen wie wir in Europa?"
Wir spüren natürlich angesichts voller Supermärkte keine Krise der Nahrungsmittelproduktion. Doch im großen, globalen Bild, das Valentin Thurn in seiner Dokumentation zeichnet, sieht das anders aus. Ressourcen gehen zu Ende. Valentin Thurn kommt zu dem Schluss, dass nur die Produktion von Nahrung aus der eigenen Region und dem eigenen Land langfristig zehn Milliarden wird ernähren können. Dabei bezieht Valentin Thurn in seinem im besten Sinne polemischen Dokumentarfilm eindeutig Stellung, ohne allerdings in demagogisches Agitieren zu verfallen.
"Weil, es gibt auch nicht nur eine Lösung auf der Welt."
"10 Milliarden", der Film, bietet quasi einen Diskurs, in den wir einsteigen können. Am Ende ihrer durchaus bedrückenden Analyse verbirgt sich in dieser Dokumentation Hoffnung wie der implizite Impuls: Beim nächsten Einkauf nämlich praktisch zu reagieren und lokale Erzeuger zu unterstützen. Das ist dann wohl der Schritt in die Zukunft.
"10 Milliarden" von Valentin Thurn - empfehlenswert.
"Me, me, me, me. Me myself an I."
Jazz von 1958. Hinter dieser alten Platte war Michel, Zahnarzt mit Gattin, Geliebter, ungeratenem erwachsenen Sohn sowie spanischer Putzfrau seit ewigen Zeiten her.
"Sieh mal, was ich gefunden habe."
Um sie dann einmal in seiner großbürgerlichen Pariser Wohnung über die großbürgerliche HiFi-Anlage zu hören. Ungestört!
"Als ich mit meiner Sammlung anfing, habe ich mir gesagt: An dem Tag, wo du dir in Ruhe 'Me myself an I' anhören kannst, bist du ein glücklicher Mensch. - Können wir kurz reden, bevor du die auflegst?"
Das wird nicht die einzige Störung sein, die dieser eitle Fatzke erleben muss. "Me myself & I" ist nicht nur Plattentitel, sondern auch Psychogramm, das Regisseur Patrice Leconte in "Nur eine Stunde Ruhe!" von Michel alias Christian Clavier zeichnet. Clavier spielt hier in gewisser Weise Claude aus "Monsieur Claude und seine Töchter" in Louis-de-Funés-Manier weiter, allerdings ohne den durchgeknallten Anarchismus, mit dem Funés seine Chaos-Filme ja immer grundwürzte. Am Ende wird Michel mit seinem demenzkranken Vater die geliebte Platte hören. Ungestört, auch wenn sie mal ein bisschen hakt. Und sehet: Er ward ein guter Mensch. Arg vorhersehbar.
"Nur eine Stunde Ruhe" von Patrice Leconte - annehmbar.