"Lucky" von John Carrol Lynch
Vielleicht erschaffen ja extreme Landschaften auch extreme Charaktere, was wahrscheinlich gilt für Lucky und die Wüste von Arizona. Lucky: Eigenbrötler, Besserwisser, Alltagsphilosoph. Den 90-Jährigen sehen wir am Anfang von John Carroll Lynchs gleichnamigem Film - ein alter Körper, verbeult vom Leben -, wie er sich wäscht. Dann ein paar Yoga- Übungen, die erste Zigarette, ein Glas Milch. Später, …
"Lucky! Eine Bloody Maria? - Por favor!"
… in seiner Kneipe …
"Das Wort des Tages, Lucky."
… philosophiert er, wie üblich, vor den anderen.
"Realismus ist eine Sache. - Was bedeutet das? - Es ist die Praxis, eine Situation so zu akzeptieren, wie sie ist. Und die Bereitschaft zu haben, entsprechend mit ihr umzugehen."
Beispielsweise: dem Alter. Lucky bekommt Probleme. Eines morgens nämlich, im Badezimmer, fällt er einfach um. Der Arzt ist ziemlich provozierend in seinem Realismus:
"Irgendwann ist die Maschine eben kaputt, mein Freund."
"Lucky", Harry Dean Stantons letzter Film, ist eine betörende, grandiose und - wie sich's gehört - melancholische Meditation über das Altern und die Vergänglichkeit. Mit einem wunderschönen Happyend, wenn Lucky, der - wie er dann doch zugibt - Angst vor dem Tod hat, in der Wüste vor einem großen Kaktus-Baum steht und nur lächelt; lächelt und weggeht.
"Lächeln."
"Lucky" von John Carrol Lynch - herausragend
"Arthur & Claire" von Miguel Alexandre
Arthur - Josef Hader - hat Krebs und will in Amsterdam Sterbehilfe in Anspruch nehmen. Also noch einmal die Vergänglichkeit. Letzter Abend: Abschiedsbrief im Hotel bei einem Glas Rotwein. In Ruhe. Doch das Heavy-Metall-Gedröhne aus dem Nebenzimmer will dazu nicht passen. Arthur donnert an die Tür und findet vor einem Berg von Schlaftabletten eine junge, lebensmüde Holländerin, die allerdings nicht auf den Mund gefallen ist.
"Marschieren Sie immer in fremde Zimmer? Machen die Deutschen das immer noch so? - Ich weiß nicht, was die Deutschen machen. Ich bin Österreicher. - Noch schlimmer."
Sagt's und rast raus ins nächtliche Amsterdam. Ihr auf den Fersen der kurzatmige - weil Lungenkrebs! - Arthur. Regisseur Miguel Alexandre inszeniert mit seinem Film "Arthur & Claire" einen tragikomischen Streifzug durch die Nacht. Alles kreist um die Frage, ob es sich angesichts des Todes oder angesichts des Wunsches, aus Verzweiflung zu sterben, nicht doch vielleicht lohnt, etwas weiter zu leben.
"Falsches Timing."
Arthur und Claire sind wie Katz und Hund; und die Male, die die junge Frau, Mutter einer Tochter, die gestorben ist, wutschnaubend aufspringt und weglaufen will vor Arthur oder sich selbst, kann man kaum zählen. "Arthur & Claire" plätschert ein wenig durch die verschiedenen Stationen dieser Nachtfahrt dahin, aber das wunderbare Spiel von Josef Hader und Hannah Hoekstra machen das am Ende wett.
"Arthur & Claire" von Miguel Alexandre - empfehlenswert
"Molly's Game" von Aaron Sorkin
Eine junge Frau kurz vor dem großen Sieg im Skispringen; dann ein Sturz. Ende einer Karriere. Doch jemand wie Molly, die von ihrem Vater zur Leistung konditioniert wurde, muss, wird wieder aufstehen. Phoenix aus der Asche. So wird Molly Bloom, die Jessica Chastain im Film "Molly's Game - Alles auf eine Karte" spielt, Assistentin in illegalen Pokerspielen, aber bald, …
"Ich betrieb die größte Pokerrunde der Welt."
… bald ist sie die "Poker-Prinzessin".
"Über Nacht erzählten sich Spieler in London, Tokio und Dubai von dieser Pokerrunde."
Molly ist erfolgreich und einsam. Aufputschmittel, Koks und so weiter halten sie am Laufen, bis das FBI auf den Plan tritt und die "Poker-Prinzessin" einen Anwalt - gespielt von Idris Elba - braucht. Illegales Glücksspiel? "Molly's Game" von Regisseur Aaron Sorkin erzählt Mollys "Karriere" als Rückblende in perfekt inszenierten Bildern. Eine Reise in die Welt glamouröser, aber eben auch leicht zwielichtiger Pokerrunden in Luxushotels. Das Problem an diesem mehr als zwei Stunden langen und leider zu lang wirkenden Film ist aber genau diese Perfektion. "Molly´s Game" wirkt zu glatt. Und das Pokerspiel, dass schon manchen Film zum Thriller hat werden lassen, interessiert hier wenig. Vor allem geht es um das Leistungstrauma dieser schönen wie einsamen Frau. Was uns am Ende aber vollkommen kalt lässt.
"Molly's Game" von Aaron Sorkin - enttäuschend