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Von Erotik und Leidenschaft erzählt die französische Filmemacherin Lou Jeunet in "Curiosa". Mark Wahlberg ermittelt als ehemaliger Polizist im Action- und Buddy-Movie "Spenser Confidential" und von moderner Sklaverei handelt der australische Film "Buoyancy".

Von Hartwig Tegeler |
zwei Männer sitzen auf einem Sofa und unterhalten sich
Mark Wahlberg und Alan Arkin in "Spenser Confidential" (www.imago-images.de (Daniel McFadden))
"Warum siehst Du mich nicht an? - Sieh mich an." In Lou Jeunets Film "Curiosa" geht es um Verlockungen und Blicke und um die Freiheit von Liebe, Lust und Erotik. Als Gegen-Entwurf zu den Einschränkungen, die im Frankreich an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert – Belle Époche – Frauen nicht nur sprichwörtlich in ein Korsett zwängten. Marie – wunderbar gespielt von Noémie Merlant - zuletzt zu sehen in "Porträt einer jungen Frau in Flammen" -, Marie, die Henri heiratet, sagt in "Curiosa" zu ihren beiden Schwestern: "Welch Komödie lässt man uns zu verheiratende Mädchen spielen. Wir sind wie Häuser, die zum Verkauf stehen und die vorher nicht vermietet werden dürfen. Wir dürfen uns besichtigen lassen, doch keinesfalls auf jeder Etage."
Die verheiratete Marie verliebt sich in Pierre; er beginnt, von ihr erotische Fotografien zu machen, und sie entdeckt dabei ihre Lust: "Pierre, du musst wissen, dass es mir viel bedeutet, dass du mich in Posen fotografierst, die der Sittlichkeit widersprechen."
Grenzenlose Lust und begehrliches Schauen
"Curiosa" ist eingewoben in eine wunderbare Aura von Sinnlichkeit. Es gibt im Spielfilmdebüt von Lou Jeunet keine Begrenzungen der Lust und des lustvollen, begehrlichen Schauens. Und die Selbstverständlichkeit, mit der Noémie Merland, Niels Schneider oder Camélia Jordana als Marie, Pierre und ihre Geliebte Zohra nackt vor der Kamera agieren, hat nichts Schamhaftes, Peinliches, Obszönes oder gar Pornographisches, sondern vor allem Befreiendes. Lou Jeunet – eine Regisseurin - entwirft ein Frauenbild, in dem die leidenschaftlich begehrende Frau am Ende keine Bestrafung erfährt. Marie wird das, was sie immer werden wollte: Schriftstellerin. Sie fragt ihren Ehemann, den sie jahrelang selbstbewusst betrogen hat - "Ich liebe Sie nicht" - ob er lesen mag, was sie geschrieben hat:
"Ich habe begonnen zu schreiben. Würden Sie es lesen? Ihre Meinung ist mir sehr wichtig. - Natürlich. Ich vermute, es ist eine Liebesgeschichte."
"Curiosa" von Lou Jeunet – als VideoOnDemand - herausragend.
"Nein, nein, Du bekommst nicht die Knarre". Was haben Bruce Willis – 1955 geboren – und Mark Wahlberg – er erblickte 1971 das Licht der Welt -, was haben sie gemeinsam? In Peter Bergs Buddy-Movie "Spenser Confidential" wirkt Wahlberg wie Willis in seinen großen "Die Hard"-Auftritten in den 1980er und 90er Jahren.
"Was zum Teufel willst du hier, Spenser? - Ich weiß jetzt über ´Wonderland´ Bescheid und dass du tief mit drin steckst."
Von Desaster zu Desaster, dasder Ex-Cop Spenser erlebt, wirkt er immer zerknitterter und die blutigen Schrammen in seinem Gesicht behält er den ganzen Film über. Kurzum: "Spenser Confidential" ist ein sehr physischer Actionfilm, und sein Personal – der boxende Ex-Cop, sein schwarzer Martial-Arts-Buddy und der alte Mentor aus dem Box-Club, Alan Arkin spielt ihn – schlagen sich wacker durch eine Geschichte von korrupten Cops, die zusammen mit Gangs Drogengeld waschen wollen, um in der legalen Wirtschaft zu investieren.
Effektiv inszenierte Geschichte
Das ist nun keine sehr originelle, aber sehr effektiv inszenierte Geschichte. Soll heißen: Mark Wahlberg spielt Spenser wunderbar gradlinig mit einem einfachen moralischem Kodex: "Haben Sie die Polizei gerufen. - Nein, ich meine, wieso auch. Wahrscheinlich waren die es. Warum tun Sie das alles? - Ich tue das, weil es das Richtige ist."
Damit mag man nicht im Leben bestehen, aber für 110 Minuten wuchtiges Actionkino funktioniert das schon wie damals, als Bruce Willis noch austeilte, vor allem aber einsteckte.
Spenser Confidential – bei Netflix – empfehlenswert.
Der kleine, aber "feine" Streaming-Dienst Mubi, der vor allem Klassiker, Kult-Filme und Festival-Hits präsentiert, ausgewählt nicht von einem Algorithmus, sondern von einer Redaktion, bietet in seinem Berlinale-Spezial Highlights aus den vergangenen Ausgaben der Filmfestspiele. Einer von ihnen "Buoyancy", Rodd Rathjens Film. Er bekam 2019 in Berlin den Preis der Ökumenischen Jury. "
Buoyancy" - als Premiere auf dem Mubi-Portal zu sehen - erzählt von Charka, einem 14-jährigen Jungen aus Kambodscha, der nach Thailand will, um sein eigenes Geld zu verdienen, aber als Sklave auf ein Fischerboot verkauft wird. "Buoyancy" basiert auf den Erfahrungen von Zwangsarbeitern in Südostasien, die Rodd Rathjens in seinem Spielfilm verarbeitet hat.
Beklemmendes Kammerspiel
So ist ein beklemmendes Kammerspiel entstanden, das fast nur auf dem Fischerboot spielt und erzählt, wie Chakra den Horror, die Gewalt und den Terror erlebt, überlebt, den die Bootsbesitzer auf ihn und die anderen ausüben. Bis schließlich die Gewalt explodiert und die Geschundenen zurückschlagen.
"Buoyancy" ist mit Laiendarstellern gedreht und wirft einen alptraumhaft, aber auch spannend inszenierten Blick auf eine brutale Welt, die ganz und gar von dieser Realität ist. Er erzählt von denjenigen , die aufbrechen in ein neues, besseres Leben, von dem nie sicher ist, dass sie es erreichen.
"Buoyancy" von Rodd Rathjens – nur bei Mubi – herausragend.