"Wiener Dog" von Todd Solondz
"Ist echt super, dass du einen neuen Hund hast. Er ist echt süß. Wie heißt er? Tumor. Wieso nennst du ihn so? Fühlt sich richtig an."
Trocken und bitter: Das ist der Humor von Todd Solondz, Nach seinen beiden tragikomischen Filmen "Willkommen im Tollhaus" und "Happiness" galt der Regisseur aus New Jersey in den späten 1990er-Jahren als eine der größten Hoffnungen jenseits des US-Mainstream-Kinos. Doch nach weiteren vier, eher belanglosen Filmen, ist er fast schon in Vergessenheit geraten. Erst jetzt wieder kehrt Solondz zu alter Form zurück. Und das mit einem Episodenfilm, in dem die inhaltliche Klammer ein Dackel ist, im amerikanischen Slang ein Wiener Dog.
"Wie heißt er? Tumor"
Es wird der Name sein, den der Dackel von seiner letzten Besitzerin, einer alten, von Ellen Burstyn gespielten Frau, bekommen wird. In den vier Episoden, die Todd Solondz in "Wiener Dog" präsentiert, bleibt der Dackel immer derselbe, während die Besitzer im Laufe seines Hundelebens wechseln.
"Kastrieren – was bedeutet das?"
Fragt ein neunjähriger Junge, der die Hündin als Spielkameradin von seinem Vater geschenkt bekommt. Er ist der erste Besitzer von Wiener Dog. Die Mutter des Jungen ist allerdings alles andere als begeistert von dem neuen Familienmitglied und redet sich beim Versuch, ihrem Sprössling den Unterschied zwischen Mensch und Tier zu erklären, um Kopf und Kragen.
"Sie ist nicht so wie wir beide. Sie denkt nicht so wie wir. Sie denkt gar nicht. Ich meine, sie ist nur ein Hund. Aber sie hat doch Gefühle. Hunde sind keine Menschen. Hunde sind Tiere. Ohne uns gäbe es sie gar nicht."
Durch Umstände, die mal erklärt werden, mal nicht, landet die Hündin zunächst bei einer jungen Frau, dann bei einem New Yorker Schauspiellehrer und zum Schluss bei der alten Frau. Die Geschichten – so verschieden sie auch sind – vereint die Tristesse ihres Alltags. Regisseur Solondz setzt – wie auch schon in seinen früheren Filmen – auf die Überzeichnung seiner Figuren, indem er ihre Handlungen und Emotionen auf das Nötigste beschränkt.
"Vielleicht tauschen wir unsere E-Mail-Adressen aus oder treffen uns mal. Wir treffen uns doch gerade."
Es entstehen nicht nur absurd-komische Momente, sondern auch wunderbar melancholische über die Einsamkeit und die Endlichkeit des Lebens. Vielleicht aber lautet die Botschaft des überzeugten Misanthropen Todd Solondz ja auch nur – in Anlehnung an ein Zitat von Loriot: "Ein Leben ohne Dackel ist möglich, aber sinnlos."
"Wiener Dog": empfehlenswert
"Legend of Tarzan" von David Yates
"Er ist Tarzan, sie sind Jane. Er wird sie holen."
Nicht, dass jemand ernsthaft auf ein neues "Tarzan"-Abenteuer gewartet hätte, aber auf der Suche nach Stoffen für die Generation der Kinogänger unter 25 werden schlicht die alten Filmstoffe recycelt und mit neuester Tricktechnik aufgemotzt. Im Fall von "Legend of Tarzan" ist das Ergebnis ein komplett affiger Neuaufguss, in dem der Herr des Dschungels gegen jeden x-beliebigen Superhelden ausgetauscht werden kann.
"Und was haben Sie jetzt vor? Ihr Anführer wird herkommen und wir kämpfen."
So steril die getricksten Szenen, so aseptisch agiert das komplette Personal eines Films, dessen Geschichte einfach nicht mitreißend ist. Vom Titelhelden bleibt nur das antrainierte Waschbrett in Erinnerung und von Christoph Waltz sein mittlerweile überstrapaziertes Bösewicht-Gehabe. In einer Szene muss er über Tarzans Schrei sagen: "Klingt irgendwie anders, als ich es mir vorgestellt habe." Wie der Film! Der sieht auch anders aus, als ich es mir vorgestellt habe.
"Legend of Tarzan": ärgerlich
"Zeit für Legenden" von Stephen Hopkins
"Das amerikanische Volk sehnt sich nach Gewinnern. Damit es sich erinnert, wozu es fähig ist."
Deswegen leisten, seit es das Kino gibt, Heldenepen aus Hollywood immer auch ihren Teil der Propaganda. Erfreulicherweise hebt sich die jetzt verfilmte Geschichte über den Leichtathletikstar Jesse Owens von dem üblen Agitationsfilm ab, den Angelina Jolie 2014 mit "Unbroken" über den Läufer und Kriegshelden Louis Zamperini gedreht hat. Zamperini war ebenfalls Teilnehmer der Olympischen Spiele 1936.
"Willst du eine Goldmedaille gewinnen? Klar doch. Vielleicht in Berlin? Man sagt, die hätten da drüben nicht viel für Farbige übrig. Viele Fans habt ihr hier in Columbus auch nicht."
Jesse Owens: das ist der schwarze Student aus einfachen Verhältnissen, der einen Rekord nach dem anderen brechen und am Ende Olympiasieger werden wird. Flankiert von den Themen Rassismus in den Staaten und im Dritten Reich, liefert Regisseur Stephen Hopkins in "Zeit für Legenden" die in so vielen Filmbiographien übliche chronologische Nacherzählung ab.
Weder am Drehbuch noch am Spiel der Darsteller – in der Rolle von Owens ist der noch weitgehend unbekannte Stephen James zu sehen – gibt es viel auszusetzen. "Zeit für Legenden" ist solide. Mehr nicht. Die wirklich interessanten Heldengeschichten beginnen da, wo die Brüche in einem Lebenslauf erkennbar sind. Auch bei Jesse Owens gab es diese. Vor allem nach Olympia. Das aber wäre ein anderer Film geworden.
"Zeit für Legenden": akzeptabel