"What Happened to Monday" von Tommy Wirkola
Die Welt in "What Happened to Monday" dystopisch zu nennen, wäre untertrieben.
"Haben Sie sich schon einen Namen überlegt? - Es sind sieben, wie die Wochentage."
Also nennt Terence die sieben Waisen Monday, Tuesday, Wednesday und so weiter. Es herrscht rigide Ein-Kind-Politik. "Überschüssige" - zynisch gesprochen - Geschwister werden angeblich in einen Krypto-Schlaf versetzt. Deswegen versteckt Großvater Terence seine sieben Enkelinnen über Jahre in einer Wohnung. Bis zu diesem Tag:
"Von morgen an wird jede von euch an dem Tag das Haus verlassen, der ihren Namen trägt."
Jede trägt das gleiche Outfit, aber die sieben Mädchen - später Frauen - laufen ständig Gefahr, entdeckt zu werden:
"Egal, wo ihr seid, egal, was ihr macht, ihr dürft keinem Menschen sagen, dass ihr Geschwister habt, ganz wichtig."
Als Monday eines Tages nicht zurückkehrt, müssen die anderen um ihre geheime Existenz bangen. Alle Schwestern werden in "What Happened to Monday" von Noomi Rapace gespielt. Faszinierend, wie die Schwedin unterschiedliche Charaktere erschafft - die Kampfsportlerin, die verträumte Nerd-Frau oder die Sekretärin im Anzug. Das Drehbuch fordert von Noomi Rapace allerdings in der zweiten Hälfte von "What Happened to Monday" weniger "Charakter" denn Action. Dass sie die drauf hat, bewies die Schauspielerin bereits als Lisbeth Salander in der "Millenium"-Trilogie. So schauen wir ihr weiter fasziniert zu, auch wenn Regisseur Tommy Wirkola seine dunkle Zukunftsvision der Action geopfert hat.
"What Happened to Monday": annehmbar
"Pre-Crime" von Monika Hielscher und Matthias Heeder
Die Welt im Dokumentarfilm "Pre-Crime" von Monika Hielscher und Matthias Heeder dystopisch zu nennen, wäre ebenfalls untertrieben. Der Begriff "Pre-crime" ist dem Science-Fiction-Film "Minority Report" entlehnt. Die Vorhersage zukünftiger Verbrechen erfolgt allerdings in der Realität nicht mit Hilfe menschlicher Medien - wie im Film -, sondern mittels Algorithmen.
Verschiedene Polizeibehörden wie in Chicago oder im britischen Kent nutzen eine Software, die sie mit riesigen Datenbanken kombinieren. Monika Hielscher und Matthias Heeder sprechen in "Pre-Crime" mit Experten und Kritikern, mit Polizisten und Datenschützern und werfen einen verstörenden Blick auf eine Gesellschaft, in der all die Daten, die Internetgiganten wie Google oder Apple oder Facebook von uns sammeln, inzwischen an Polizeibehörden verkauft werden. Wie der Film klarmacht.
Das Ziel der Polizei: Profilbilder erstellen, die es angeblich möglich machen, Verbrechen vorherzusagen. "Pre-Crime" hinterlässt einen ziemlich sprachlos angesichts solch rasanter technologischer Eigendynamik. Notwendig, diesen Film zu schauen. Angenehm ist das nicht.
"Pre-Crime": empfehlenswert
"Happy End" von Michael Haneke
Die Welt in "Happy End" von Michael Haneke dystopisch zu nennen, auch das wäre untertrieben. Das Porträt einer großbürgerlichen Industriellen-Familie, deren Existenz den Bach runtergeht, diesen Film kann man gerne als emotionalen Action-Film sehen. Am Anfang filmt die Tochter das Sterben ihrer Mutter und lädt die Bilder ins Netz hoch. Dann kommt sie zu Vater und Großvater und Tante. Bei denen darf sie ähnliche familiäre Minenfelder erleben. Auch wenn alles noch sehr höflich daherkommt.
"Ich wäre euch dankbar, wenn ihr euer Gezänke auf später verschieben könntet. Wäre das wohl möglich? - Ja."
In "Happy End" ist Michael Hanekes Objekt die Großbourgeoisie, deren Vertreter von Isabelle Huppert, Jean-Louis Trintignant und Mathieu Kassovitz grandios gespielt werden in ihrer kommunikativen Verkrüppelung. Die Faszination von "Liebe" oder "Das weisse Band", den vorherigen Filmen von Michael Haneke, löst "Happy End" allerdings nicht aus. Dass Motive wie die "emotionale Vergletscherung", so ein Haneke-Begriffe, hier wie beispielsweise 1992 in "Benny's Video" erneut verhandelt werden, wirkt notwendig, aber auch ein wenig wie eine Wiederholung.
"Happy End" : empfehlenswert