Karma Nirwana, ein asiatisches Frauenzentrum in Derby, Mittelengland. Jeden Tag rufen Dutzende verzweifelter Mädchen an, weil sie von ihren Familien gezwungen werden, jemanden zu heiraten, den sie nicht lieben.
"Eben sprach ich mit einer 20-Jährigen. Sie sollte nach Pakistan geschickt werden. Jetzt ist sie ausgerissen und hat Angst, dass sie von ihrem Vater getötet wird,"
erzählt Jasvinder Sanghera, die Leiterin des Zentrums. Ein aus dem Ursprungsland importierter Ehepartner soll dafür sorgen, das kulturelle Erbe zu wahren. Am besten, es handelt sich auch gleich noch um einen Cousin. Dann bleibt das Eigentum in der Familie. Seine Belohnung: ein Visum nach Großbritannien.
"In bestimmten Migranten-Gemeinden wird eine Frau als Ware betrachtet, die das Einkommen und Ansehen der Familie steigert, je nachdem wen sie heiratet und wie sie sich benimmt,"
sagt James Brandon, Co-Autor einer Studie zum Thema Ehrenverbrechen in Großbritannien.
"Wenn man dieses Konzept verstanden hat, wird klar, warum manche Familien extreme Maßnahmen ergreifen, um ihre 'Ehre' zu schützen, beziehungsweise wiederherzustellen. Es geht schlichtweg um Geld."
Offiziellen Schätzungen zufolge werden in Großbritannien jedes Jahr mindestens zwölf Ehrenmorde begangen. Über die tatsächlichen Zahlen kann man nur spekulieren. Der Prozentsatz von Selbstmorden und Selbstverletzungen unter jungen Südasiatinnen liegt weit über dem Landesdurchschnitt. Die Polizei untersucht Dutzende suspekter Hausbrände und Unfälle, bei denen asiatische Frauen ums Leben kamen. Andere Mädchen verschwinden einfach. Oft würden sie ins Ursprungsland ihrer Eltern entführt und dort zwangsverheiratet, erzählt Jasvinder Sanghera.
"In Bradford hat man Schulen mit hohem asiatischen Bevölkerungsanteil nach der genauen Kopfzahl ihrer Kinder befragt. Nach den Sommerferien wurden 200 Mädchen vermisst. Alle waren im Teenageralter zwischen 13 und 16 Jahre alt."
Kritiker sagen, britische Ämter hätten das Problem jahrzehntelang unter den Tisch gekehrt, weil sie davor zurückscheuten, sich in heikle multikulturelle Angelegenheiten einzumischen und nicht des Rassismus bezichtigt werden wollten. Aber inzwischen ist die Regierung aktiv geworden: Seit drei Jahren gibt es eine Abteilung, die gemeinsam vom Innen- und Außenministerium betrieben wird, um Fälle von Zwangsheirat zu bekämpfen: die Forced Marriage Unit. Ihr Leiter ist Wayne Ives.
"Zwei Drittel der Fälle passieren in pakistanischstämmigen Familien. Ein Drittel der Opfer sind Minderjährige, manche erst 13 Jahre alt. Im Sommer haben wir besonders viel zu tun, das ist eine beliebte Hochzeitssaison in Pakistan. Die Mädchen merken oft erst nach der Landung, was ihre Familien vorhaben.
Vor kurzem machten wir eine 15-Jährige in Pakistan ausfindig: Glücklicherweise hatte ihre Freundin in Nordengland Alarm geschlagen. Außerdem war ihr Fall den Sozialbehörden bereits bekannt. Das Mädchen wurde von britischen Diplomaten in einem pakistanischen Dorf geortet und nach Großbritannien zurückgebracht."
Wayne Ives arbeitet eng mit der Polizei und den Einwanderungsbehörden zusammen, sowie mit Schulen und Frauenhilfsorganisationen. Die neuen Bestimmungen, die nun in Kraft treten, um Zwangsheiraten zu erschweren, gehen maßgeblich auf Empfehlungen der Forced Marriage Unit zurück. Eine ebenfalls wichtige Rolle spielte die britische Kronstaatsanwaltschaft. Ihr Direktor Nazir Afsal ist selbst pakistanischer Herkunft. Er konzentriert sich schon seit Jahren auf die Ermittlung von Ehrenverbrechen in Großbritannien.
"Im Rahmen der neuen Bestimmungen muss jeder, der im Ausland heiraten will, seine Absicht vor der Ausreise klar dokumentieren. Wir hatten Fälle, wo Mädchen mit Betäubungsmitteln vollgepumpt und dann ins Flugzeug nach Pakistan gesetzt wurden."
Außerdem wird das Heirats- und Zuzugsalter auf 21 Jahre heraufgesetzt. Bis dahin haben junge Menschen ihre Ausbildung abgeschlossen und sind eher imstande, eigenständige Entscheidungen zu treffen, meint Nazir Afsal. Potentielle Ehepartner müssen Englischkenntnisse nachweisen.
Aber dies sei nur der erste Schritt. Am allerwichtigsten sei es, der heranwachsenden Generation klarzumachen, dass Zwangsehen eine Menschenrechtsverletzung darstellen, die unter keinen Umständen - vor allem auch nicht mit religiösen Argumenten - gerechtfertigt werden können.
"Eben sprach ich mit einer 20-Jährigen. Sie sollte nach Pakistan geschickt werden. Jetzt ist sie ausgerissen und hat Angst, dass sie von ihrem Vater getötet wird,"
erzählt Jasvinder Sanghera, die Leiterin des Zentrums. Ein aus dem Ursprungsland importierter Ehepartner soll dafür sorgen, das kulturelle Erbe zu wahren. Am besten, es handelt sich auch gleich noch um einen Cousin. Dann bleibt das Eigentum in der Familie. Seine Belohnung: ein Visum nach Großbritannien.
"In bestimmten Migranten-Gemeinden wird eine Frau als Ware betrachtet, die das Einkommen und Ansehen der Familie steigert, je nachdem wen sie heiratet und wie sie sich benimmt,"
sagt James Brandon, Co-Autor einer Studie zum Thema Ehrenverbrechen in Großbritannien.
"Wenn man dieses Konzept verstanden hat, wird klar, warum manche Familien extreme Maßnahmen ergreifen, um ihre 'Ehre' zu schützen, beziehungsweise wiederherzustellen. Es geht schlichtweg um Geld."
Offiziellen Schätzungen zufolge werden in Großbritannien jedes Jahr mindestens zwölf Ehrenmorde begangen. Über die tatsächlichen Zahlen kann man nur spekulieren. Der Prozentsatz von Selbstmorden und Selbstverletzungen unter jungen Südasiatinnen liegt weit über dem Landesdurchschnitt. Die Polizei untersucht Dutzende suspekter Hausbrände und Unfälle, bei denen asiatische Frauen ums Leben kamen. Andere Mädchen verschwinden einfach. Oft würden sie ins Ursprungsland ihrer Eltern entführt und dort zwangsverheiratet, erzählt Jasvinder Sanghera.
"In Bradford hat man Schulen mit hohem asiatischen Bevölkerungsanteil nach der genauen Kopfzahl ihrer Kinder befragt. Nach den Sommerferien wurden 200 Mädchen vermisst. Alle waren im Teenageralter zwischen 13 und 16 Jahre alt."
Kritiker sagen, britische Ämter hätten das Problem jahrzehntelang unter den Tisch gekehrt, weil sie davor zurückscheuten, sich in heikle multikulturelle Angelegenheiten einzumischen und nicht des Rassismus bezichtigt werden wollten. Aber inzwischen ist die Regierung aktiv geworden: Seit drei Jahren gibt es eine Abteilung, die gemeinsam vom Innen- und Außenministerium betrieben wird, um Fälle von Zwangsheirat zu bekämpfen: die Forced Marriage Unit. Ihr Leiter ist Wayne Ives.
"Zwei Drittel der Fälle passieren in pakistanischstämmigen Familien. Ein Drittel der Opfer sind Minderjährige, manche erst 13 Jahre alt. Im Sommer haben wir besonders viel zu tun, das ist eine beliebte Hochzeitssaison in Pakistan. Die Mädchen merken oft erst nach der Landung, was ihre Familien vorhaben.
Vor kurzem machten wir eine 15-Jährige in Pakistan ausfindig: Glücklicherweise hatte ihre Freundin in Nordengland Alarm geschlagen. Außerdem war ihr Fall den Sozialbehörden bereits bekannt. Das Mädchen wurde von britischen Diplomaten in einem pakistanischen Dorf geortet und nach Großbritannien zurückgebracht."
Wayne Ives arbeitet eng mit der Polizei und den Einwanderungsbehörden zusammen, sowie mit Schulen und Frauenhilfsorganisationen. Die neuen Bestimmungen, die nun in Kraft treten, um Zwangsheiraten zu erschweren, gehen maßgeblich auf Empfehlungen der Forced Marriage Unit zurück. Eine ebenfalls wichtige Rolle spielte die britische Kronstaatsanwaltschaft. Ihr Direktor Nazir Afsal ist selbst pakistanischer Herkunft. Er konzentriert sich schon seit Jahren auf die Ermittlung von Ehrenverbrechen in Großbritannien.
"Im Rahmen der neuen Bestimmungen muss jeder, der im Ausland heiraten will, seine Absicht vor der Ausreise klar dokumentieren. Wir hatten Fälle, wo Mädchen mit Betäubungsmitteln vollgepumpt und dann ins Flugzeug nach Pakistan gesetzt wurden."
Außerdem wird das Heirats- und Zuzugsalter auf 21 Jahre heraufgesetzt. Bis dahin haben junge Menschen ihre Ausbildung abgeschlossen und sind eher imstande, eigenständige Entscheidungen zu treffen, meint Nazir Afsal. Potentielle Ehepartner müssen Englischkenntnisse nachweisen.
Aber dies sei nur der erste Schritt. Am allerwichtigsten sei es, der heranwachsenden Generation klarzumachen, dass Zwangsehen eine Menschenrechtsverletzung darstellen, die unter keinen Umständen - vor allem auch nicht mit religiösen Argumenten - gerechtfertigt werden können.