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Neue Glut im Brandherd Kaschmir

Um die Grenzregion Kaschmir gibt es zwischen Indien und Pakistan seit langem Konflikte. Nachdem vor wenigen Tage wieder fünf indische Soldaten an der Waffenstillstandslinie gestorben sind, haben sich die indisch-pakistanischen Beziehungen erneut gefährlich eingetrübt.

Von Kai Küstner (ARD Neu Delhi) |
    Mit Trompeten-Fanfaren und Gewehrschüssen in die Luft nimmt Indien Abschied von seinen Soldaten. Wieder einmal. Anfang August waren im unruhigen Kaschmir, an der Grenze zu Pakistan, fünf Militärs getötet worden. Erneut hatte sich gezeigt: An einer der gefährlichsten Grenzen der Welt wird allzu oft nicht in die Luft geschossen, sondern sehr gezielt:

    "Es ist jetzt klar, dass pakistanische Spezialeinheiten in den Angriff verwickelt waren, als eine Gruppe unsere tapferen Soldaten getötet hat. Wir alle wissen, dass von der pakistanischen Seite der Waffenstillstands-Linie nichts ohne die Hilfe und Unterstützung und oft auch direkte Verstrickung der pakistanischen Armee geschieht","

    ...erklärte wenige Tage nach dem Vorfall Indiens Verteidigungsminister im Parlament. Das waren deutliche Worte an die Adresse Pakistans. Nachdem sich kurz zuvor die hindu-nationalistische Oppositionspartei BJP noch beschwert hatte, dass die Regierung eine zu weiche Haltung dem feindseligen Nachbarn gegenüber einnehme.

    Es waren keine Massen-Proteste – aber natürlich verbrannten Anhänger der rechten Oppositions-Partei BJP in Indien die grünen Flaggen mit dem Halbmond darauf und riefen: "Tod Pakistan!" Das ist nicht neu, doch es gibt zwei Gründe, die verschärfend auf die Lage wirkten: Zum einen befinden sich die Parteien in Indien im Grunde schon im Wahlkampf-Modus. Da will keiner so wirken, als würde er auch nur einen Fingerbreit dem erzverfeindeten Nachbarn nachgeben. Zum anderen stand kurz nach dem Vorfall sowohl für Pakistan als auch für Indien der jeweilige Unabhängigkeitstag an. An denen beiden Ländern noch einmal schmerzvoll in Erinnerung gerufen wird, wie blutig und qualvoll die Teilung 1947 ablief:

    Natürlich sah sich Indiens Premier Manmohan Singh gezwungen, in seiner Rede an die Nation zum Unabhängigkeitstag auf die tödlichen Schüsse an der Grenze in Kaschmir einzugehen. Ihn und seine eher auf Mäßigung und Annäherung bedachte Regierung bringt jeder Anschlag in Indien, jeder tödliche Vorfall an der Grenze in eine missliche Lage. Jeder weiß, dass sich Frieden und wirtschaftlicher Fortschritt nur erreichen lassen, wenn Indien und Pakistan sich annähern. Aber wenn man zu weich reagiert, schlachtet die rechte Opposition das gnadenlos aus.

    ""Wir haben stets Frieden angestrebt mit unseren Nachbarn. Wenn sich aber die Beziehungen zu Pakistan verbessern sollen, dann muss es dafür sorgen, dass sein Territorium nicht für anti-indische Aktivitäten genutzt wird."

    So Premier Manmohan Singh. Der damit ein Dauer-Problem aufgreift: Wiederholt ließ sich in der Vergangenheit die Spur von Attentätern in Indien nach Pakistan zurückverfolgen. So auch bei dem drei Tage währenden Amoklauf gleich mehrerer Angreifer in Mumbai 2008. Pakistans Regierung wäscht seine Hände dann stets in Unschuld und beteuert, es handle sich um Terrorgruppen, die sich ihrer Kontrolle entzögen. Das Problem: Es ist bekannt, dass die Militärs oder Teile der Armee jahrzehntelang diese Gruppen geschützt, wenn nicht gar gefördert haben. Und so führt dann jeder neue Übergriff fast unweigerlich zu gegenseitigen Schuldzuweisungen:

    "Die jüngsten, wiederholten Übergriffe an der Waffenstillstands-Linie sind Ausdruck der indischen Politik. Die wollen uns für ihre Schwäche verantwortlich machen. Wenn die die Situation in Kaschmir nicht unter Kontrolle bekommen, sollten sie bei sich selbst nach den Ursachen suchen."

    So in scharfem Ton Pakistans Innenminister. Die tödlichen Schüsse auf die indischen Soldaten kamen zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die beiden Atommächte vorsichtig angenähert hatten. Zu dem Indiens Presse fast überglücklich die Wahl von Nawaz Sharif zum neuen Premier in Pakistan gefeiert hatte. Der auch sogleich Gespräche mit Indiens Premier in Aussicht gestellt hatte. Es gibt aber natürlich Kräfte, die eine Annäherung mit aller Macht verhindern wollen: die Islamisten in Pakistan. Die Militanten. Wobei jeder Angriff von deren Seite wiederum den Hardlinern auf der indischen Seite politisch nützt.