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Neue Gottesdienstformen
Kirche zum Kuscheln

Am Valentinstag feiert ein Pfarrer aus Bayreuth spezielle Liebesgottesdienste. Die Paare müssen nicht zu ihm in die Kirchen kommen, er kommt zu ihnen ins Wohnzimmer. "Die Leute springen voll drauf an", sagt der Pastor.

Von Tobias Krone |
    Rote und weiße Ballons steigen neben einer Kirche in den blauen Himmel
    Am Valentinstag gibt es verschiedene Angebote der Kirchen (imago/McPHOTO/F.Scholz)
    Wohnzimmerführung bei Familie Beyer. Auf dem Esstisch ein Strauß Tulpen, daneben ein beachtlicher Turm aus Duplo-Steinen.
    "Das ist der Tisch, ist doch ein perfekter Altar, eignet sich gut. Und wir sitzen dann da vorm Fenster – auf dem Sofa, auf Bierbänken und Stühlen. - Wie viele werden's denn? - So 20 Erwachsene und 15 Kinder. Aber wir haben extra eine Kinderbetreuung. Wenn es denen zu viel wird, können sie ins Kinderzimmer hochgehen."
    Erzählt Franziska Beyer, 31. Heute, am Valentinstagnachmittag, wird es hier voll. Ein Gottesdienst im Wohnzimmer.
    "Ich habe mich bei Facebook für diesen Gottesdienst beworben. Der Hannes Schott hat ja schon mal in der Weihnachtszeit solche Gottesdienste verlost. Damals habe ich auch mitgemacht und es nicht geklappt. Und jetzt hat er es wieder gemacht, und dann habe ich gedacht: Ich schreibe mich nochmal drunter. Und diesmal hat's tatsächlich geklappt."
    Gottesdienst auch auf Socken
    Hannes Schott ist der junge Pfarrer ihrer evangelischen Gemeinde Katharina von Bora in einem Wohngebiet von Bayreuth. Und er ist bekannt für seine kreativen Gottesdienstformen, wie dem Betthupferl-Gottesdienst am Sonntagabend, der ist kindgerecht, danach gibt es ein Abendessen für alle. Durch Musikerfreunde, die Konzerte bei sich zu Hause veranstalten, kam Schott auf die Idee mit den Wohnzimmergottesdiensten – bei denen er die Organisation fast komplett den Gastgebern überlässt.
    Familie Beyer sitzt auf ihrem Sofa im Wohnzimmer
    Familie Beyer freut sich auf den Wohnzimmergottesdienst (Deutschlandradio / Tobias Krone)
    "Und dann komme ich halt und feiere mit denen Gottesdienst", sagt Schott. "Und ich feiere so mit ihnen Gottesdienst, wie sie mich wünschen. Also ich kann im Talar kommen, in meiner Amtskleidung, hochoffiziell. Aber wenn die sagen, bei uns im Wohnzimmer werden die Schuhe ausgezogen, dann ziehe ich auch meine Schuhe aus und halte in Socken deren Gottesdienst. Und wenn mich irgendeine Badegymnastik-Gruppe gewonnen hätte, dann hätte ich denen den Gottesdienst auch in Badehose gemacht."
    "Das klingt kuschelig"
    Man hört dem Mann mit der Schiebermütze auf dem Kopf an, dass er in der Freizeit Kabarett macht. Doch seine Wohnzimmerauftritte sieht er auch als Marketingkonzept für die Sache Jesu Christi.
    "Weil sonst, wenn ich bei den Leuten klopfe und sage: Ich möchte jetzt bei Ihnen Gottesdienst feiern – da würden die sagen: Hau bloß ab. Aber so: Wohnzimmerkirche – das klingt kuschelig, klingt sympathisch, klingt nah. Und so springen die Leute voll drauf an."
    Und ganz in diesem pragmatischen Sinn hat es zunächst auch theologisch wenig Bedeutung, dass die zweite Staffel seiner Wohnzimmergottesevents an einem Valentinstag stattfindet.
    "Wieder Spiritualität in den Valentinstag bringen"
    "Naja, ich bin ja wie jeder aufgeklärte Mensch auch etwas kritisch diesem Valentinstagsgedöns gegenüber, habe mir jetzt aber gedacht: Eigentlich ist es doch auch eine Möglichkeit für mich dem Ganzen wieder einen Sinn zu geben. Also wieder eine Spiritualität in den Valentinstag zu bringen, der sonst mit Blumen, Kitsch und Stofftieren ein bisschen versaut ist. Dem wieder eine Sinnhaftigkeit zu geben."
    Pfarrer Hannes Schott sitzt an seinem Schreibtisch
    Pfarrer Hannes Schott bietet ungewöhnliche Gottesdienstformen an (Deutschlandradio / Tobias Krone)
    Doch wie macht man das? Hannes Schott versucht es mit christlicher Aufklärung.
    "Zum einen auf diesen St. Valentin hinzuweisen, nach dem dieser Tag benannt ist. Dass da auch eine christliche Basis da ist. Zum anderen aber auch zu sagen: Liebe ist nicht nur Kitsch. Liebe kann eben auch scheitern. Und da macht es Sinn, Liebe unter den Segen von etwas Höherem zu stellen. Und zu sagen: Wir Menschen können scheitern, aber wir vertrauen drauf, dass, wenn wir mit Gottes Segen durchs Leben gehen, dann ist vielleicht weniger die Gefahr zu scheitern."
    Und diese ernste Botschaft würzt der Pfarrer dann noch mit Witzen wie diesen:
    "Kürzlich – ich bin ja auch Altenheimseelsorger – sagt ein 90-Jähriger zu mir: Herr Pfarrer, wissen Sie was eine glückliche Beziehung ist? - Und ich habe gedacht, jetzt kommt was ganz Hochwertiges. Und er hat dann gesagt: Wenn er nix mehr sieht und sie nix mehr hört. Und das finde ich einen hervorragenden Satz, den ich bestimmt irgendwo einbauen werde."
    Segen für ein gutes Eheleben
    Auch das Franziska und David Beyer möchten sich auf ihrem Gottesdienst den Segen für ein gutes Eheleben abholen,
    "Der Valentinstag an sich hat jetzt eigentlich keine Bedeutung, dass wir den jetzt feiern würden. Aber es ist ja eigentlich ein ganz schöner Moment, sich einfach mal wieder daran zu erinnern, dass man auch ein Paar ist und nicht nur Mama und Papa und – dass da eben noch mehr ist."
    Im Vordergrund wollen sie als Paar allerdings nicht stehen, wichtig seien ihnen vor allem ihre Freunde, die sie eingeladen haben. Die es, oft wegen der Kinder, kaum noch in die Kirche schaffen. Und für die Franziska Beyer auch einen weltlichen Popsong auf der Gitarre spielen wird:
    "Ein Hoch auf uns, auf dieses Leeeeeeben, auf den Moment"