Mit der neugefasste Richtlinie soll die bisherige, die schon mehr als 20 Jahre alt ist, überarbeitet werden. Die Ziele des Reform sind vielfältig: Der Zugang der EU-Bürger zu Trinkwasser soll verbessert werden. Das Wasser soll auch sauberer werden: Das heißt, die Grenzwerte für Schadstoffe und Bakterien sollen steigen. Auch wird definiert, wie mit Materialien umzugehen ist, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, also Rohren oder Armaturen.
Wasser aus der Leitung soll in Zukunft ebenso auf Umwelthormone geprüft werden. Also Stoffe wie zum Beispiel Weichmacher von Plastik, die insbesondere die Gesundheit von Säuglingen und Kindern gefährden. Bisphenol A etwa soll Kreidezähne bei Kindern auslösen, also den Zahnschmelz auflösen.
Auch soll die Richtlinie dazu beitragen, die Flut an Plastikflaschen zu verringern, indem Verbraucher ermuntert werden, Leitungswasser zu trinken, statt sich abgefülltes Flaschenwasser zu kaufen. Die Richtlinie empfiehlt Gastronomen, kostenlos Leitungswasser anzubieten. Sie stellt ebenso mehr öffentliche Trinkbrunnen in Aussicht.
Der Teufel steckt wie immer im Detail
Die Ziele klingen auf den ersten Blick nachvollziehbar und unstrittig. Doch im sogenannten "Trilog", also den Verhandlungen zwischen Mitgliedsländern, Kommission und Parlament um die endgültige Fassung der Richtlinie tobt ein Streit um die Details.
Ein Streitpunkt betrifft den zulässigen Bleigehalt im Wasser. Blei ist aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO ein eindeutig gesundheitsgefährdender Stoff. Die EU-Kommission will den zulässigen Wert von zehn Mikrogramm pro Liter auf fünf Mikrogramm pro Liter halbieren. Deutschland plädiert offenbar für einen Grenzwert von fünf Mikrogramm in neuen Produkten, die mit Trinkwasser in Berührung kommen. Alte Bleirohre sollen zwar verpflichtend ausgetauscht werden, doch mit einer Übergangsfrist.
Streit ums Blei: Übergangsphase ja oder nein?
Der Verhandlungsführer der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, hält das für zu halbherzig, kann aber das Argument mit den Übergangsfristen nachvollziehen:
"Es ist ja auch einzusehen, dass man nicht von heute auf morgen die Gebäude so umbauen kann, wie es dann nötig ist. Aber dass es geregelt werden muss und dass wir heute im 21. Jahrhundert keine Bleirohre mehr haben für die Trinkwasserversorgung in Gebäuden, finde ich ehrlich gesagt selbstverständlich. Und da reicht Freiwilligkeit und 'würden wir gerne' wirklich nicht aus. Da verdienen Menschen wirklich Schutz."
Methodenstreit ums Mikroplastik
Ein weiterer Streitpunkt betrifft den Umgang mit Mikroplastik. Dieses gelangt ins Wasser, zum Beispiel beim Abwischen von Kosmetikartikeln, ebenso über die Waschmaschine. Das Parlament will Werte von Mikroplastik überwachen. Auf dieser Grundlage könnten in Zukunft, sobald Wissenschaftler eine Gesundheitsgefährdung feststellen, weitere Maßnahmen folgen.
Aus dem Rat ist Kritik zu hören, dass es noch keine verlässliche Methode gebe, mit der Mikroplastik im Trinkwasser bestimmt werden könnte. Die Kommission solle daher in der Trinkwasserrichtlinie erst noch aufgefordert werden, eine verlässliche Methode zu entwickeln.
"Da will das Parlament, dass hier weitergehende Untersuchungen gemacht werden. Der Rat will das streichen, genauso wie er die Grenzwerte für die Umwelthormone streichen will, das ist für mich völlig unverständlich", meint Sven Giegold.
In einem Punkt gibt es dann doch Einigkeit
Immerhin ist ein Aspekt der neuen EU-Trinkwasserrichtlinie unstrittig: "Worauf sich die Bürger freuen können, ist, dass die Verbraucherinformation besser wird. Und wir werden auch in einigen Bereichen bessere Grenzwerte bekommen, wo der wissenschaftliche Fortschritt vorangegangen ist."
Wenn sich die EU-Mitgliedsstaaten, das Parlament und die Kommission auf eine endgültige Fassung einigen, sind die neuen Regeln noch nicht in Kraft. Sie müssen erst von den Mitgliedsländern in eigene, nationale Gesetze gegossen werden.