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Neue Hochschulpolitik in Baden-Württemberg

Sowohl die Grünen als auch die SPD in Baden-Württemberg hatten im Wahlkampf versprochen, die Studiengebühren wieder abzuschaffen. Wie reagieren Studierende und die Vertreter der Hochschulen auf diese Ankündigung?

Von Thomas Wagner | 28.03.2011
    Wegen der Semesterferien ist wenig los im Campus-Café der Uni Konstanz. Doch diejenigen, die in der Mittagspause hierherkommen, haben ein wichtiges Gesprächsthema: Der von den Wahlsiegern angekündigte Wegfall der Studiengebühren.

    "Find ich super! Dann hat man nicht so viele Ausgaben, man hat dann Geld für sich."

    "Mich betrifft's natürlich auch. Ich zahl dann auch nichts mehr. Aber ich seh' dann nicht so richtig die Lösung, wie die umgesetzt werden soll. Ich frag' mich dann nur: Wo fehlt denn das Geld, das man den Unis dann geben will?"

    In die Freude mischt sich Skepsis. Viele Studierende glauben: Das dauert, bis die Studiengebühren tatsächlich wegfallen - trotz aller Versprechungen.

    "Ich kann's mir nicht vorstellen, dass das so schnell umgesetzt wird. Politiker versprechen viel und halten es halt nicht."

    "Wenn es denn wirklich so rauskommt, wär's eine schöne Sache. Aber: Wir haben ja schon gelernt, dass man den Politikern nicht alles glauben kann."

    Und auch Patrick Bredel vom Unabhängigen Asta der Uni Konstanz glaubt nicht daran, dass die Bescheide zur Erhebung von Studiengebühren quasi über Nacht kassiert werden.

    "Wünschenswerterweise wäre es natürlich zum Sommersemester rückwirkend. Aber die Tatsache, dass die Gebühren abgeschafft werden, ist ja schon eine schöne Sache. Aber Nordrhein-Westfalen hat ja gezeigt, dass es einige Zeit dauern kann. Und meine Hoffnung ist dann Wintersemester, auf jeden Fall. In Nordrhein-Westfalen hat es ja ziemlich lange gedauert, ein Jahr, bis sie schließlich ganz abgeschafft wurden."

    Patrick Bredel hofft, dass sich die neue Grün-Rote Landesregierung bei der Abschaffung der Studiengebühren mehr beeilt als Rot-Grün in Düsseldorf. Die Landesstudierendenvertretung in Baden-Württemberg werde hier entsprechend Druck machen - nicht nur bei der Abschaffung der Studiengebühren, sondern auch noch bei einem ganz anderen Thema:

    "Was wir uns noch erwarten von Seiten der Studierenden, ist die Einführung der verfassten Studierendenschaft. Das war ein Thema, das wir vor der Landtagswahl ganz offensiv zur Kampagne vorangetrieben haben. Wir hatten da auch Erfolg, weil das auf die politische Linie umgeschlagen hat, zum Beispiel mit dem Antrag der Grünen und der SPD zu einer Gesetzesänderung, die jetzt dann auch hoffentlich kommen wird."

    120 Millionen Euro nehmen die baden-württembergischen Hochschulen an Studiengebühren ein - eine Summe, die nach den Wahlprogrammen von Grün-Rot zukünftig aus dem ohnehin defizitären Landesetat gedeckt werden soll. Auf die Uni Konstanz entfallen davon jährlich fünf Millionen Euro .

    "Also einfach so wegfallen - das geht nicht. Gerade vor dem Hintergrund 2012....wir erwarten einen Anstieg von zusätzlich 2000 Studierenden zu den 10.000, die wir jetzt schon haben."

    Denn 2012 drängen im Zuge von G-8 gleich zwei Abiturjahrgänge als Erstsemester auf die Hochschulen, so Juli Wandt, Sprecherin der Universität Konstanz. Und da ist ein weiterer Ausbau der Lehre besonders vonnöten. Und genau dazu, nämlich zur Verbesserung der Lehre, seien die Studiengebühren in der Vergangenheit verwendet worden.

    "Es wurden Stellen geschaffen im Lehrbereich, im Bereich der Studienberatung, im Bereich der Schlüsselqualifikation. Es gibt externe Lehraufträge für Experten. Und das sind alles Bereiche, die in den letzten Jahren aufgebaut worden sind. Es wurden Einrichtungen geschaffen wie das Studierenden-Servicezentrum. Im Bereich Qualitätssicherung der Lehre sind diese Gelder einfach dringend benötigt."

    Genau deshalb blicken viele Hochschulvertreter in Baden-Württemberg mit bangem Blick sowohl nach Stuttgart als auch nach Düsseldorf: Denn in Nordrhein-Westfalen fallen die Studiengebühren erst im kommenden Wintersemester weg. Dort hoffen die Hochschulen auf ausreichend hohe Kompensationszahlungen, die dann auch jene Gebührenausfälle ausgleichen, die durch die steigenden Studierendenzahlen anfallen.