Wenn ein Kleinkind in einem streng religiösen Haushalt mit einer Mutter aufwächst, die es in seinem Zimmer einsperrt, ihm jegliches Spielzeug verbietet und schließlich – auf einen vermeintlichen Befehl Gottes hin – sogar versucht, das Kind zu töten; welche Geschichten erzählt sich dieses Kind dann beim Spielen? Dieser Frage ist Gamedesigner Edmund McMillen zusammen mit James Interactive in "The Legend of Bum-Bo" nachgegangen. Das erzählt die Vorgeschichte von McMillens Erfolgstitel "The Binding of Isaac" und spielt in Isaacs improvisiertem Puppentheater aus Karton.
Wankende Klumpen aus Blut, Kot und Eingeweiden
Held des Spiels ist die absonderliche Papp-Figur Bum-Bo, die an eine splitterfasernackte und leicht psychotische Version von Rumpel aus der Tonne erinnert. Ihm folgen die Spieler auf seiner abenteuerlichen Reise durch per Zufallsgenerator in jedem Spieldurchlauf neu erstellte Levels.
Dabei gilt es viele unterschiedliche Feinde zu besiegen – und die scheinen einer höchst verstörten kindlichen Psyche entsprungen zu sein: Wankende Klumpen aus Blut, Kot und Eingeweiden wollen dem Helden an den Kragen. Allerdings sind sie im Kontrast dazu sehr niedlich gezeichnet, denn der Widerspruch zwischen Inhalt und Darstellung ist McMillens Markenzeichen.
Die motivierenden Kämpfe sind der Kern des Spiels und werden durch ein Candy-Crush-artiges Puzzlesystem gesteuert: Nur, dass Bum-Bo nicht etwa Bonbons und Lollies kombinieren muss, sondern Kothaufen, Popel und ausgeschlagene Zähne. Ist eine Kombination geglückt, baut der Held dann etwa eine Wand aus Exkrementen zwischen sich und die Gegner oder schleudert seine Zähne, um ihnen den Garaus zu machen.
Wer sich auf die eigenwillige Ästhetik von "The Legend of Bum-Bo" einlässt, kann sich über zahlreiche Stunden Spielspaß freuen, denn ähnlich wie im Vorgänger schaltet jeder erfolgreiche Durchgang neue Level, Gegner und Gegenstände frei.
"The Legend of Bum-Bo" ist für PC und Mac verfügbar.
Als Jeudille erwacht, findet sie sich in einer fremden Stadt wieder. Alles was sie weiß ist, dass sie irgendwie wieder nach Hause kommen muss – nur, wo ist Zuhause? Und wer ist sie eigentlich? Die Menschen, mit denen das zierliche Mädchen spricht, nennen sie eine "Doll", eine Puppe. Schnell wird klar, dass die Bewohner der Stadt ein höchst ambivalentes Verhältnis zu diesen "Dolls" haben: Während einige sie wie eine Göttin verehren, wird sie von den meisten anderen beleidigt und bedroht, denn die Leute machen "Dolls" für eine Reihe von Todesfällen verantwortlich.
So stapfen die Spieler in der Rolle der ständig angefeindeten Jeudille durch die Stadt und versuchen herauszufinden, was eigentlich vorgeht. Unterstützt wird die bedrückende Stimmung durch die in grautönen gehaltene Grafik und die reduzierten Animationen. Die Dialoge sind allerdings recht ausufernd und werfen zumeist mehr Fragen auf, als sie beantworten. Dennoch gelingt es "Doll" mitunter, Bilder von wunderschöner Tristesse und intensivem Grauen zu erschaffen.
Das Visual Novel "Doll" ist auf Englisch für den PC verfügbar
"Ist es denn wirklich so schwer?", fragt das Spiel bereits in der ersten Minute vorwurfsvoll. Eigentlich will man ja nur die Schlafzimmertür öffnen. Im Raum liegen zwar überall Schlüssel, aber keiner davon scheint zu passen. Langsam aber sicher füllt sich der Monitor mit der immer gleichen Meldung: "falscher Schlüssel". Das Gefühl, mit den einfachsten Aufgaben überfordert zu sein, stellt sich praktisch sofort ein.
Ebenso intim wie bedrückend
Was in anderen Fällen ein Zeichen für schlechtes Gamedesign wäre, ist in "Fractured Minds" aber clever kalkuliert, die 17-jährige Spielentwicklerin Emily Mitchell möchte genau dieses Gefühl von Hilflosigkeit in den Spielern auslösen, denn das Spiel ist ihr Versuch, psychische Krankheiten für Nicht-Betroffene erfahrbar zu machen.
In sechs kurzen Kapiteln müssen die Spieler in Ego-Perspektive Rätsel lösen, um von einer surrealen Situation in die nächste zu gelangen. Dabei ist die Atmosphäre in "Fractured Minds" stets ebenso intim wie bedrückend. So zeigen beispielsweise krakelige Kinderbilder die Protagonistin, die auf einer Geburtstagsparty allein in der Ecke sitzt, hinter ihr die stets grinsende Visage der Krankheit, einer schwarzen, vielarmigen Gestalt.
Grafisch kommt "Fractured Minds" zwar etwas unpoliert daher, das tut der Immersion aber keinen Abbruch – nach etwa 20 intensiven Minuten sind alle Rätsel bewältigt, die Eindrücke vom Leben mit einer ernsthaften psychischen Erkrankung aber bleiben.
"Fractured Minds" ist für PC, Playstation 4, Xbox One und Nintendo Switch verfügbar