Das Presse-Echo auf das Erscheinen des Indiespiels "Through The Darkest Of Times" war groß. Und nicht zu Unrecht preisen die Feuilletons das Spiel des kleinen Berliner Entwicklerstudios Paintbucket Games, in dem der Widerstand gegen das NS-Regime erlebbar wird, und das in seiner gesamten Aufmachung einem wichtigen "Nie Wieder!" gleichkommt.
Seine suggestive Kraft entfaltet das Spiel vorwiegend in den interaktiven Zwischensequenzen, die Geschichten erzählen – vom antisemitischen Boykott bis zum Unterfangen, Hitlerjungen vom sinnlosen Endkampf gegen die Rote Armee abzuhalten. Durch die herausragende Bildsprache und die schonungslose Schilderung dessen, was die Philosophin Hannah Arendt einmal als die "Banalität des Bösen" bezeichnet hat, erhalten die Spieler einen authentisch wirkenden Eindruck vom Leben unter der Nazidiktatur. Insofern ist jedes Lob für "Through The Darkest Of Times" vollauf berechtigt.
Eindrucksvoll, aber spielerisch monoton
Unter spielerischen Gesichtspunkten fällt die Bilanz der Widerstandssimulation leider nüchtern aus: Denn so eindrücklich die interaktiven Zwischensequenzen auch sind – Entscheidungsfreiheit bieten sie kaum. Häufig führen unterschiedliche Dialogoptionen zum selben Ergebnis. Gerade in einem Spiel, das sich als Plädoyer für Werte wie Freiheit und Individualität versteht, ist das ärgerlich.
Zudem verbringen die Spieler die meiste Zeit nicht etwa in hochdramatischen Erzählsequenzen, sondern vor einer Karte Berlins, auf der viele kleine Symbole mögliche Missionsziele für die Widerstandsgruppe anzeigen. Per Mausklick können diesen Missionen dann Agenten und Ausrüstung zugewiesen werden – so wird beispielsweise der Kommunist mit seinem Fahrrad ins Arbeiterviertel geschickt, um Spenden zu sammeln. Die Missionen ähneln sich stark und werden sehr schnell monoton, müssen aber absolviert werden, um vor Ablauf des letzten Spielzugs eine spektakuläre Widerstandsaktion durchführen zu können.
Schade ist nur, dass die keine Auswirkungen auf den Geschichts- oder auch nur den weiteren Spielverlauf hat: So sorgt etwa eine aufsehenerregende Flugblattaktion zum Ende von Kapitel Eins für einen enormen Zustrom an Unterstützern – ins nächste Kapitel werden die aber nicht übernommen. Doch trotz solcher Schwächen auf der Gaming-Ebene . "Through The Darkest Of Times" ist als eindrücklicher Beitrag zur Erinnerungskultur durchaus empfehlenswert.
Auch der Titel "Not For Broadcast" des britischen Entwicklerstudios Notgames hat sich den Widerstand gegen einen Unrechtsstaat auf die Fahne geschrieben – allerdings in satirischer Manier. Während die radikale Partei "Advance" die Macht im Land übernimmt,
"Advance are going to turn this country from a nation of warring individuals into a team."
...muss der Spieler als Redakteur eines fiktiven Fernsehsenders die Abendnachrichten betreuen und dort entscheiden, ob er Propaganda der Partei senden möchte – oder doch lieber einen Werbespot für ein mörderisches Kuscheltier.
"You wanna keep the viewers going up and not down."
Wenn das nur so einfach wäre – denn die Spieler müssen aus mehreren Kamerafeeds genau den auf die Mattscheibe bringen, der für die Zuschauer am interessantesten ist. Während sie einen Regler bedienen, um statische Schwankungen auszugleichen. Und Schimpfwörter zensieren. Und die Werbung aussuchen. Und Telefonate entgegennehmen. Und mit technischen Defekten kämpfen. Und Pannen im Studio durch geschickte Kameraführung kaschieren.
Satirische Nachrichten mit anarchischem Witz
Überforderung ist Programm in diesem bislang als Early Access Version erschienenen Indietitel. - Von den Inhalten, die gesendet werden, bekommen die Spieler leider nur die Hälfte mit. Und das ist schade, denn die satirischen Nachrichtenformate sprühen geradezu vor anarchischem Witz. Wenn zum Beispiel während des Live-Interviews mit dem Polizeipräsidenten über den Sittenverfall im Land im Bildhintergrund sein Sexsklave aus dem Kleiderschrank purzelt, mag das zwar nicht nach jedermanns Geschmack sein, Freunde der humorigen Brechstange allerdings können sich auf die kommende Vollversion freuen.
Den größtmöglichen Kontrast hierzu bietet der Puzzle-Plattformer "The Pedestrian": Hier werden die Spieler in die Welt der Piktogramme geworfen und müssen als Strichmännchen versuchen, von Straßenschild zu Straßenschild zu gelangen.
Ein Designkunstwerk erster Güte
Dafür aber müssen die Schilder erst vom Spieler per Maus aufeinander ausgerichtet werden: Hat ein Schild auf seiner rechten Seite eine Tür, kann es mit einem anderen verbunden werden, das links eine Tür aufweist. Zudem sind die Schilder gefüllt mit Leitern, Schaltern, Trampolinen, Laserfallen und vielem mehr. Ist das Level aufgebaut, muss das Männchen nur noch in Jump'n'Run-Manier hindurchgesteuert werden.
Was wie ein belangloser Zeitvertreib ohne konkrete Handlung wirkt, ist aber zugleich ein Designkunstwerk erster Güte: Das Debütspiel der vier Amerikaner von Skookum Arts nutzt die verinnerlichte Ikonografie von Straßenschildern, um den Spielern auf den ersten Blick und vollkommen nonverbal alle Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Das führt dazu, dass sich "The Pedestrian" trotz kniffliger Rätsel absolut intuitiv spielen lässt und den Spielern fortwährend Aha-Momente beschert.
"Through The Darkest Of Times", "Not For Broadcast" (Early Access) und "The Pedestrian" sind bislang ausschließlich für den PC verfügbar