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Warenhauskonzern
Neue Innenstadtkonzepte nach Aus für viele "Galeria Karstadt Kaufhof"-Filialen gefordert

Der Städte- und Gemeindebund hat nach dem Aus zahlreicher Karstadt-Filialen städtebauliche Reaktionen gefordert. Dort wo geschlossen werde, brauche man neue Innenstadtkonzepte mit mehr Wohnen, mehr Grün und individuellen Einzelgeschäften, sagte Hauptgeschäftsführer Landsberg der "Bild". Die Filialschließungen seien für viele Zentren ein verheerendes Signal. Kaufhäuser seien nach wie vor oft ein Anker für die Innenstädte.

15.03.2023
    Ein Galeria Kaufhof-Gebaeude in der Innenstadt Witten mit einem Transparent "Wir schliessen diese Filiale. Alles muss raus. Alles reduziert." November 2020
    Die Schließungen kommen für Experten nicht überraschend. (IMAGO / blickwinkel / S.Ziese)
    Karstadt könne allerdings nicht erwarten, immer wieder mit Steuermitteln gerettet zu werden, ohne dass nachhaltige Wirkung erzielt werde, führte Landsberg aus. Nach Einschätzung des Handelsexperten Gerrit Heinemann hat sich das Konzept Warenhaus bereits seit 40 Jahren überlebt. Es handele sich um einen sterbenden Dinosaurier, den man durch eine Spritze vielleicht noch einige Tage wiederbeleben könne, aber eine Zukunft habe er nicht, führte der Wirtschaftswissenschafter von der Hochschule Niederrhein aus.
    Der angeschlagene Konzern "Galeria Karstadt Kaufhof" hatte angekündigt, 52 von 129 Filialen zu schließen. Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundesarbeitsminister Heil mahnten an, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die betroffenen Arbeitnehmer zu prüfen.
    Die Warenhauskette ist seit langem in der Krise und hatte sich Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren in ein Schutzschirm-Insolvenzverfahren begeben müssen. Die Konzernleitung nennt als Hauptursachen die hohen Energiepreise und den zurückgegangenen Konsum. Vor zwei Jahren hatte das Unternehmen bereits fast 40 Filialen geschlossen; damals verloren rund 5.000 Mitarbeiter ihre Stellen.

    Gesamtbetriebsrat spricht von „rabenschwarzem Tag“

    Nach Angaben des Gesamtbetriebsrats werden im Zuge der Insolvenzverfahren auch jetzt „weit über 5000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren“. Es würden nicht nur Stellen in den Schließungsfilialen wegfallen. Geplant seien auch Flächenreduzierungen und ein Personalabbau in den verbleibenden Häusern und in den Zentralfunktionen.
    „Dies ist ein rabenschwarzer Tag“, erklärte der Gesamtbetriebsrat. Dass es soweit gekommen sei, liege nicht nur an der Corona-Pandemie und den Folgen des Unkraine-Krieges, sondern auch an hausgemachten Fehlern. Das Management stehe jetzt in der Verantwortung, der verbleibenden Belegschaft eine längerfristige berufliche Zukunft zu garantieren.

    Schließungen kommen für Experten nicht überraschend

    Nach Einschätzung des Handelsexperten Heinemann hat sich das Konzept Warenhaus bereits seit 40 Jahren überlebt. Es handele sich um einen sterbenden Dinosaurier, den man durch eine Spritze vielleicht noch einige Tage wiederbeleben könne, aber eine Zukunft habe er nicht, führte der Wirtschaftswissenschafter von der Hochschule Niederrhein aus. Ähnlich äußerte sich die Marketing-Professorin Schramm-Klein von der Universität Siegen im Interview mit dem Deutschlandfunk. Mit den nun angekündigten Schließungen habe man seit Jahrzehnten rechnen müssen. Betroffene Städte, die nicht darauf vorbereitet seien, hätten sich dies selbst zuzuschreiben. Nun müsse gut überlegt werden, was mit den leerstehenden Gebäuden in den betroffenen Innenstädten geschehe. Das Prinzip Warenhaus funktioniere nicht mehr, sagte die Professorin für Betriebswirtschaftslehre. Anstatt ähnliche Konzepte wie bisher zu installieren, bräuchten erfolgreiche Innenstädte Geschäfte, die Erlebnisse schafften.

    Schließungen zum 30. Juni 2023

    Von der ersten Schließungswelle sind folgende 21 Filialen betroffen:
    Celle, Coburg, Cottbus, Duisburg Düsseldorfer Straße, Erlangen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamburg-Harburg, Hamburg-Wandsbek, Leipzig Neumarkt, Leverkusen, München-Bahnhof, Neuss, Nürnberg Königstraße, Nürnberg-Langwasser, Offenbach, Paderborn, Regensburg Neupfarrplatz, Saarbrücken am Bahnhof, Siegen, Wiesbaden Kirchgasse.

    Schließungen zum 31. Januar 2024

    Zum Beginn des nächsten Jahres schließen:
    Bayreuth, Berlin-Charlottenburg, Berlin-Müllerstraße, Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Darmstadt am weißen Turm, Dortmund, Düsseldorf Schadowstraße, Essen, Esslingen, Frankfurt Zeil, Hanau, Heidelberg Bismarckplatz, Hildesheim, Kempten, Krefeld, Leonberg, Limburg, Lübeck, Mönchengladbach, Oldenburg, Pforzheim, Reutlingen, Rosenheim, Rostock, Schweinfurt, Siegburg, Stuttgart-Eberhard-Straße, Viernheim-RNZ, Wuppertal.
    Diese Nachricht wurde am 15.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.