Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärte:
"Wir haben eine relativ hohe Steuer und Abgabenlast."
Da hatte gerade die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Deutschland attestiert, sogar die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast aller Industrienationen zu haben. Das trifft, wie auch eine aktuelle Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt, Spitzenverdiener genauso wie diejenigen, die wenig verdienen.
Der Studie zufolge zahlen 4,2 Millionen Erwerbstätige, das heißt jeder elfte, den Spitzensteuersatz von 42 Prozent.
Die zehn Prozent der Haushalte mit den höchsten Einkommen kommen für etwas über 48 Prozent des gesamten Einkommenssteuervolumens auf. Auf der anderen Seite zahlen rund 2,7 Millionen Erwerbstätige gar keine Einkommenssteuer, weil ihr Verdienst zu gering ist. Aber sie zahlen Sozialbeiträge und Mehrwertsteuer.
Schäuble plant Entlastungen von rund 15 Milliarden Euro
Steuern und Abgaben belasten auch Gering- und Durchschnittsverdiener stark, zeigt die Studie des arbeitgebernahen Instituts. Bei einem Bruttoeinkommen von 3250 Euro im Monat zahlen Alleinstehende gut 51 Prozent Steuern und Sozialabgaben, wenn auch die Mehrwertsteuer berücksichtigt wird. Bei knapp unter 2000 Euro sind es noch 46 Prozent.
Auch Ehepaare und Familien geben laut Institut der Deutschen Wirtschaft fast die Hälfte ihres Einkommens an den Staat ab. Grund genug für Finanzminister Schäuble zu erklären:
"Deswegen sollten wir im Bereich der kleineren und mittleren Einkommen in der nächsten Legislaturperiode begrenzte Korrekturen vornehmen."
Schäuble schwebt dabei ein Entlastungsvolumen von rund 15 Milliarden Euro vor.
Bartsch fordert mehr Steuergerechtigkeit
Begrenzte Korrekturen – dieser Idee kann sich auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch anschließen. Nur ist für ihn die Konsequenz eine andere als für CDU-Politiker Schäuble:
"Steuersenkungen stehen nach meiner Auffassung nicht zur Debatte, wir müssen in die Zukunft investieren, das ist notwendig. Und dann brauche wir mehr Steuergerechtigkeit, und das heißt Entlastung im unteren Bereich und Belastung an der Spitze."
Steuergerechtigkeit gebe es aber bereits jetzt, schließen die Autoren der IW-Studie. Im Steuersystem sei das Prinzip gewahrt: Starke Schultern tragen mehr als schwache.
Die OECD hatte vor einer Woche vorgeschlagen, Steuern und Sozialabgaben nicht nur auf Grundlage des Arbeitseinkommens zu berechnen, sondern auch Kapital, Grundbesitz oder Immobilien bei der Berechnung mit einzubeziehen. Oder auch die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung nicht nur an das Arbeitseinkommen zu koppeln, sondern an das gesamte Haushaltseinkommen eines Versicherten.