"Inspiriert von den wahren Geschichten kühner Frauen. Von einer ganz besonders." So steht es am Anfang von "Joy – Alles außer gewöhnlich" auf der Leinwand geschrieben. Wenn einem Film solch ein Satz vorangestellt wird, ist es mit den Rührseligkeiten und der Ergriffenheit meist nicht weit her. Da der Regisseur von "Joy" aber David O. Russell heißt, hält sich das Pathos in Grenzen.
"Ich war Jahrgangsbeste auf der High School, ich habe es auf eine tolle Uni geschafft in Boston. Aber ich bleibe hier, weil sich meine Eltern scheiden lassen und ich meiner Mutter helfen möchte. Und ich helfe meinem Dad in seinem Büro."
Ganz zu schweigen von ihren beiden kleinen Kindern, um die sie sich kümmert nach einer kurzen Ehe. So hatte sich Joy ihr Leben nicht vorgestellt. Eigentlich wollte sie durchstarten mithilfe mithilfe ihrer kreativen Ader eine erfolgreiche Geschäftsfrau werden. Jetzt ist sie Hausfrau, Mutter und der gute Geist im Haus einer chaotischen Familie.
- "Vielleicht liegen deine Träume ja nur auf Eis."
- "Das ist eine hübsche Formulierung."
- "Das ist eine hübsche Formulierung."
Es ist ein kleiner Unfall, der Joys Ehrgeiz wieder wecken wird. Beim Aufwischen von Scherben schneidet sie sich in die Finger. Die Geburtsstunde einer Erfindung: Der Wunderwischmopp, den man nicht mehr mit den Händen auswringen muss. Von ihrer Familie belächelt, lässt Joy Tausende Mopps auf eigene Rechnung herstellen. Nachdem die erste Präsentation im Shopping-Kanal ein Reinfall ist, stellt sie ihren Mopp selbst vor.
- "Das bin ich."
- "Das sind Sie?"
- "Sie sehen genauso aus wie an dem Tag, als Sie hier ankamen."
- "Ich trage eine Bluse zusammen mit einer Hose. Ich will ins Fernsehen wie ich bin."
- "Das sind Sie?"
- "Sie sehen genauso aus wie an dem Tag, als Sie hier ankamen."
- "Ich trage eine Bluse zusammen mit einer Hose. Ich will ins Fernsehen wie ich bin."
Erneut hat US-Regisseur David O. Russell – nach den Filmen "Silver Linings" und "American Hustle" – mit Jennifer Lawrence gedreht. Sie verkörpert Joy Mangano, die Russell zu seinem Film inspiriert hat. Mangano ist mittlerweile Ende 50, Amerikas Homeshoppingqueen und Multimillionärin. Die Filmbiografie erzählt von der Selbstbehauptung einer Selfmade-Woman und ihrem ganz persönlichen amerikanischen Traum. Dass der allenfalls so spektakulär ist wie ein Wischmopp, macht die Geschichte nicht gerade zu etwas Besonderem. Da nützt auch die schwungvolle Inszenierung nicht viel.
Kritikerfazit:
"Joy – Alles außer gewöhnlich": zwiespältig
"Joy – Alles außer gewöhnlich": zwiespältig
In einer Szene in "Joy" greift Jennifer Lawrence zum Gewehr und schießt sich ihren Frust von der Seele. Für die Figur, die Natalie Portman in "Jane Got a Gun" spielt, sichert die Waffe dagegen ihr Überleben.
"Ich bin mein Leben lang davongelaufen. Es hört nicht auf. Wenn die mein Haus angreifen, dann beschütze ich es."
Das Recht auf Selbstverteidigung mit Schusswaffen hat in den USA jahrhundertelange Tradition. Fast jeder Western handelt davon. Insofern ist das, was in "Jane Got a Gun" passiert, wenig aufregend. Die Frage ist also nur, ob die Geschichte von US-Regisseur Gavin O'Connor dadurch origineller wird, dass es diesmal eine Frau ist, die sich gegen eine ganze Bande zur Wehr setzt. Die skrupellosen Bishop-Boys haben sich schon an Janes Ehemann gerächt, der vor vielen Jahren selbst Mitglied der Bande war.
"Was jetzt auch passiert: Ich muss denen die Stirn bieten."
Natalie Portman ist also das Flintenweib in diesem grundsolide inszenierten Western, der das bleihaltige Kino des Sam Peckinpah zitiert. Noch ein Film also, der von einer kühnen Frau erzählt. Die ist zwar ein fiktiver Charakter, aber die Schrifttafel aus "Joy" – "inspiriert von den wahren Geschichten kühner Frauen" – hätte auch hier perfekt gepasst.
Kritikerfazit:
"Jane Got a Gun": akzeptabel
"Jane Got a Gun": akzeptabel
"Im Jahreskreis des Bauern kann es gute und schlechte Zeiten geben. Das Schaf zuallererst jedoch bestimmt des Bauern ganzes Leben."
Bei ihren Schafen werden die Isländer mitunter schon mal poetisch. Die Schafzucht ist auch der ganze Lebensinhalt von Gummi und Kiddi. Obwohl sie Brüder sind und auf benachbarten Höfen leben, sprechen sie schon seit vier Jahrzehnten kein Wort mehr miteinander. Der Grund dafür bleibt im Dunklen. Die Feindschaft zwischen den Beiden spitzt sich zu, als Gummi glaubt, der Schafbock, mit dem Kiddi gerade einen Wettbewerb gewonnen hat, habe die tödlich verlaufende Hirnkrankheit Scrapie.
"Er ist kein bisschen krank. Von wegen Scrapie. Du bist ein schlechter Verlierer. Mehr nicht."
Als sich der Verdacht aber bestätigt, ordnen die Behörden die Schlachtung sämtlicher Tiere in der Region an. Für die Schafzüchter steht nicht nur ihre Existenz auf dem Spiel. Nachdrücklich beschreibt der isländische Regisseur Grímur Hákonarson in seinem Film "Sture Böcke" die tiefe Verbundenheit der Farmer zu ihren Tieren. Sie ist es auch, die Gummi und Kiddi am Ende ihren erbitterten Streit vergessen lassen wird.
Dass die Brüder – wie so häufig das Personal in isländischen und skandinavischen Filmen – kauzige Zeitgenossen sind, könnte einen leicht auf die falsche Fährte führen, hier gäbe es viel zu lachen. Auf keinen Fall aber ist "Sture Böcke" eine Komödie – trotz einiger lakonischer Momente. Eher ist der Film schon eine Tragödie mit einer fast biblisch anmutenden Geschichte, deren Schlussbild lange im Gedächtnis bleibt.
Kritikerfazit:
"Sture Böcke": empfehlenswert
"Sture Böcke": empfehlenswert