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Neue Klassifikation im Rollstuhl-Basketball
Auf die falsche Art behindert?

Weil ihre körperlichen Beeinträchtigungen nicht den Maßstäben des Internationalen Paralympischen Komitees entsprachen, wurden mehrere Rollstuhl-Basketballerinnen und -Basketballer gesperrt. Nationalspielerin Mareike Miller sieht sie als Opfer eines Streits zwischen Verbänden.

Mareike Miller im Gespräch mit Maximilian Rieger |
European Championship Women Division A (ECWA) 2019 in Rotterdam: Spiel Deutschland gegen Spanien. Zu sehen sind Virginia Pérez (Trikotnummer 11, Spanien), Mareike Miller (4, Deutschland), Laura Fuerst (9, Deutschland), Victoria Alonso (13, Spanien).
Mareike Miller im Trikot der deutschen Nationalmannschaft (Nummer 4) im Spiel gegen Spanien. (imago images / Beautiful Sports)
Barbara Groß hat im Rollstuhl-Basketball mit der deutschen Nationalmannschaft Silber bei den Paralympics geholt und ist 2015 Europameisterin geworden. Nun ist sie künftig bei internationalen Turnieren nicht mehr spielberechtigt. Sie erfüllt die neuen Vorgaben des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) nicht. "Das war eine große Enttäuschung", sagte ihre Teamkollegin und Athletensprecherin Mareike Miller dazu im Deutschlandfunk.
Jahrelanger Streit zwischen Verbänden
Bei den Regeln geht es um die Klassifizierung von körperlich beeinträchtigten Athletinnen und Athleten. Teil des Wettkampfes im Rollstuhlbasketball ist ein Punktesystems: Dadurch werden leichter eingeschränkte Spieler, etwa mit einem Knieschaden, mit 4,0 bis 4,5 Punkten bewertet. Wer eine größere Einschränkung, wie eine Querschnittslähmung hat, bekommt einen Punkt. Zusammengezählt dürfen die fünf Spielerinnen und Spieler auf dem Feld nie mehr als 14 Punkte haben.
Hintergrund für die aktuelle Entscheidung ist ein Streit zwischen dem Rollstuhlbasketball-Weltverband (IWBF) und dem Internationalen Paralympischen Komitee. Das IPC hatte körperliche Einschränkungen definiert, nach denen Athletinnen und Athleten paralympisch bleiben können.
Der IWBF hatte diese Vorgaben lange Zeit nicht umgesetzt. Das IPC verlangte daher schon länger, dass Sportlerinnen und Sportler mit sogenannten Minimalbehinderungen erneut bewertet werden. Das ist jetzt passiert.
Miller kritisiert das Verfahren
Miller findet das Verfahren sehr undurchsichtig: "Wir reden hier ja von medizinischen Einzelfällen. Und da hat natürlich jeder Athlet seine eigene Vergangenheit, seine eigenen Unterlagen, die natürlich ganz unterschiedlich aussehen und entsprechend unterschiedlich geprüft wurden."
Besonders tragisch findet Miller den Fall George Bates. Der britische Rollstuhlbasketballer leidet seit seiner Jugend an einem chronischen Schmerzsyndrom im Bein, das seine Beweglichkeit einschränkt. Nun wurde auch er international gesperrt. Er schrieb auf Twitter, er sei "auf die falsche Art behindert" und denke über eine Beinamputation nach.
Miller findet, Bates sollte nicht wegen des Sports eine solche Entscheidung treffen müssen: "Sondern es sollte klar sein, dass, wenn er eine entsprechende Einschränkung hat - und die hat er definitiv - die aber nicht in dieses System und diese Schubladen passt, dass er nicht deswegen auf die Idee kommt, solche Schritte zu wagen."
Miller findet Bewertung grundsätzlich in Ordnung
Miller findet, dass eine Bewertung von körperlichen Einschränkungen natürlich zunächst "ein sehr schwieriger Gedanke" sei. Andererseits versuchten sich die Paralympischen Spiele grundsätzlich von den Olympischen Spielen zu trennen und abzusichern, dass niemand an beiden Wettbewerben teilnimmt.
Deshalb sei es für sie "kein schwieriges Gefühl". Sie findet die Bewertung, wer an den Paralympischen Spielen teilnehmen darf, grundsätzlich in Ordnung: "Nur wo da die Grenze liegt, weshalb ich das darf und eine Barbara Groß oder ein George Bates nicht, das ist für uns Außenstehende nicht ersichtlich." Die Athleten seien ein Opfer des Streits zwisches den Verbänden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.