Archiv

Neue KMK-Präsidentschaft
"Bessere Sprachkompetenzen mit auf den Weg geben"

Die Förderung der deutschen Sprache hat sich Alexander Lorz, der neue Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, auf die Fahne geschrieben. Das sei nicht nur wegen der zugewanderten Schüler nötig, sagte er im Dlf. Eine zusätzliche Deutschstunde sei für jeden Jahrgang in der Grundschule sinnvoll.

Alexander Lorz im Gespräch mit Kate Maleike |
    Alexander Lorz (CDU), hessischer Kultusminister, in Frankfurt/Main.
    Alexander Lorz, CDU-Politiker und neuer Vorsitzender der KMK, ist überzeugt, dass der Digitalpakt "auf welchem Weg auch immer" in Kraft gesetzt werden wird (dpa)
    Kate Maleike: Auf Thüringen folgt turnusgemäß nun Hessen im Vorsitz der Kultusministerkonferenz für dieses Jahr. Bekanntlich wird aber in Hessen gerade noch die Regierung gebaut, und am 18. Januar soll sie stehen, sprich nächste Woche.
    Deshalb kann ich nun Alexander Lorz von der CDU, den bisherigen Kultusminister in Hessen, auch nur als sehr wahrscheinlichen Präsidenten der Kultusministerkonferenz ankündigen. Guten Tag, Herr Lorz!
    Alexander Lorz: Schönen guten Tag, grüße Sie!
    Maleike: Sie gehen aber davon aus, denke ich mal, dass aus diesem sehr wahrscheinlich dann nächste Woche auch ein bestätigt wird?
    Lorz: Eine kleine formale Korrektur darf ich anbringen. Ich bin tatsächlich seit dem 1. Januar der Präsident der Kultusministerkonferenz. Die Entscheidung nächste Woche wird dann nur sozusagen darüber getroffen werden, ob ich das auch für das ganze Jahr bleiben kann.
    Optimismus beim Digitalpakt
    Maleike: Alles klar, haben wir das auch geklärt. Aufgaben gibt es aber auf jeden Fall genug.
    Lorz: Das stimmt.
    Maleike: Diese KMK-Präsidentschaft hat vielleicht sogar mehr Aufgaben als je, vor allem der Digitalpakt für Schulen, der ja vor Weihnachten plötzlich noch auf Eis gelegt wurde. Der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern soll es jetzt richten. Am 30. Januar, liest man, soll dieser Ausschuss tagen. Was erwarten Sie sich von diesem Termin?
    Lorz: Ich weiß jetzt nicht, ob wir konkret von diesem Termin schon ein Durchschlagen des Knotens erwarten dürfen, aber ich bin zuverlässig, dass man am Ende eine Lösung finden wird. Man muss freilich dazu sagen, soweit es uns als Kultusminister, auch als Kultusministerkonferenz angeht, ist der Digitalpakt eigentlich ausverhandelt.
    Wir können, wenn die Frage der Rechtsgrundlage, also die verfassungsrechtliche Frage geklärt ist, dann können wir ihn auch innerhalb von wenigen Tagen oder allenfalls Wochen zum Einsatz bringen. Aber die Frage, die im Moment im Vermittlungsausschuss zu klären ist, betrifft ganz grundlegende Fragen der Finanzkonstruktion zwischen Bund und Ländern. Die sind eigentlich völlig losgelöst von dem Digitalpakt. Der Digitalpakt ist nur der äußere Anlass. Aber ja, im Moment hält uns das an dieser Stelle halt auf.
    Maleike: Nehme ich mal Ihren Amtsvorgänger Helmut Holter, der ja gesagt hat, zum Ende der KMK-Präsidentschaft, dass er davor warnt, dass der Digitalpakt scheitert. So weit würden Sie aber nicht gehen, oder?
    Lorz: Nein. Ich bin ein grundoptimistischer Mensch, und da wir uns in der Sache über den Digitalpakt ja alle einig sind - deswegen sagte ich ja auch, das ist nur der äußere Anlass für den Streit. Es geht in der Sache gar nicht um den Inhalt des Digitalpakts. Deswegen bin ich auch überzeugt, dass man ihn am Ende auch nicht scheitern lassen wird, auf welchem Weg auch immer man ihn am Ende in Kraft setzen wird.
    Maleike: Macht denn, Herr Lorz, für Sie Bildungsföderalismus Sinn, wenn so was passiert?
    Lorz: Jetzt müssen wir den Digitalpakt auch mal in die richtige Relation stellen. Der Bund offeriert uns da fünf Milliarden Euro über fünf Jahre für alle 16 Bundesländer.
    Maleike: Immerhin.
    Lorz: Immerhin, das ist Geld. Absolut keine Frage. Können wir auch gut gebrauchen, können wir viel Gutes damit anfangen. Wenn wir das auf Hessen umlegen, sind wir bei etwas über 70 Millionen Euro pro Jahr. Allein der Bildungsetat, den ich verwalte, macht mehr als fünf Milliarden aus. Das heißt, die Länder legen eigentlich mal locker jedes Jahr das Hundertfache von dem auf den Tisch, was jetzt über den Digitalpakt in Rede steht.
    Wir reden über ein Prozent Steigerung des Etats, ein Prozent. Das ist ein gutes Prozent, wir brauchen das. Wir können viele gute, sinnvolle Dinge damit machen. Aber zu sagen, die hundert Prozent Bildungsföderalismus, die taugen jetzt nichts, weil es bei den hundert ersten Prozent mit dem Bund Krumpel gibt, das würde einfach völlig die Relation sprengen.
    "Gut investierte Zeit"
    Maleike: Dann gehen wir mal weg vom Digitalpakt. Das ist ein sicher wichtiges Thema für Ihre Präsidentschaft dann. Darüber hinaus haben Sie sich aber vorgenommen, die Förderung der deutschen Sprache in den Mittelpunkt Ihrer Amtszeit zu stellen. Was planen Sie?
    Lorz: Wenn so etwas zum Schwerpunktthema der Kultusministerkonferenz oder einer Präsidentschaft der Kultusministerkonferenz erklärt wird, dann geht es ja vor allem darum, dass wir gemeinsame Leitlinien, Empfehlungen erarbeiten wollen, an denen sich dann alle 16 Bundesländer zu orientieren versprechen. Und das ist in diesem Fall, glaube ich, eine sehr sinnvolle Angelegenheit, weil es tatsächlich zu dieser Frage, Förderung der Bildungssprache Deutsch, solche gemeinsamen Empfehlungen oder Leitlinien noch gar nicht gibt.
    Das war bisher noch nie ein Thema in der Kultusministerkonferenz, weil es jetzt sozusagen erst eigentlich durch die Heterogenität der Schülerschaft - und übrigens nicht nur durch die zugewanderten Schülerinnen und Schüler, sondern auch durch viele Schülerinnen und Schüler, die hier aufwachsen, die aber von Haus aus nicht die Sprachkompetenzen mitbringen, die dann erforderlich sind, um ab der ersten Klasse auch wirklich dem Unterricht voll folgen zu können.
    Diese neue Vielfalt der Schülerschaft, die fordert uns auch in neuer Weise. Und da ist das Beherrschen der Bildungssprache Deutsch von absolut entscheidender Bedeutung für die Schullaufbahn all dieser Kinder. Und deswegen, glaube ich, ist das auch gut investierte Zeit, wenn wir da schauen, dass wir da als Kultusministerkonferenz eine gemeinsame Initiative auf den Weg bringen.
    Maleike: Wie soll diese Initiative denn aussehen?
    Lorz: Jetzt geht es ja erst mal darum, was sind sinnvolle Maßnahmen? Wir haben zum Beispiel in Hessen - man geht immer etwas vom eigenen Land auch aus -, wir haben zum Beispiel ein Gesamtsprachförderkonzept, das auch schon vor der Schule einsetzt. Wir haben Vorlaufkurse, die schon vor der ersten Klasse laufen, um Kinder auf die Schule vorzubereiten. Dass sich dann aber durch die ganze Schullaufbahn durchzieht, bis zu dem Moment, wo wir quasi dann die Schülerinnen und Schüler in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt bringen.
    Das heißt, wir haben schon ein durchgängiges Konzept. Das kann man aber noch weiter verstärken und ausbauen, sicherlich auch noch weiter optimieren. Wir haben zum Beispiel auch im neuen Koalitionsvertrag verabredet, dass wir eine zusätzliche Deutschstunde in jedem Jahrgang in die Grundschule bringen. Und so gibt es in anderen Ländern aber auch sehr gute und sinnvolle Maßnahmen. Wir wollen das einfach mal alles zusammen in den Blick nehmen und gemeinsam beschließen, wie der Werkzeugkasten aussehen kann, damit wir eben unseren Kindern noch bessere Sprachkompetenzen mit auf den Weg geben können.
    Dauerproblem Lehrermangel
    Maleike: Die Werkzeugkästen sehen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich aus, das haben Sie schon angedeutet. Zentral dabei sind aber die Lehrkräfte, und da wissen Sie, die fehlen im ganzen Land, vor allen Dingen die, die Deutsch als Fremdsprache beibringen. Wie wollen Sie das regeln?
    Lorz: Klar, wir haben nicht nur bei Deutsch als Fremdsprache, wir haben - das ist ja auch allgemein bekannt - gerade auch im Grundschulbereich, der da natürlich von entscheidender Bedeutung ist, suchen wir dringend nach Lehrkräften. Das sind Initiativen, die auch eigentlich über alle 16 Bundesländer jetzt ergriffen werden oder worden sind.
    Wir haben zum Beispiel in Hessen auch schon vor einigen Jahren die Ausbildungsplatzkapazitäten in diesen Lehrämtern massiv ausgeweitet, um 50 Prozent, die Studienplatzkapazitäten. Wir werden mit den Hochschulen reden, dass man das noch weiter ausweiten kann. Aber die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern dauert nun mal fünf bis sieben Jahre, und deswegen müssen wir auch für die Zeit, bis dann die neuen Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen sind, müssen wir auch zusehen, dass wir Kräfte gewinnen, mit anderen Ausbildungen, mit anderen Lehrämtern beispielsweise, die wir dann natürlich entsprechend weiterqualifizieren müssen.
    Maleike: Was muss aus Ihrer Sicht die Kultusministerkonferenz als Institution in diesem Jahr am meisten beweisen?
    Lorz: Wir müssen beweisen, dass wir Kontinuität zeigen, dass wir einen langen Atem haben. Und der reicht dann in der Tat auch über einzelne Präsidentschaften hinaus. Sicherlich, diese Fragen werde ich alle nicht im Jahr 2019 abschließend lösen können. Aber wir müssen einfach den richtigen Weg einschlagen, wir müssen einen Schritt vorankommen. Und wir sind uns aber über die Bundesländer hinweg - und übrigens auch über die Parteigrenzen hinweg - im Adressieren dieser Herausforderungen weitestgehend einig. Und deswegen können Sie auch davon ausgehen, dass wir auch von den politischen Zielrichtungen her da gute gemeinsame Aktivitäten verabreden können.
    Das muss freilich dann auch in den einzelnen Ländern umgesetzt werden, da müssen auch die Haushaltsgesetzgeber die entsprechenden Geldmittel bereitstellen. Die Universitäten müssen die Ausbildungsplatzkapazitäten mobilisieren, und, und, und. Aber das sind auch alles Dinge, die man dann auch wirklich nur vor Ort in den einzelnen Ländern, und da hat auch übrigens der Bildungsföderalismus seinen Sinn - weil wenn Sie das alles in Berlin zentralisieren würden, würde es um keinen Deut besser werden, im Gegenteil. Sondern das sind wirklich Dinge, die müssen vor Ort angepackt und gelöst werden. Aber da werden die Kolleginnen und Kollegen in der Kultusministerkonferenz auch alle an einem Strang ziehen.
    Maleike: Alexander Lorz war das in "Campus & Karriere". Der CDU-Politiker hat gute Chancen, Hessen alter und neuer Kultusminister zu werden und damit auch dauerhaft 2019 der Präsident der Kultusministerkonferenz. Vielen Dank, Herr Lorz, für das Gespräch, und Toi-toi-toi für Ihre Arbeit.
    Lorz: Danke schön, gern geschehen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.